Ensemble © Johan Persson
Ensemble © Johan Persson

Everybody's Talking About Jamie (2017 - 2021)
Apollo Theatre, London

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Auf dem Weg von einer Dokumentation über den bis dato unbekannten Jamie Campbell, der mit 16 begann, sich als Dragqueen zu verwirklichen, über eine Tryout-Phase im ländlichen Sheffield bis zur West-End-Premiere im Apollo Theatre entstand eine bewegende und unterhaltsame Show. Sie spielt zwar mit Stereotypen, macht uns aber dennoch bewusst, wie eindimensional auch heute noch in Teilen der Gesellschaft gedacht wird. „Jamie“ erinnert dabei häufig an bereits Dagewesenes, schafft es jedoch, mit spielfreudigen Darstellern und poppiger Musik einen eigenen Zauber zu entfalten. Lediglich die Tatsache, dass einige Handlungsschritte nicht zu Ende gedacht werden, trübt das Gesamtbild ein wenig.

Kein Wunder, dass, so wie es der Titel hergibt, gerade jeder über Jamie spricht, bietet die Show doch clever gemachte Feel-Good-Unterhaltung mit ernstem Hintergrund – eine Art Billy Elliot für ein Jahrzehnt, in dem die Geschlechterdiskussion allumgreifend ist.
Tatsächlich erinnert einiges an bereits existierende Shows; da sind die roten Schuhe und die generelle Thematik aus „Kinky Boots“, da sind der Außenseiter und die Familienkonflikte, wie sie auch in „Billy Elliot“ vorkommen. Selbst Choreografien oder Songs kommen einem spürbar bekannt vor und lassen einen beispielsweise an „Spring Awakening“ oder aktuelle Popsongs denken. Dennoch stört dies nicht. Im Gegenteil: „Jamie“ entwickelt daraus einen eigenen Flair. Ist die Thematik der Dragqueen, die vom Vater verstoßen wird, 1:1 aus „Kinky Boots“ bekannt, liegt hier der Fokus wesentlich stärker auf dem familiären Hintergrund der Charaktere. Jamies Beziehung zur Mutter und zum Vater werden hier sehr viel stärker herausgearbeitet, auch der Tatsache geschuldet, dass es sich bei Jamie um einen 16-jährigen Teenager handelt, der noch im familiären Umfeld aufwächst. Dabei gelingt Regisseur Jonathan Butterell eine gute Mischung aus Drama und Komik, die in großen Teilen der BBC-Dokumentation „Jamie: Drag Queen at 16“ aus dem Jahr 2011 entnommen wurde und gemeinsam mit dem realen Jamie Campbell entstand. Die Regie schafft es, den Zuschauer im richtigen Maße mitfühlen zu lassen, tut dies aber ohne Fingerzeig.

Die Geschichte um Jamie startet in der Schule mit einer genialen Eröffnungsnummer („And You Don’t Even Know It“), in der der Protagonist seine Sehnsüchte bereits zu Beginn eröffnet und sowohl seine Klassenkameraden als auch seine Lehrerin diese mit Choreografie (Kate Prince) und Gesang unterstützen. Schon hier fährt das simple, jedoch effektvolle Bühnenbild von Anna Fleischle alles auf, was es kann. Es besteht aus einer sehr geometrisch anmutenden Mischung von fahrbarem, quadratischem Schulmobiliar, umrahmt von einem rechteckigen Rahmen, einer vor- und zurückfahrbaren Hinterbühne und LED-Beleuchtung im Bühnenuntergrund. Gemischt mit einigen Projektionen und einem aufklappbaren Teil im Hintergrund, entstehen so die diversen Spielorte, in denen Jamie agiert.
Während der 16-Jährige seinen Wunsch, als Dragqueen auf der Bühne zu stehen, in der Schule anfangs verheimlicht, lebt er diesen zuhause offen aus und wird von seiner Mutter in allen Belangen unterstützt. Gerade diese Mutter-Sohn-Beziehung ist es, die dieses Stück so sympathisch und anrührend macht. Jamies Mutter Margaret wird sehr natürlich und stimmlich beeindruckend von Josie Walker auf die Bühne gebracht. Ihr „He’s My Boy“ ist herzerweichend.

