Mit der Stimme malen

Kevin Tarte ist mit seiner CD „Reflection“ gerade in aller Munde. Seit der Veröffentlichung Mitte November hält sich das aufwändig produzierte Album beständig auf Platz 1 der Musical-Charts. Wir sprachen mit Kevin über diesen Erfolg, das Konzept hinter „Reflection“, sein Verständnis von Musik und Kunst, seine Lebensphilosophie und – last but not least – seine neue Aufgabe als Lehrer für den Musical-Nachwuchs.

Kevin Tarte ist aus der deutschen Musicalszene nicht mehr wegzudenken. Der gebürtige Amerikaner und Wahl-Stuttgarter war 1995 die Premierenbesetzung des Gaston bei „Die Schöne und das Biest“ in Wien und zog 1997 mit der Inszenierung nach Stuttgart um. Im Jahr 2000 fand Roman Polanski in Kevin Tarte seine Idealbesetzung des Grafen von Krolock. Kevin verwandelte sich bei der deutschen Erstaufführung von dessen Kultmusical „Tanz der Vampire“ erstmalig in den sinistren Vampirfürsten und verkörperte diese Figur bis 2013 immer wieder an allen deutschen Produktionsstandorten. Als Julian Marsh ließ er im Jahr 2003 in der ersten deutschsprachigen Produktion von „42nd Street“ Fanherzen höher schlagen. Es folgten Engagements u.a. bei „3 Musketiere“ (2006-2008) und „Sweeney Todd“ (2012-2014), immer wieder unterbrochen durch zahlreiche andere Verpflichtungen wie etwa den Heidelberger Schlossfestspielen, wo Kevin von 1988 bis 2011 als „Student Prince“ Karl Franz auf der Bühne stand. Im November 2014 erfüllte er sich einen langersehnten Traum und brachte mit „Reflection“ sein maßgeschneidertes Solo-Album mit innovativen Arrangements und dem satten Sound eines 50-köpfigen Sinfonieorchesters heraus.

Gut Ding will Weile haben. Das gilt auch für deine CD. Aber Fachpresse und Fans sind sich durchweg einig, dass sich das lange Warten gelohnt hat: „Reflection“ hat überall Top-Bewertungen abgesahnt. Wie hast du die ersten Wochen nach der Veröffentlichung und die damit verbundenen Reaktionen erlebt?

Was mich am meisten beeindruckt hat und mich nach wie vor noch begeistert, ist, wie viele Menschen zu mir kommen und mir ihre Erlebnisse und Gefühle beim Hören von „Reflection“ schildern. Die Leute sagen einhellig, dass die CD rauf und runter laufe. Für mich heißt das, sie hören die CD vom ersten bis zum letzten Lied komplett an. Das freut mich wirklich, denn es bedeutet, dass die Grundidee aufgegangen ist: Die CD ist nämlich so konzipiert, dass sie ein Hörerlebnis ganz in der Tradition der alten Platten wie etwa dem „White Album“ der Beatles, ist. Ich bin da durch meine Jugend- und Universitätszeit sehr geprägt. Pop-Musik wurde damals im großen Bogen arrangiert, ähnlich wie man auch Klassik in einer langen Session anhört.

Um den besten Effekt zu erzielen bzw. am meisten mitzunehmen, sollte man „Reflection“ also am besten am Stück hören?

Auf jeden Fall, wobei jedes Stück aber auch einzeln zu genießen ist und für sich alleine stehen kann. Denn obwohl die CD einen ganz eigenen Spannungsbogen hat, lag es mir sehr am Herzen, dass auch jedes Lied für sich eine Dramaturgie hat, die aus Einleitung, Höhepunkt und Ausklang besteht. Im Grunde genommen genauso wie das Leben. [lacht] Insgesamt war mir wichtig, dass auch Leute, die vielleicht nur die Gelegenheit haben, ein oder zwei Songs zu hören, trotzdem ein „Wow“-Erlebnis haben.

