Saskia Dreyer (Tamara Danz) © Udo Krause
Saskia Dreyer (Tamara Danz) © Udo Krause

Tamara (2018 - 2019)
Uckermärkische Bühnen Schwedt (ubs), Schwedt (Oder)

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Mit dem Musical „Tamara“ würdigen die Uckermärkischen Bühnen Schwedt, auch dank der stimmstarken Saskia Dreyer in der Titelrolle, DDR-Rocklegende und „Silly“-Frontfrau Tamara Danz. Allerdings leidet das Stück unter einer albern-absurden Rahmenhandlung aus der Hölle.

Wie fange ich einen Text prägnant und knackig an? Vor dieser Herausforderung steht jeder Autor. So auch Regisseur Götz (Uwe Schmiedel), Musiker Toni (Fabian Ranglack) und Bühnenbildnerin Wiebke (Katarzyna Kunicka), die von ihrem Theater für einen Arbeitsurlaub nach Teneriffa geschickt worden sind, um ein neues Musical zu entwickeln. Wenn der Intendant sich per Handy am Strand nach dem Stand der Arbeit erkundigt, tut das Trio aufgeregt geschäftig. Allerdings bleiben ihre Schreibblöcke weiter leer und sie genießen lieber Sonnenschein und Sangria aus dem Eimer. Aus dem vorliegenden Material – CDs, eine Biografie und die über nicht ganz legale Kanäle besorgte Stasi-Akte – wollen sie später ein Stück über die Ikone der DDR-Rockmusik, Tamara Danz, zusammenbasteln.

Das Autoren-Team Max Beinemann, Uli Herrmann-Schroedter, Maren Rögner und Intendant Reinhard Simon hält sich in diesem Prolog selbst den Spiegel vor und macht sich gehörig über die eigene Arbeit lustig. Zunächst scheint auch ein zweiter Rahmenhandlungs-Strang gelungen. In ihm erhält der glücklose Nachwuchsteufel Mephisto 23 (Michael Kuczynski) von seiner freakigen Großmutter (Ines Venus Heinrich) die Mission, drei Künstlerseelen in das diabolische Reich zu schaffen. Gemeinsam mit Höllenhund Zerberus (Kamil Fratczak) und der blutrünstigen Teufels-Vampirette Draculina (Sabrina Pankrath) wird er inkognito aus dem Fegefeuer an den spanischen Strand katapultiert. Hier verspricht er den urlaubenden Autoren die Schaffenskraft für den größten Musicalerfolg aller Zeiten, indem er sie in szenische Schnipsel aus Tamaras Leben führt. Als Gegenleistung soll ihm das Theater-Trio seine eigene Stasi-Akte beschaffen.

Ein von der Staatssicherheit bespitzelter Höllenbewohner? Man mag dem untergegangenen DDR-Regime viel vorwerfen, aber hier geht den Autoren erstmals die Fantasie durch. Und es kommt noch schlimmer: Bühnenbildnerin Wiebke soll Mephisto 23 verführen, der ihr wiederum einen Job beim Modelabel Prada verschaffen will, wenn sie ihre Kollegen umbringt. Zum Finale hin verheddert sich das hanebüchen-absurde Buch immer mehr in sich selbst, um sich dann als erlebten Albtraum zu entlarven. Immerhin sind die fantasievollen schwarz-roten Teufelskostüme (Jenny Schall) und das Maskenbild (Christina Opitz) für das Ensemble aus polnischen Musical-Studenten wahre Hingucker und entschädigen für so manch dramaturgischen Irrsinn.

Reinhard Simon inszeniert die Ausflüge in Tamara Danz‘ Leben zwischen relaxtem Strandleben und bedrohlichem Höllenspektakel liebevoll realistisch. In die Danz-Vergangenheit verschwinden die Protagonisten auf Kinderkarussell-Sitztieren, die per Drehbühne den Blick auf die mit wenigen Versatzstücken und Videoanimationen angedeuteten Spielorte freigeben (Bühnenbild: Ulrike Reinhardt; Videos: Maik Friedrich, Nico Kirchhoff). Auftritte von Tamara mit ihrer Band „Familie Silly“ (später nur „Silly“) werden als Konzerteindrücke mit der im Hintergrund platzierten, fantastischen Band „takayo & Freunde“ (musikalische Leitung: Uli Herrmann-Schroedter) per Live-Kamera auf eine Leinwand über dem Geschehen übertragen.

