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Seit der Europapremiere von „Tootsie“ am Gärtnerplatztheater findet sich das auf der kultigen 1980er-Verwechslungskomödie basierende Musical schon nach kurzer Zeit auf zahlreichen Spielplänen wieder. Bei den Burgfestspielen Bad Vilbel wird das glamouröse und irrwitzige Stück für den Open-Air-Betrieb angepasst und läuft über weite Strecken rund.
Beim Betreten des Auditoriums fällt Pascale Arndtzs schönes und stimmiges Bühnenbild direkt auf: Eine Broadway-Kulisse im Pop-Up-Stil ist über die gesamte Bühnenbreite aufgestellt und mausert sich als visuelles Highlight des Stücks. Die zahlreichen Neonschilder, die renommierte Theaterhäuser wie das Palace Theatre bewerben, sind erstaunlicherweise trotz der flachen Pop-Up-Aufsteller-Optik auch noch beleuchtet. Einzelne Spielorte werden durch wenige um 180 Grad drehbare Elemente angedeutet, die sich ebenfalls perfekt in die Visualität des Hintergrunds einfügen – so wird aus der Bar buchstäblich im Handumdrehen eine Männer-WG oder ein Künstlerbüro. Eine wirklich schöne Möglichkeit, das anderweitig bei Indoor-Inszenierungen gerne pompös ausgestattete Musical passend in ein Open-Air-Setting zu versetzen.
Dabei ist der erste Eindruck sofort nach Showbeginn bei der besuchten Vorstellung ansonsten direkt ernüchternd: Nach einer hartnäckigen Soundproblematik, die ausgerechnet den Hauptdarsteller betrifft, und zahlreichen weiteren Mikrofonausfällen im Ensemble wird erst nach einigen Szenen eingegriffen und ein Showstopp erzwungen, um die Technik wieder ins Lot zu bringen. Das ist Live-Theater und kann passieren. Bei einer solch eklatanten Störung, die das Folgen der Handlung bis zum Eingreifen der Techniker fast unmöglich gemacht hat, wäre allerdings ein Neustart von Anfang an wünschenswert und dem Publikum gegenüber aufmerksam gewesen. Nach dem Noteingriff läuft die Soundtechnik erfreulicherweise rund, wenngleich insgesamt etwas leise abgemischt. Zwar werden alle Texte jetzt verständlich übertragen, doch die Musik des Orchesters, das von Jochen Kilian geleitet wird und an sich stets stimmungsvoll, beschwingt und sauber tönt, kommt so leise über die Boxen, dass sie kaum musikalisch einschlagen kann.
Der Standort Bad Vilbel begegnet aufgrund der permanenten Geräusche des nahen Frankfurter Flugbetriebs ohnehin schon einer höheren Lärmbelastung als Freilichttheater andernorts, weswegen ein mutiger Griff an den Soundregler hier eigentlich nie eine schlechte Idee wäre. Dennoch ist es dem überwiegend aus der sehr gehobenen Altersschicht stammenden Publikum, wenn man den kaum zu überhörenden Pausengesprächen Glauben schenken mag, trotzdem insgesamt viel zu laut. Ein Mysterium in sich, dem die Burgfestspiele auf ihre Art zuschauerfreundlich begegnen und sich entscheiden, im Sinne ihres überwiegenden Klientels den Ton eher zu leise als zu laut zu halten. Da heißt es dann wohl oder übel: Touché.
Unter Milena Paulovics Regie wird dem Stück neben dem offensichtlich komödiantischen Fokus ein etwas ernsterer Blickwinkel entlockt, der akzentuiert zum Vorschein kommt. So wird den angesprochenen gesellschaftlichen Problemen, die vor allem in Form der Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz und der Geringschätzung sexueller Minderheiten im Buch erwähnt werden, szenisch entsprechender Raum gelassen, was gute Wirkung zeigt und das sehr seichte Musical an Tiefgang gewinnen lässt.
Caroline Luskens Choreographien sind ausgelassen, energetisch und versprühen gute Laune. Das auffällig kleine Ensemble kann aufgrund seiner geringen Größe in den Tanzabläufen durch Individualität und Persönlichkeit trumpfen, sodass jedes Mitglied im Stück Momente hat, in denen es hervorstechen kann. Angelika Zwacks Kostümbild zeigt sich stimmig und unterstreicht die genannte Individualität der einzelnen Akteure passend, wobei die Design-Höhepunkte allesamt den Kostümen der Dorothy Michaels a.k.a. Michael Dorseys zugerechnet werden können: Von prüder „Mrs.Doubtfire“-Kluft bis hin zum „Cage aux Folles“-Showkleid baut sich ihr Kostümbild für diese Figur theatralisch auf und weiß zu gefallen.