Gerade hast du das tolle Hörerlebnis angesprochen, welches du für deine Hörer intendiert hast. Bei Kritiken herrscht nicht oft so viel Einigkeit, aber bei Deiner CD wird durchgängig der hervorragende Klang gelobt. Wenn man „Reflection“ hört, scheint das Sinfonieorchester in der Tat genau neben einem im Wohnzimmer zu sitzen. Offenbar war es dir wichtig, dass deine Zuhörer einen exzellenten Sound genießen können. Dafür hast du einen unheimlichen Aufwand betrieben und 50 Musiker engagiert. Außerdem wurden einige Instrumentalaufnahmen in einer Kirche gemacht, um die Besonderheit des Live-Orchesterklangs noch zu unterstreichen…

Richtig. Mir war es besonders wichtig, dass es keine pure Studio-Aufnahme wird. Natürlich haben auch diese ihren Reiz und ihre Qualitäten, aber da ich aus dem Theaterbereich und der Klassik komme, weiß ich einfach, dass „live“ eine andere Schwingung hat und innerlich ganz anders und viel tiefer berührt. Und genau das wollte ich erreichen.

2008 habe ich „Jump“ herausgebracht – eine Maxi-CD, die in Kooperation mit der Lumberjack Big Band entstanden ist, mit der ich damals aufgetreten bin. Für mich war das ein Fun-Projekt und insgesamt eine tolle Erfahrung, ein paar Songs mit einer Band aufzunehmen. Aber eigentlich wollte ich schon immer eine große Orchester-Aufnahme machen, um meine Stimme unter perfekten Rahmenbedingungen und auf hohem Niveau präsentieren zu können. Dabei dreht sich aber nicht nur alles um meine Stimme, sondern es geht vor allem um die Musik an sich, die Kommunikation und das Zusammenspiel aller Faktoren. Mein Co-Produzent Georg F. Mayer und ich haben uns die Mühe gemacht, fast alles live aufzunehmen, weil ich unbedingt die bestmögliche Akustik haben wollte.

Es gibt eine alte Aufnahme von „La Traviata“ mit Beverly Sills und Nicolaj Gedda, die in einer Kirche aufgenommen wurde und die eine unbeschreibliche Qualität hat. Das hat mich inspiriert. Live-Aufnahmen erreichen in der Regel eine tolle Dreidimensionalität und für „Reflection“ wollte ich eben dieses große dreidimensionale Klangbild haben, wo man beim Hören das Gefühl hat, mitten drin im Konzertgeschehen zu sein.

Neben dem tollen Klang wird die abwechslungsreiche Setlist hervorgehoben, die für jeden etwas bietet: Sie besteht aus 14 Songs verschiedener Song-und Stilrichtungen. Auch inhaltlich gleicht kein Song dem anderen. Wie bist du auf genau diese Songs gekommen, wie ist da der Auswahlprozess verlaufen?

Meine erste Liste belief sich auf 35 Titel… wenn ich die alle hätte umsetzen und aufnehmen wollen, wäre es wohl ein Jahrhundert-Projekt geworden. [lacht] Also musste eine Auswahl her und ich habe da vorwiegend nach dem Inhalt der Texte geschaut. Ich finde, dass jeder Song eine Geschichte erzählt und eine ganz eigene Dramaturgie besitzt. Die Songs sollten alle wunderbar ineinander greifen, verschiedene Kapitel im Leben beleuchten, Lebensmomente aufgreifen und Geschichten erzählen. Die Songs so bunt zusammenzuwürfeln, wie wir das dann getan haben, war ganz schön mutig. Aber wir hatten ja unser Konzept und haben dann angefangen, die Songs in ein großes Orchesterklangbild einzufassen. Das ermöglichte uns dann auch schöne Übergänge.

Von der Idee, diesen oder jenen Song auf der CD zu haben bis zur fertigen Aufnahme – erkläre uns doch kurz, welche Schritte dazwischen liegen.

Es war mir wichtig, eigene Arrangements zu haben, die speziell auf mich zugeschnitten und auf meine Vorstellungen abgestimmt waren. Also habe ich zunächst die Orchesterpartituren schreiben lassen. Als erstes wurden die Streicher aufgenommen, dann die Blechbläser und zuletzt die Holzbläser und Percussions. Dafür waren mehrere Worksessions in der Kirche nötig plus einige Korrektursessions, die sich insgesamt über zwei Jahr gezogen haben. Wir haben also alle Instrumentengruppen einzeln aufgenommen, so dass jede ihre eigene Spur hat. Und dazu kommen noch die Leading Vocal Parts und die Harmonie-Parts, die man beliebig platzieren kann. Mein Gesang wurde schließlich mit einem speziellen Mikrofon im Studio aufgenommen.

