Rebecca
Stuttgart / 2012

Trotz kleinerer Abstriche gehört diese zweite Gesamtaufnahme des Kunze/Levay-Stückes zu den besseren CD-Veröffentlichungen von Stage Entertainment.


Kurz vor Ende der Laufzeit von „Rebecca” hat Stage Entertainment schließlich auf den Wunsch der Fans reagiert, die unter anderem mit einer eigenen Facebook-Gruppe eine CD zur Stuttgarter Produktion gefordert hatten, und einen Gesamtmitschnitt des Musicals veröffentlicht. Schon beim ersten Hören wird klar: Der Aufwand hat sich gelohnt.

An der Besetzung der Hauptrollen gibt es nichts auszusetzen. Als „Ich” hört man Valerie Link, die Lucy Scherer als Erstbesetzung abgelöst hat. Sie stellt die Wandlung vom unsicheren Neuankömmling zur sich emanzipierenden Hausherrin stimmlich überzeugend dar. Höhepunkt ist ihr Gesangsduell „Mrs. de Winter bin ich” mit Pia Douwes, aber auch ihre Soli „Ich hab geträumt von Manderley” und „Und das und das und das” trägt sie mit viel Emotion vor. Ihr Gatte und Hausherr von Manderley, Maxim de Winter, wird von Jan Ammann gespielt und gesungen, den man in den letzten Jahren vor allem als Graf von Krolock gesehen hat. Gegenüber Uwe Kröger, den Maxim der Wiener Urfassung, nimmt er sich gefühlstechnisch etwas zurück, seine emotionalen Höhepunkte „Gott, warum” und „Kein Lächeln war je so kalt” sind dennoch sehr hörenswert.

Dritte im Hauptdarstellerbunde ist Pia Douwes, deren Haushälterin Mrs. Danvers ein absoluter Hörgenuss ist. Ihre tiefe Zuneigung zur toten Hausherrin gibt sie mit viel Gefühl genauso glaubhaft wieder wie ihre Abneigung gegen die neue Mrs. de Winter. „Sie ergibt sich nicht” und „Rebecca (Lange Fassung)” kann man sich immer wieder anhören, genauso wie die neue Fassung von „Ich hör dich singen”, wenn sie ihre Enttäuschung gegenüber Rebecca zum Ausdruck bringt.

Auch der Rest der Cast bietet kaum Raum für Kritik. Kerstin Ibald spielt wie schon auf der Wiener CD Maxims Schwester Beatrice, deren Lieder teilweise belanglos sind (vor allem „Die Stärke einer liebenden Frau”). Dennoch interpretiert sie sie mit angenehm warmer Stimme. Auch Frank Crawleys Solo „Ehrlichkeit und Vertrauen” ist eher nichtssagend, doch gibt Jörg Neubauer hier einen rundum sympathischen Gutsverwalter. Daniele Nonnis präsentiert den geistig zurückgebliebenen Ben überzeugend und mit viel Gefühl.

Als komödiantischer Farbklecks in der eher düster gehaltenen Szenerie gibt Isabel Dörfler die neureiche Amerikanerin Mrs. van Hopper. Ihr Solo „I‘m an American Woman” trägt zwar nichts zur Handlung bei, aber es macht Spaß, ihr dabei zuzuhören. Leider kann man das von Hannes Staffler nicht behaupten. Er spielt den schmierigen Cousin von Rebecca nicht einmal halb so schmierig und böse, wie er sein könnte und lässt seine Nummer „Eine Hand wäscht die andere Hand” nur so vor sich hinplätschern. Das Ensemble klingt hingegen rund und kann vor allem bei „Strandgut” auftrumpfen.

Die in Stuttgart hinzugefügten Songs bringen nicht viel Neues. „Petit Dejeuner” ersetzt einen Teil von „Er verlor seine Frau” und das ursprünglich für die japanische Produktion neu geschriebene Maxim-Solo „Zauberhaft natürlich” ist nicht mehr als nett. Als Song des Hauspersonals ersetzt das neue „Merkwürdig” die Golfnummer „Wir sind britisch” und fügt sich immerhin besser in die Handlung ein.

Obwohl deutlich zu hören ist, dass das Orchester in Stuttgart spärlicher besetzt war als in Wien, überzeugt diese zweite Gesamtaufnahme des Stücks klangtechnisch auf ganzer Linie. Alle Darsteller sind gut zu verstehen. Erfreulich ist auch, dass das Publikum zwar zu hören ist, aber nicht so weit in den Vordergrund gemischt wurde wie bei anderen Live-CDs von Stage Entertainment. Der Geschichte kann man gut folgen, da auch die Dialoge enthalten sind. Wer also „Rebecca” nicht in Stuttgart sehen konnte, kann die Produktion mithilfe dieser CD wenigstens als Hörspiel erleben.

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