Licht am Ende des Tunnels

Lothair Eaton, über 2000 Mal Papa beim „Starlight Express“, über die Aufs und Abs der Bochumer Rekordshow, La-Ola-Wellen und den Plan B.

Als der „Starlight Express“ 1988 im eigens dafür erbauten Theater in Bochum Premiere feierte, war er hoch umstritten. Wütende Ruhrgebietler protestierten gegen die öffentliche Förderung und prophezeiten ein Millionen-Grab. Schwache Auslastungen in der Anfangsphase schienen ihnen Recht zu geben. Doch dann kam alles ganz anders: Heute, 17 Jahre später, läuft das Rollschuh-Musical immer noch – ein einsamer Rekord im deutschsprachigen Raum. Die Produktion hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Und wohl kein Darsteller kann darüber so viel erzählen wie Lothair Eaton, der die Rolle des Papa („Licht am Ende des Tunnels“) inzwischen mehr als 2000 Mal gespielt hat.

Hineingeboren in eine musikalische Chicagoer Familie, der Vater Jazzmusiker und die Mutter begabte Amateursängerin, kam Lothair Eaton über Kirchenchor und High School zur Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Von dort machte er sich mit einem Bachelor of Fine Arts im Jahr 1987 auf den Weg nach New York. Es folgten Engagements am Off-Broadway und kleine Tourneen durch die USA bis 1992.

In diesem Jahr kam er zum ersten Mal zum „Starlight Express“ nach Bochum. Angefangen als erster Alternate („Sie haben diese Position für mich geschaffen.“) wurde er nach ein paar Monaten Erstbesetzung. Die Stella Entertainment, Deutschlands erster Musical-Konzern, erlebte damals seine Blütezeit. „Jeden Abend war das Haus ausverkauft. Und wenn mal irgendwo Plätze frei waren, dann wussten wir: Da kam ein Bus zu spät, die Leute kommen im Laufe der Show noch nach.“

1995 machte sich Eaton, der sich selbst einen „Zigeuner“ nennt, noch einmal auf Achse und spielte u.a. in der UK-Tournee von „Five Guys Named Moe“, in der Las-Vegas-Version von „Starlight Express“ und in der All-Male-Version von „Nunsense“ am Off-Broadway, um schließlich im Juni 2001 nach Bochum zurückzukehren.

„Für mich war es, als wenn ich nach Hause komme. Ich kannte fast alle Mitarbeiter – die Leute Backstage, die Musiker und auch einige Darsteller“, erzählt Eaton. Doch in Bochum hatte sich vieles verändert. Die letzten Tage der Stella waren angebrochen, die Show längst nicht mehr ausverkauft. „Das war eine schwierige Zeit für uns alle. Niemand wusste, was die Zukunft bringen wird“, sagt Eaton. Gerüchte über mögliche Interessenten kursierten im Haus. Dann kam die Stage Holding (heute: Stage Entertainment) und übernahm die meisten Stella-Theater, aber nicht den „Starlight Express“. Das Ende der Show schien besiegelt. „Mit diesen ganzen Sorgen im Kopf musste man trotzdem jeden Abend Spaß und Freude auf der Bühne präsentieren, das war wirklich nicht leicht“, erinnert sich Eaton.

Die Darsteller und Mitarbeiter wollten sich ihrem Schicksal aber nicht machtlos ergeben und veranstalteten eine zusätzliche Gratisvorstellung für Fans, Schulklassen und mögliche Produzenten. Eaton schwärmt noch heute von dieser Show: „Die Unterstützung der Fans, die schon vor Showbeginn La-Ola-Wellen machten, war einfach unglaublich. Sie zeigten uns, dass sie immer noch die Show lieben und Starlight am Leben halten wollen. Es war einfach fantastisch.“ Es passierte, woran wohl ehrlich kaum einer geglaubt hatte: Es fanden sich neue Produzenten, Thomas Krauth und Andrea Friedrichs betreiben das Theater noch heute.

Die Produktion kam plötzlich wieder in den Medien vor, der Kartenverkauf sprang an. Das künstlerische Team arbeitete weiter an einer Aktualisierung der Show. Etwa alle zwei Jahre wurden kleine Veränderungen eingefügt. Zuerst der Megamix, in dem noch mal die beliebtesten Songs im Discobeat angestimmt werden, dann die neue Bahn durch das Parkett, schließlich die im Londoner „New Starlight“ erprobten neuen Songs „Crazy“ und „Allein im Licht der Sterne“ und seit dem 1. Juni diesen Jahres zwei Stuntskater, die mit akrobatischen Stunts für mehr Action auf der Bühne sorgen.

Bei einer so hochtechnischen Show mit einer neun Tonnen schweren Brückenkonstruktion sind technische Pannen nicht auszuschließen. Wenn die Brückenkonstruktion mal ausfällt, dann gibt es für die Darsteller einen Notfallplan, den so genannten Plan B: „Dann fahren wir die Strecke hin, wenden kurz vor der Brücke und fahren den gleichen Weg zurück. Aber das kommt wirklich extrem selten vor.“

Und wenn mal nicht die Technik, sondern der Darsteller daneben liegt? Dann macht es oft doppelt Spaß. „Eines Tages hatte ich Probleme mit meinem Bein, war etwas unkonzentriert und dachte nur, dass das Rennen ziemlich schmerzen würde. Laut Handlung kollabiert Papa am Ende des Rennens. Ich saß also auf dem Boden und sang zu Rusty, dehnte dabei dezent schon mein Bein, um zu schauen, ob es in Ordnung ist. Und dann hatte ich den Text vergessen, suchte verzweifelt nach irgendwelche Textfetzen in meinem Kopf und sang plötzlich Pearls Text, der zur gleichen Musik gesungen wird und es endete schließlich mit ‚Ich brauche meine Freiheit Rusty, samasabasamasabasei, Rusty du musst für mich los!‘. In dem Moment hörte ich nur noch Gelächter, die anderen Darsteller drehten sich lachend vom Publikum weg und die Szene war beendet.“

Für die Zukunft hat sich der lebensfrohe Darsteller noch einiges vorgenommen. Ein weiteres Mal möchte er seine bereits präsentierte Soloshow auf die Bühne bringen. Nach „Through My Eyes“ ist auch eine weitere CD in Planung, diesmal mit dem Schwerpunkt Jazz. Und schließlich stehen immer noch zwei Traumrollen auf Eatons Wunschzettel: Jean Valjean („Les Misérables“) und Mufasa („Der König der Löwen“). An erster Stelle steht für Eaton, der auch nach sieben Jahren in Deutschland am liebsten Englisch spricht, aber weiter der „Starlight Express“: „Wir nähern uns dem 20. Geburtstag der Show. Ich hoffe und bete, dass die Show das schafft. Denn dann möchte ich dabei sein.“

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