Die Organisation war zwar kompliziert, aber es war einfacher, alles separat aufzunehmen, weil wir so in den finalen Abmisch-Sessions eine saubere Akustik hatten und einen fetten Klang erreichen konnten. Außerdem konnte man auf diese Weise noch das Klangbild sowie verschiedene Details ändern. Und die Details sind für mich die Pinselstriche, die letzten Endes ein fertiges Bild ergeben, das verzaubert. So machen sie das in Hollywood mit den großen Studio-Aufnahmen auch und auf diesem Niveau wollte ich „Reflection“ haben. Ich muss zugeben, da bin ich schon Perfektionist. Ich wollte den vollen Rolls-Royce – wenn schon, denn schon! Im Englischen gibt es einen Spruch: „Art takes time.“ Das stimmt tatsächlich.

Du hast vorhin gesagt, die Lieder spiegeln einzelne Lebensmomente wider… Lass uns an dieser Stelle den Bogen schlagen zum Titel deines Albums. Viele Künstler benennen ihre CD nach einem darauf enthaltenden Lied, du hingegen hast dein Album „Reflection“ getauft, also „Betrachtung“ – sinngemäß: über das Leben nachdenken und reflektieren. Spielt das in deinem Leben eine große Rolle?

Absolut und das ist überall auf der CD zu hören. Wobei ich es jetzt nicht mit dem deutschen Wort „reflektieren“ sagen würde – das hat so einen verkopften Beigeschmack. Aber wenn man sich Gedanken macht, sich Zeit nimmt, dann erlebt man alles viel intensiver. Und Zeit zu haben, um innezuhalten, ist so wertvoll. Ich finde, das sollte man in seinen Tagesablauf integrieren, denn es bringt einem eine innere Bereicherung.

Und ja, die Songs reflektieren das Leben, sie spiegeln Erfahrungen wieder, die wir alle an irgendeinem Punkt im Leben machen und die auch ich schon einmal selbst erlebt habe. Und dadurch, dass ich die hinter jedem Song stehenden Inhalte nicht nur gesanglich, sondern auch emotional und energetisch rüberbringen kann, kann ich auch voll dahinterstehen. Inwieweit der Zuhörer von einem Song ergriffen, gepackt wird, hängt natürlich auch von seiner Betrachtungsweise ab und davon, welche Erfahrungen er schon gemacht hat, an welcher Stelle er gerade in seinem Leben steht.

Also sagen wir statt „reflektieren“ lieber innehalten und emotional nachempfinden…

Die Gefühlsebene anzusprechen ist sowieso die Hauptaufgabe eines Künstlers. Jeder Mensch hat jeden Tag so viele Dinge zu erledigen, so vieles stürzt auf einen ein. Und das ist doch das Schönste an Theater, Musik und Kunst: Dass sie einen dazu bringt, innezuhalten um darüber nachzudenken, was man gesehen und gehört hat. Dass man für einen Moment seinen Alltag und die Pflichten vergisst und etwas betrachtet, was letztendlich eine Änderung des Gemütszustandes herbeiführt, einen also dazu bringt, anders zu empfinden.

Das klingt ganz so, als wäre „Reflection“ für dich viel mehr als einfach nur eine CD?

Für mich war „Reflection“ immer viel mehr als nur CD-Projekt. Es ging mir darum, Menschen zu berühren… Meine Gesangslehrerin hat immer zu mir gesagt: „Du malst mit deiner Stimme. Dieser Vokal, jener Stimmsatz – das ist wie ein Pinselstrich, das ist eine andere Farbe, das bringt eine andere Qualität hinein.“ Und alles zusammen wirkt dann wie ein Gesamtkunstwerk. Das waren für mich die Ansätze, die Inspiration.

Ich glaube, dass gute Musik drei Eigenschaften hat: Sie ist gemäßigt und gleichzeitig doch opulent und energiegeladen. Das Intro der CD, also die Einleitung von „Indian Summer“, ist ein gutes Beispiel dafür. Hier ähnelt das Klangbild Debussy, während eine Stimmung erzeugt wird, die an Monets Landschafts-Gemälde erinnert. Ich versuche also, mit meiner Stimme und mit meinen Emotionen zu malen, Assoziationen hervorzurufen. Beispielsweise ist es kaum möglich,
„Bali Ha’i“ anzuhören, ohne seinen Blick gedanklich über das weite Meer schweifen zu lassen.

