Handwerklich solide Zelluloidfassung von Sondheims Grand Guignol mit Starbesetzung ohne große Überraschungen.
London im 19. Jahrhundert: Benjamin Barker kehrt nach Jahren des Exils in seine Heimatstadt zurück, um sich unter dem Pseudonym „Sweeney Todd“ an den Architekten seiner Verbannung zu rächen. Mit seinem Rasiermesser bewaffnet, metzelt er sich durch die Londoner Bevölkerung bis zum bitteren Ende.
Das von Stephen Sondheim in den siebziger Jahren geschriebene Musical, in Deutschland leider selten inszeniert, hat Regisseur Tim Burton („Batman“, „Beetlejuice“) nun für das Kino umgesetzt.Burton bleibt mit seiner Filmversion recht nah an der Bühnenfassung. Ein paar zusätzliche Locations und zwei oder drei Extrem-Kamerafahrten á la „Moulin Rouge“ lockern den Film optisch auf. Sets, Kostüme und Requisiten sind angemessen gräulich, grimmig und gruselig und passen sich in den desaturierten Look des Filmes ein, der stilisiert aber nicht surreal daherkommt.
Sondheims Musik, üppig arrangiert und nur leicht an die Bedürfnisse von Hollywood angepasst, funktioniert exzellent als Filmmusik. Wer das Original kennt, wird bei „The Ballad of Sweeney Todd“ den Chor schmerzlich vermissen – aber die Instrumentalfassung mit großem Orchester macht sich auch so sehr gut als Eröffnungsmusik.Bei der Besetzung greift Burton auf seine Stammdarsteller zurück: Johnny Depp als Sweeney Todd, Helena Bonham-Carter als Mrs. Lovett. Depp, eigentlich zu jung für die Rolle und ohne den nötigen gesanglichen Background, kreiert trotzdem einen stimmigen und überzeugenden Todd.
Anders sieht es bei Bonham-Carter aus, die sich ohne jeglichen Biss durch ihre Partien haucht. Beim Zuschauer kommen keinerlei Emotionen an, eher gepflegte Langweile. Das ist vor allem deshalb schade, weil der Film ohne Mrs. Lovett als bodenständigen und humorvollen Gegenpart zu Todds Rachefantasien einiges an Vielschichtigkeit (und auch schlicht an Unterhaltsamkeit) einbüßt.Sascha Baron Cohen („Borat“) gibt einen schön-schleimig-abstoßenden Pirelli und meistert auch die Gesangspassagen – nicht mit technischer Brillianz, aber mit Witz und Verve. An Widerlichkeit wird sein Pirelli nur noch überboten von Timothy Spall als genial-ekligem Beadle Bamford. Das Trio der Antagonisten wird komplettiert durch Alan Rickman, der einen stimmigen, aber vergleichsweise zurückhaltenden Judge Turpin (mit stark reduziertem Gesangsanteil) gibt.
Insgesamt erweist sicht Burtons „Todd“ als ziemlich vorhersehbar: Statt auf einer Theaterbühne findet die Handlung nun in einem computer-generierten London mit Pferdekutschen und qualmenden Schornsteinen statt. Stilvoll und aufwändig produziert, und mit Starbesetzung. Was könnte man mehr erwarten? Originalität. Gerade von Burton.