Rent (2009)
Garrick Theatre, London

Jonathan Larsons Rock-Musical wird als einmalige konzertante Vorstellung aufgeführt. Die Benefiz-Vorstellung findet zugunsten der Organisation „TheatreMAD“, die v.a. HIV-Patienten unterstützt, statt.

Trotz unglaublich wenig und kurzfristiger Werbung für dieses Charity-Event waren die knapp 700 Sitze des Garrick Theatre bis auf den letzten Platz gefüllt. Dort, wo im normalen Spielbetrieb das eher klassische Sondheim-Stück „A Little Night Music“ läuft, sollte für einen Abend das Rock-Musical „Rent“ in einer Mischung aus konzertanter und an der Originalfassung orientierter Bühnenversion wiederbelebt werden. In nur sechs Wochen haben ambitionierte Darsteller neben ihren aktuellen West-End-Engagements das Stück zugunsten von „TheatreMad“ (einer Charity-Organsiation der britischen Theatergemeinschaft zur Unterstützung von Aids-, HIV- und langfristig Erkrankten) auf die Beine gestellt.

„Rent“-Fans, die bereits einige Produktionen der Show gesehen haben, fiel sicherlich die Mischung aus den einzelnen Versionen auf. So war die Musik und Rollenauslegung definitiv an die Originalproduktion angelehnt und für viele Fans eine Erleichterung nach den zahlreichen freien und nicht besonders beliebten Neuinszenierungen. Die ständig im Hintergrund sitzenden, gerade nicht aktiven Darsteller erinnerten stark an die Dubliner Version. Die optische Erscheinung der Charaktere könnte teilweise der Frankfurter Inszenierung, teilweise bei „Rent Remixed“ entliehen worden sein.

Leider galt die sechswöchige Probenzeit offensichtlich nur für die Darsteller allein, die Arbeit der Techniker blieb hinter allen Erwartungen zurück. Es war oft nur an den Stimmen zu erahnen, dass sich gerade auf der stockdunklen Bühne eine Szene abspielte. Auch war es offensichtlich nicht möglich, dem Roger-Darsteller Jonathan Williams in der Pause endlich ein funktionierendes Mikro zu geben. So waren seine Auftritte mehr als einmal von einem äußerst störenden Rauschen und Knacken begleitet. Zudem wurde die Beschallung einzig auf die auf der Bühne extra installierten Konzertboxen beschränkt, so dass die Zuschauer ab Reihe L leider nicht alles hören konnten. Der Ton wurde von dem überhängenden Dress Circle (Balkon) geschluckt, obwohl Lautsprecher vorhanden gewesen wären. Gerade bei einem recht lauten Stück wie „Rent“ erwartet man einfach, von der Musik in den Sitz gedrückt und nicht nur leicht berieselt zu werden.

Die Darstellerauswahl ist sicherlich Geschmackssache. Jonathan Williams mit seiner breiten Statur und den dunklen Haaren war eine ungewöhnliche Wahl für den Rockmusiker Roger, da er zur Zeit eher als exzellente zweite Besetzung des Jean Valjean im klassischeren „Les Misérables“ von sich Reden macht. Die großflächigen echten Tattoos des Sängers ließen jedoch schnell ahnen, dass in ihm auch andere Seiten stecken. Stimmlich war bei ihm die private Leidenschaft für Rock zumindest im Ansatz zu erkennen. Leon Lopez verkörperte bereits bei „Rent Remixed“ die Rolle des Tom Collins und dieses hob ihn deutlich von den anderen Darstellern ab. Er konnte seine Erfahrung völlig in die Produktion einbringen und überzeugte so auch mit Schauspiel und nicht nur mit Stimme allein.

Kelly-ann Gower als Maureen überraschte auch viele West-End-kundige Besucher mit ihrer Rolle. Die junge Darstellerin war bisher ebenfalls eher in klassischen Rollen zu sehen, so z.B. lange Zeit als zweite Besetzung Eponine in „Les Misérables“. Hier zeigte sie eine neue, ausgeflippte und rockige Seite. Die restliche Cast, z.B. Matt Henry als Benny, Tim Driesen als Mark oder Nick Hayes als Angel blieben teilweise recht blass, was die Rollenauslegung angeht. Stimmlich überzeugten wirklich alle Darsteller, das fehlende Schauspiel lässt sich mit der kurzen Probenzeit und der fast ausschließlich konzertanten Inszenierung begründen.

Als Charity-Event lohnte sich der Abend trotzdem. Sicher, für die „Rent“-Fans blieb das sonst übliche Hochgefühl aus, da es doch an einigen Stellen mehr oder weniger gravierende Mängel in der Umsetzung gab. Es tat allerdings gut, endlich noch einmal die Originalorchestrierung zu hören und die originale Szenenabfolge auf der Bühne zu sehen. Das große Interesse an diesem Stück zeigte sich schließlich auch in den Ticketverkäufen, die trotz fehlender Werbung einwandfrei funktionierten.