Die Stammzellformation zeigt im Maschinenhaus der Kulturbrauerei ein kleines aber feines Musical über Musicals und ihre Macher. Bissige Texte mit Tiefgang und ein tolles Darstellerpaar sorgen in drei Rollen für einen unterhaltsamen Theaterabend mit Niveau.
Engumschlungen bringt Nina (Nini Stadlmann) H alias Tim (Tom van Hasselt) die Flötentöne bei. Und das absolut jugendfrei. Sie spielt in der innigen Umarmung tatsächlich auf einer Blockflöte, er emsig auf seinem Vibrafon. „Ich geh‘ ‚mal duschen“, ist Ninas routinierter Kommentar nach dem Seitensprung mit dem eigenen Freund, der sich als Chef des Musical-Konzerns „H-Entertainment“ (den ersten Buchstaben, bitte englisch aussprechen!) ausgibt. So witzig diese körperliche Vereinigung von Mann und Frau dargestellt wird, so tiefgründig, satirisch und kurzweilig ist das gesamte Stück (Buch: Tom van Hasselt). Während sich Nina heimlich im „Theater am Protzi“ als Nummer 217 bei einer Audition für „Bauer sucht Frau – das Kuhsical“ mit dem „Lied der intelligenten Kuh“ vorstellt, findet der ihr gefolgte Tim per Zufall an der Pförtnerloge die goldene Kreditkarte des Produzenten und nimmt dessen Identität an. Nicht nur die eingeschlafene Beziehung beider kommt dadurch wieder auf Trab und wird durch Nachwuchs gekrönt, auch die Produktion von „Orpheus und Eurydike – das Musical“ wird im eigenen, kleinen Theater Realität.
Van Hasslets Buch spart dabei nicht an Seitenhieben auf die kommerzielle Musicalszene, Subventionsvergabe im Kulturbetrieb, Probleme in Partnerschaften und macht auch vor sich selbst nicht Halt. Ab und zu steigen die Figuren dann kurz aus der Handlung aus und nehmen sich selbst auf den Arm („Du wolltest einen depressiven Schluss, ich gehe noch einmal“). Die Songs (Kompositionen ebenfalls Tom van Hasselt) strotzen zudem vor Wortwitz („You’re on the Stage – H“), und wenn der Produzent Nina erläutert, dass Musicals immer der Aufguss von etwas Altem seien, dann unterstreicht das sein Solo „Du willst es doch auch“. Der Song klingt wie ein naher Verwandter von Menkens Horrorladen-Song „Essenszeit“.
Als musikalischer Leiter integriert van Hasselt die auf der Bühne stehenden Instrumente (Keyboard, Vibrafon, Schlagzeug) wie selbstverständlich in die Handlung. Wenn er als Darsteller in einigen Szenen stärker präsent sein oder tanzen muss, dann werden die Instrumentalpassagen allerdings zugespielt. Einige wenige Requisiten (Gläser, Tischdecke) verwandeln die rollbaren Instrumente flugs in Mobiliar. Die flüssige, ganz auf die Story konzentrierte Regie (Felix Powroslo) macht Kulissen wie Kostüme überflüssig. Beide Darsteller tragen Jeans und ein weißes T-Shirt, über das van Hasselt als H lediglich ein Sakko zieht und eine dunkle Sonnenbrille aufsetzt. Gerade dieser Wechsel zwischen den Personen gelingt ihm in Spiel und Gesang allerdings nur eingeschränkt. Dies wird insbesondere beim Song „Ich bin nicht wie du und du bist nicht wie ich“ deutlich, wenn beide miteinander kommunizieren. Als Autor Tim nimmt man ihm die Schreib- und Liebesblockade jedoch voll ab. Nini Stadlmann geht in ihrer Rolle als Nina voll auf und erklimmt mit ihrem satten Musical-Sopran in Songs wie „Mu-Si-Cal“ mühelos die Spitzentöne. Sie gefällt allerdings auch in stillen Momenten wie dem gesungenen Brief „Du hast mir schöne Augen gemacht“. Das Publikum feierte beide Protagonisten bei der Premiere zu Recht mit stehenden Ovationen.
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Mehrere Begriffe ohne Anführungszeichen = Alle Begriffe müssen in beliebiger Reihenfolge vorkommen (Mark Seibert Hamburg findet z.B. auch eine Produktion, in der Mark Müller und Christian Seibert in Hamburg gespielt haben). "Mark Seibert" Wien hingegen findet genau den Namen "Mark Seibert" und Wien. Die Suche ist möglich nach Stücktiteln, Theaternamen, Mitwirkenden, Städten, Bundesländern (DE), Ländern, Aufführungsjahren...