Premieren-Sarah Cornelia Zenz möchte nach der Babypause zurück auf die Bühne. Im Interview spricht die gebürtige Grazerin über Polanski, Barton, Mutterglück und die Bedeutung von Kontakten.
Frau Zenz, im Sommer 1996 haben sie Ihre Ausbildung am Konservatorium Wien abgeschlossen, zwölf Monate später spielten Sie die Sarah in der Uraufführung von „Tanz der Vampire“. Das klingt wie ein Traumstart.
Cornelia Zenz: Das war damals wirklich unfassbar. Ich habe meine Musicalausbildung erst relativ spät begonnen, mit 24 Jahren. Josef Köpplinger hat zwei andere Mädels und mich direkt vom Konservatorium als Soul-Girls für den „Kleinen Horrorladen“ in Regensburg engagiert. Obwohl ich weiterhin in Wien wohnte, habe ich kurioserweise in Regensburg von der Ausschreibung für „Anatevka“ im Theater an der Wien erfahren. Dort konnte ich die Hodel als Zweitbesetzung spielen. Gleich danach wurde ich als Erstbesetzung Sarah für „Tanz der Vampire“ engagiert. Im Nachhinein kommt mir das alles wie ein Film vor – ich muss mir immer wieder bewusst machen, dass das wahr war. Aber ich war damals 28 Jahre alt und nicht so jung, dass ich den Erfolg in die falsche Kehle bekommen hätte. Ich habe es bewusst genossen.
Die Zusammenarbeit mit Roman Polanski gilt als schwierig. Wie sind Sie mit ihm zurecht gekommen?
Mir hat es unheimlich viel gebracht, und ich würde jederzeit liebend gerne wieder mit ihm arbeiten. Polanski hat mir verdeutlicht, wie wichtig Disziplin und Professionalität für die künstlerische Arbeit sind. In einer großen Produktion mit so vielen Menschen braucht man auch jemanden, der gut führen kann. In einer Probe, Alfred-Darsteller Aris Sas und ich in der Badezimmer-Szene, sollten wir so lange eingefroren stehen bleiben bis er mit den Fingern schnippt. Aber er schnippte sehr lange nicht – und irgendwann mussten wir lachen. Polanski war sehr wütend. Zu recht. Aber leider vor allem auf mich, was mich damals gekränkt hat. Doch das sind in Anbetracht dessen, was ich sonst in dieser Zeit gelernt hab, peanuts, die ich wegzustecken lernte. Zusammenfassend kann ich sagen, daß Roman Polanski bei der Probenarbeit sehr zielorientiert und auch manchesmal streng war. Es war aber auch nicht zu übersehen, wieviel Spaß ihm diese Arbeit gemacht hat. Das ist auch sehr mitreißend gewesen. Auch abseits der Bühne habe ich ihn sehr herzlich und persönlich erlebt. Als ich mit einem Freund, der in der Stuttgarter TdV-Produktion auf der Bühne stand, telefonierte, kam Polanski vorbei, schnappte sich gleich das Telefon und erkundigte sich nach meinem Kind und mir.
Was nehmen Sie sonst noch an positiven Erfahrungen aus der TdV-Zeit mit?
Die Arbeit mit Steve Barton hat mir sehr viel bedeutet. Wie er mit seinem Erfolg umgegangen ist, hat mir sehr imponiert. Es gibt Kollegen, die, wenn sie Erfolg haben, arrogant und selbstverliebt werden. Ich war beim Vorsingen für die Sarah ein No-Name, aber schon bei den Auditions gab er mir das Gefühl, ein ernstzunehmender Kollege zu sein. Wenn ich mir heute, nach seinem Tode, die Tanz der Vampire-CD anhöre und ihn singen höre, tut es mir sehr weh, dass er nicht mehr lebt.
Nach zwei Jahren als Sarah haben Sie im Februar 2000 ihre Tochter Elina Lucy bekommen. Wie war das, aus dem Scheinwerferlicht der überdrehten Wiener Musicalszene ins Privatleben zu wechseln?
Lina zu bekommen ist das Beste, was mir passieren konnte in meinem Leben. Ich würde jederzeit gerne wieder eine Hauptrolle spielen, aber sein Leben mit einem – vor allem diesem – Kind zu teilen, ist alles andere, was man dafür beiseite lassen muss, wert. Ich wollte auch nicht sofort wieder arbeiten, sondern mein Kind erleben. Diese Zeit bringt einem keiner wieder. Aber andererseits ist das natürlich auch ein finanzielles Problem. Anfangs konnte ich noch gut von dem Geld leben, dass ich von den Sarah-Einnahmen zur Seite gelegt hatte. Aber irgendwann war das Geld verbraucht. Ich habe deswegen angefangen, Gesangsunterricht und Workshops zu geben und Sprechtechnik und Improvisation in Gymnasien zu unterrichten. Das bringt mir viel, weil ich durch das intensive Zuhören auch selber immer wieder dazulernen kann. Aber das ist insgesamt nur eine Übergangssituation. Ich möchte zurück auf die Bühne, ich spüre den „Entzug“. Das Adrenalin, die Bestätigung als Sängerin und Schauspielerin – das fehlt mir.
Sie sind im vergangenen Herbst im Magna Racino, einer Pferderennbahn, die sich als „das Las Vegas Österreichs“ bezeichnet, in einer Musicalshow aufgetreten. Wie war das?
Wir haben sechs Wochen lang jeweils am Wochenende zwei Shows gespielt. Ich habe darin 13 gekürzte Nummern gesungen, von Evita über Chicago, Cabaret und TdV bis zur Rocky Horror Show. Die Show ist irrsinnig gut angekommen. So etwas würde ich jederzeit wieder machen – das lässt sich gut mit einem Kind vereinbaren. Gerne würde ich auch mal etwas im Bereich Film und Fernsehen machen. Aber es ist sehr schwierig, da reinzukommen, wenn man keine Kontakte und kein Demomaterial hat.
Was machen Sie jetzt?
Ich bin offen für alles. Am liebsten allerdings würde ich natürlich wieder singen und spielen. Jederzeit gerne wieder in einem Musical, wo es um meine Stimme geht oder in einer interessanten Film-, Fernseh- oder Theaterproduktion mitwirken. Vor „Tanz der Vampire“ kannte ich niemanden und habe einen Traumjob bekommen. Heute kenne ich viele Leute und es ist um nichts leichter – Kontakte sind im Musical viel unwichtiger als viele denken. Aber man darf nicht jammern, wenn es mal eine Zeit lang nicht so läuft. Schauspielerin zu sein ist ein absolutes Privileg. Man macht etwas, das unheimlich viel Spaß bringt, und bekommt sogar noch Geld dafür. Dann muss man auch die Krot [österreichisch für Kröte, d. Red.] schlucken, wenn es mal eine Zeit lang nicht so läuft. Musical-Darsteller ist kein harter Job. Harte Jobs sind die unter Tage.