„Reflection“ als Gesamtkunstwerk – Hast du dennoch einen persönlichen Lieblingstitel? Oder ist es vielmehr so, dass die Songs wie deine Kinder sind und es dir entsprechend schwerfällt, einen zu bevorzugen?

Ja, das ist in der Tat sehr schwierig. „Remember“ ist mein Alpha-Song. Den Titel liebe ich, weil er diese gewisse männliche Stärke vermittelt. Eigentlich ist das Stück als Duett ausgelegt, aber ich habe gemerkt, dass ich es nicht als Duett haben muss, dass ich diese Figur auch alleine gut füllen kann. „Remember“ stammt ja aus dem Film „Troja“ und ich mochte vor allem die Grundidee dahinter, quasi metaphysisch gesehen von der anderen Seite zu sprechen. So wie Achilles im Film….

Mein Faible für diesen Song hängt auch ein wenig damit zusammen, dass ich glaube, dass ein Teil von mir hier in diesem Körper und in diesem Geist ist, während sich ein anderer Teil außerhalb dieser Welt befindet– oder zumindest außerhalb von dem, was wir wahrnehmen können. Und dazwischen gibt es eine Verbindung. Und dieses Konzept von Leben und Tod… ich bin diesbezüglich nicht mehr so in der christlichen Lehre verwurzelt, mit der ich aufgewachsen bin, sondern bin da eher fernöstlich orientiert. Leben und Tod sind für mich eins, sie greifen ineinander, sie sind sich nicht fremd. Wenn man sich damit beschäftigt, entschärfen sich viele Ängste.

Ich wollte, dass es bei „Reflection“ nicht nur um meine Stimme und um Musik geht, sondern auch um Vielschichtigkeit und Inhalte, die aktuell sind, aber auch eine lange Vorgeschichte haben, eine zeitlose Qualität besitzen, die überdauert. Und ich liebe „Remember“ eben auch aufgrund dieser Aspekte.

Ein weiteres Lied, das ich wirklich mag, ist „Mi Mancherai“. Das ist ein trauriger Song, denn es geht um eine Trennung; eine Freundschaft, die offen bleibt. Ich finde, das ist eine der schwersten emotionalen Erfahrungen, die man im Verlaufe seines Lebens macht.

Reden wir jetzt über eine Liebesbeziehung?

Ja, aber eigentlich spielt das auch keine Rolle. Letztendlich nimmt Liebe verschiedene Formen an. Ob es um Liebe zwischen Liebhabern und Partnern geht oder um die Liebe zwischen Eltern und Kindern, zwischen Geschwistern oder Freunden… Jeder der Songs ist in irgendeiner Form in der Liebe verankert, die vielleicht noch nicht ausgereift oder erfüllt ist, aber dennoch in verschiedenen Abstufungen vorhanden ist.

Aber so ist das eben. Im Leben geht es darum, zu lernen wie man liebt. Aber die Frage ist doch: Was zum Teufel ist eigentlich die Liebe? Man sagt, Liebe ist um uns herum, sie ist überall, sie ist schön und frustrierend und furchtbar, aber eigentlich ist sie doch das, was sie ist. Liebe ist Liebe. Und sie verändert sich ständig.

Das klingt einfach, aber im Grunde genommen auch schrecklich kompliziert…

Für mich ist der Trick dabei, präsent genug zu sein um sie zu sehen und sie in so vielen Dingen wie irgendwie möglich zu fühlen. Das setzt Aufmerksamkeit voraus. Es gibt immer so viel zu nörgeln und zu kritisieren. Aber gerade wenn man intelligent ist und zu jedem Thema seine Auffassungen und Meinungen hat, kann man seine Aufmerksamkeit doch auch gezielt auf die schönen Dinge lenken und sich darauf konzentrieren. Mir geht es dann oft so, dass ich förmlich erschlagen bin von den guten, schönen und positiven Dingen im Leben. Warum in Negativität verweilen?

Wenn man dich trifft und mit dir redet, fällt auf, dass du ein sehr positiver Mensch bist, der offen auf andere zugeht. Wie gelingt dir das?