Robert David Marx schlüpft in die genannte Doppelrolle, der er viel schauspielerische Leidenschaft einhaucht und durch divergierende Körpersprache den Spagat zwischen Michael und Dorothy glaubhaft vollzieht. Im Gegensatz zu anderen Inszenierungen versucht Marx gar nicht erst, besonders weiblich zu klingen und die unfassbar hoch komponierten Soli „Ich bin für euch da“ und „Grenzenlos“ virtuos zu interpretieren, sondern setzt bei seinem Sprechduktus und Gesang, die er flexibel anpasst, auf die Abstrusität, die sich aus den jeweiligen Situationen ergeben. Wenn ihm die Stimme vom Weiblichen ins Männliche absackt oder die reserviert sprechende Dorothy plötzlich Macho-Begriffe von sich gibt, gelingen Marx immer wieder komödiantisch wirksame Momente.
Veronika Hörmann als Julie Nichols gibt den passenden Gegenpart zu Marx‘ Michael-Dorothy-Metamorph und verleiht ihrer Rolle unbeholfenen Charme und eine Selbstunsicherheit mit Tiefgang. Samuel Franco als Mitbewohner Jeff und Michael Berres als hippiehaftes Reality-Sternchen Max van Horn gelingt es, ihren Rollen sämtliches Comedy-Potenzial zu entlocken und es auf der Bühne auszuspielen, während sie gleichzeitig die Sympathie des Publikums tragen. Markus Maria Düllmann als Regie-Scheusal Ron Carlisle gibt seiner Figur eine jähzornige Schmierigkeit, die vor allem im Zusammenspiel mit Marx und Hörmann ebenfalls viele Lacher abräumt. Annette Lubosch und Kai Möller in den kleineren Rollen der Produzentin Rita und des Theateragenten Stan können durch dominantes Auftreten und selbstironisches Spiel ebenfalls erinnerungswürdige Comedy-Momente schaffen.
Verena Mackenberg als Sandy ist die große Offenbarung des Abends: Mit urkomischem Schauspiel, das sie in jede Faser ihrer Stimme, ihrer Körperhaltung, Mimik und Gestik legt und mit einem feinen Gefühl für komödiantisches Timing gelingen ihr selbst bei kleinen Auftritten immer wieder Showstopper, die von Szenenapplaus begleitet werden. Der zungen- wie halsbrecherisch hysterische Song „Ich weiß doch, was passier’n wird“ bleibt im Ohr und im Gedächtnis und jede der zahlreichen Reprisen des Lieds wird von Mackenberg so witzig interpretiert, dass das Publikum sich merklich über alle ihre Szenenauftritte freut und bereits den nächsten hoffnungsvoll antizipiert. Großes Kino von Verena Mackenberg in dieser Rolle!
Dass das Musical auf einer intimen und unerwartet stillen Note endet und ohne großes Finale auskommen muss, dämpft zunächst die gute Laune des Publikums, das sich nach einer ulkigen Tanzzugabe aber glücklicherweise noch einmal beseelen lässt und energetisiert nach einem kurzweiligen, etwas zu leisen Musical-Abend aus dem Burghof wieder ins traute Heim trottet.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Milena Paulovics |
Musikalische Leitung | Jochen Kilian |
Choreografie | Caroline Lusken |
Bühne | Pascale Arndtz |
Kostüme | Janin Lang |
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CAST (AKTUELL) |
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Michael Dorsey / Dorothy Michaels | Robert David Marx |
Julie Nichols | Veronika Hörmann |
Sandy Lester | Verena Mackenberg |
Jeff | Samuel Franco |
Max van Horn / Craig | Michael Berres |
Ron Carlisle | Markus Maria Düllmann |
Rita Marschall | Annette Lubosch |
Stanfields | Kai Möller |
Stuart | Dominik Tiefgraber |
Suzie | Helena Lenn |
Carl | Tim Olcay |
Ensemble | Lénárd Kókai Merline Kramer Barbara Tartaglia |
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GALERIE |
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