Einzelne Szenen, wie die trottelig-clownesken Stasi-Spitzel mit roter Knollennase oder Egon Krenz und Erich Honecker als hilflose Kapitäne auf dem umhertreibenden Kahn DDR, entwickelt der Regisseur mit kabarettistischer Leichtigkeit. Andere, wie die Tournee im Barkas-Kleintransporter nach Rumänien, mit deftig-folkloristischem Pinselstrich. Besonders gelungen ist das Kapitel „Tamara und die Männer“, in dem die Sängerin eine Dreiecks-Beziehung mit ihren Bandkollegen Uwe Hassbecker (Patrick Stauf) und Rüdiger „Ritchie“ Barton (Ben Zimmermann) führt. Zum Liebeswalzer („Spiel mir das Lied von der Liebe“) und dem Song „Die Ferne“ illustrieren drei Tanzdoubles das Beziehungswirrwarr. Mit den am Modern Dance orientierten Schrittfolgen und Hebefiguren beweist Choreografin Eliza Holubowska, dass sie ihr Handwerk versteht. In den Massenszenen in der Hölle oder bei Konzerten jedoch langweilt sie mit sich immer wiederholenden Bewegungsmustern aus Schwenk- und Schreit-Elementen.

In der Titelrolle erinnert Saskia Dreyer mit immer neuen wallenden Haarmähnen frappant an die echte Tamara Danz. Wie optisch ähnlich sich beide Frauen sind, merkt man in der Schlusssequenz, in der ein Dreyer-Foto in ein Danz-Foto überblendet wird. Perfekt wird die Illusion durch eine herausragende sängerische Leistung, mit der Dreyer die vielen Danz-Songs interpretiert. Dabei singt sie Lieder wie „Bataillon d’amour“ oder „Paradiesvögel“ nicht bloß einfach nach, sondern hebt sie in eine eigene Dimension. Eine bravouröse Leistung in einem Stück, das vor allem ein besseres Buch verdient hat.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungReinhard Simon
Musikalische LeitungUli Herrmann-Schroedter
BühnenbildUlrike Reinhard
KostümeJenny Schall
ChoreografieEliza Holubowska
 
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CAST (AKTUELL)
Mephisto 23Michael Kuczynski
Des Teufels Großmutter / Helene Danz / Mädchen 1 / Veronika FischerInes Venus Heinrich
LilithPaulina Wojtowicz
ZerberusKamil Fratczak
Draculina / Monika / Mädchen 2Sabrina Pankrath
Teufel und TeufelinnenKarolina Arczewska
Eliza Holubowska
Kinga Stañko
Arkadiusz Borzdyñski
Daniel Kulczyñski
Götz, RegisseurUwe Schmiedel
Toni, MusikerFabian Ranglack
Wiebke, Bühnenbildnerin / SängerinKatarzyna Kunicka
Tamara DanzSaskia Dreyer
Erich Danz / René Büttner / Mike Schafmeier / Charité-ArztUwe Heinrich
Chorleiter Oktoberklub / Matze Schramm / Rüdiger "Ritchie" BartonBen Zimmermann
Tommy Fritzsching / Rio Reiser / Uwe HassbeckerPatrick Stauf
Manfred KusnoDaniel Kulczyñski
Pas de troisPaulina Wojtowicz
Kamil Fratczak
Arkadiusz Borzdyñski
Egon KrenzArkadiusz Borzdyñski
Erich HoneckerKamil Fratczak
Band takayo & FreundeKayode Eschrich
Uli Herrmann-Schroedter
Tilman Hintze
Jan Kirsten
Andreas van den Brandt
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 29.09.2018 19:30ubs / Großer Saal, Schwedt (Oder)Premiere
Fr, 12.10.2018 19:30ubs / Großer Saal, Schwedt (Oder)
Sa, 13.10.2018 19:30ubs / Großer Saal, Schwedt (Oder)
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