Der Ausgangspunkt ist immer Verständnis und die Grundenergiequelle Liebe. Wenn man seinen Ruhepunkt findet und sich immer wieder damit beschäftigt, wird alles sehr viel einfacher. Dann kriegt man richtiggehend Energieschübe und das Verlangen, aktiv zu werden, Dinge zu tun. Ich finde Ruhephasen, die auch ruhig kurz sein können, extrem wichtig. Man sollte schauen, dass man aus schönen Dingen Kraft und Energie zieht. Und wenn ich mich manchmal nicht so gut fühle, dann liegt das daran, dass ich entweder körperlich nicht ausgelastet oder aber gestresst bin, weil ich mich nicht richtig organisiert habe. Diese innerliche Unruhe, die man in solchen Situationen fühlt, ist eigentlich eine tolle Sache, die einem zu verstehen gibt: „Hör zu, es gibt etwas, was du willst. Aber was ist das denn eigentlich?“ Und dann gibt es den Punkt, an dem man sich entscheiden muss. Und wenn man entschieden hat, was man will, dann weiß man, wo man seine Energie reinstecken muss. Das ist ein tolles Gefühl.

Aktuell arbeitest du – neben deinen Gala-Auftritten und Soloprogrammen – auch als Lehrer für den Musical-Nachwuchs, gibst Masterclasses an der JAS Education in Stuttgart. Ist es schwer, sich in diese neue Rolle hineinzuversetzen? Was macht für dich den Reiz dieser Tätigkeit aus?

Ich habe neulich einen schönen Spruch gelesen, den ich sehr passend fand: „There’s always two that are learning when you’re teaching“. Das heißt, nicht nur der Schüler lernt, sondern auch der Lehrer. Es macht mir viel Spaß, die Entwicklung der Schüler zu sehen. Was mich daran reizt ist, dass ich nicht nur Musik, Gesang, Darstellung, Interpretation und solche Dinge lehre, sondern den Schülern auch beibringe, wie sie Verantwortung und Kontrolle für ihr eigenes Leben und ihr eigenes Talent übernehmen. Zumindest kann ich meine Schüler dahinführen… Letzten Endes sind aber sie diejenigen, die dieses Wissen tatsächlich anwenden müssen. Das kann ich ihnen nicht abnehmen. Lehren ist für mich mehr als nur die bloße Vermittlung des Fachinhalts. Und ich bin mit vollem Herzen dabei!

In Deutschland gibt es zahlreiche Musical-Schulen und der Konkurrenzkampf ist entsprechend hart. Was muss ein angehender Musical-Darsteller deiner Meinung nach mitbringen, um in diesem harten Geschäft langfristig Erfolg zu haben?

An aller erster Stelle muss man Lebensfreude haben und es von ganzen Herzen wollen. Diese Einstellung: „Ja,ich will, weil es so viel zu tun und zu entdecken gibt, um Kunst lebendig zu machen!“ Man braucht dieses Verständnis und die Fähigkeit, zu beobachten und daraus Dinge abzuleiten. Und dann braucht man auf jeden Fall Neugierde und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren und zuzulassen. Und wenn man diese Eigenschaften hat, kann man an die Arbeit gehen. Man muss jede Menge mentale, körperliche und geistige Disziplin haben, viele Fragen stellen und auch wissen wollen, was hinter den Dingen steckt. Die Künstler, die diese Qualitäten haben, sind diejenigen, die sich durchsetzen und aus der Masse hervorstechen. Denn durch ihre Neugierde und die Bereitschaft, sich immer weiterzuentwickeln und nicht zu stagnieren, gehen sie mit einer ganz anderen Intensität und einen anderen Fokus an die Arbeit. Und nur dann werden Performances richtig interessant.

Ich glaube, letztendlich läuft alles darauf hinaus, es nicht als Job zu betrachten, sondern mit dem Herzen dahinterzustehen. Und ich meine, ich habe meine Erfolge, habe viele Dinge gelernt, aber ich sehe immer noch, dass da Luft nach oben ist, Platz für viele weitere Dinge in meinem Leben. Nicht nur, was den Gesang und die künstlerische Seite angeht, sondern auch die anderen Aspekte. Und das geht alles fließend ineinander über. Wenn man einen normalen Bürojob hat, kann man das vielleicht besser trennen. Aber nicht als Künstler. Diejenigen, bei denen alle Aspekte ineinander greifen wie Zahnrädchen, alles sozusagen ein großes Ganzes ergibt, das sind die Leute, die den größten Erfolg haben. Und diese Ganzheitlichkeit muss man immer wieder anstreben.

Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das kurzweilige Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

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