Im weiteren Verlauf der Handlung öffnet sich Jamie mehr und mehr in der Schule und erfährt dort immer wieder Zurückweisungen, ganz besonders durch Mädchenschwarm Dean und auch von seiner Lehrerin (authentisch dargestellt von Tamsin Carroll), die ihm, da sich andere Eltern beschwerten, verbietet, dem Abschlussball im Drag-Outfit beizuwohnene.
Ermuntert durch seine beste Freundin Pritti (Lucie Shorthouse) und seinen Mentor Hugo, gespielt von Phil Nichol, der die alternde Dragqueen „Loco Chanelle“ mit viel Herz darstellt, entschließt sich Jamie dann doch dazu, das Wagnis einzugehen und gegen die Konventionen zu kämpfen.
Leider ist die finale Auflösung der Show ein Schwachpunkt der Inszenierung. Die gesamte Handlung läuft darauf hinaus, dass man gespannt darauf wartet, wie Jamie auf dem Ball im eigens dafür angeschafften roten Kleid aussieht. Regisseur Butterell stoppt die Handlung jedoch schon vor dem Eingang zum Abschlussball. Zwar erfährt Jamie vor dem Gebäude bereits die Unterstützung der gesamten Schülerschaft und letztlich auch von seiner Beratungslehrerin, dennoch fühlt man sich am Ende der Show – obwohl es noch einen Finalsong gibt – seltsam unbefriedigt, hätte man doch gerne noch Jamies Auftritt beigewohnt.
Einen zweiten Minuspunkt des Buches stellt der Hintergrund rund um Jamies Vater dar. Dieser bedient jedes Stereotyp des tumben britischen Vorstädters. Er verstößt Jamie in einer sehr emotionalen Szene, an der der Junge beinahe zerbricht und das große Ganze in Frage stellt. Leider wird dieser Handlungsstrang dann nicht mehr aufgegriffen und die nächste Szene, in der der Vater auftritt, ist gut gelaunt mit Jamie tanzend im Finale. Dies wirkt sehr unpassend und unausgereift, gerade weil das Finale eine unterhaltsame Uptempo-Nummer ist.

Highlight des Casts ist der bis zu dieser Show eher unbekannte John McCrea als Jamie New. Wenn man die BBC-Doku und die Darstellung auf der Bühne vergleicht, sind die beiden Männer kaum auseinanderzuhalten, was im Falle einer Art biografischer Story sicherlich als großes Gütekriterium zu bewerten ist. McCreas Auftritte bieten die richtige Mischung aus überdreht, sensibel, jedoch auch willensstark. Auch die feminine Seite wird von ihm sensibel sowohl in Form der Drag-Persönlichkeit „Mimi Me“ oder auch einfach nur – wie Jamie es nennt – als „Junge, der ein Kleid trägt“ porträtiert. Seine Stimme trägt die poppigen Songs des Scores ohne Schwierigkeiten.

Die Musik von Dan Gillespie Sells – Frontman der britischen Band „The Feeling“ – ist poppig, modern und erfrischend und man könnte sich vorstellen, dass beinahe jeder der Songs auch als Single von Kylie Minogue oder den Pet Shop Boys funktionieren würde. Viele Songs bleiben im Ohr, besonders beeindruckend sind die beiden erwähnten Showstopper „And You Don’t Even Know It“ und „He’s My Boy“. Highlight der Partitur ist jedoch Prittis textgewaltiges „It Means Beautiful“ – ein Song, bei der Darstellerin Lucie Shorthouse in ihrer Rolle als ebenfalls eher am Rande beachtete Muslima unmissverständlich klarmacht, dass jeder Mensch seine eigene Identität ausleben soll, was immer Andere auch sagen.

„Jamie“ ist ein herzerwärmendes Gute-Laune-Stück mit einer wichtigen Aussage. Und diese Message kommt am Ende ganz klar über die Rampe. Um es mit den Worten von Jamies Freundin Pritti zu sagen: „It Means Choosing The Way You Want To Live“.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
InszenierungJonathan Butterell
Musikalische LeitungTheo Jamieson
ChoreographieKate Prince
DesignAnna Fleischle
Licht DesignLucy Carter
Sound DesignPaul Groothuis
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
JamieNoah Thomas,
(Adam Taylor)
MargaretMelissa Jacques
Rayia ‘Ray’ BegumSejal Keshwala
Miss HedgeGillian Ford,
(Harriet Payne)
Pritti PashaHiba Elchihke,
(Rachel Seirian)
Hugo / Loco ChanellePhil Nichol,
(Kieran McGinn)
Laika VirginDavid O`Reilly,
(Kieran McGinn)
Tray SophisticayJames Gillan,
(Kieran McGinn)
Sandra BollockGarry Lee,
(Kieran McGinn)
Jamies DadMarlon G. Day,
(Kieran McGinn)
Dean PaxtonJordan Ricketts
FatimahRachel Seirian
BexHarriet Payne
CyAdam Taylor
VickiEmily Kenwright
LeviZion Battles
SayidKeenan Knight
MickeyAlexander Archer
BeccaZahra Jones
SwingsEbony Clarke
Joe Wolstenholme
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (HISTORY)
JamieJohn McCrea [06.11.17-26.01.19]
Layton Williams [28.01.19-04.01.20]
Noah Thomas [06.01.20-]
MargaretJosie Walker [06.11.17-14.07.18]
Rebecca McKinnis [16.07.18-28.09.19]
Melissa Jacques [30.09.19-]
Rayia ‘Ray’ BegumMina Anwar [06.11.17-05.05.18]
Shobna Gulati [07.05.18-26.01.19]
Sejal Keshwala [28.01.19-]
Miss HedgeTamsin Carroll [06.11.17-17.10.18]
Michelle Visage [18.10.18-26.01.19]
Hayley Tamaddon [28.01.-04.05.19]
Faye Tozer [06.05.-03.08.19]
Rita Simons [05.08.-16.11.19]
Preeya Kalidas [17.11.19-29.02.20]
Gillian Ford [12.12.20-]
Pritti PashaLucie Shorthouse [06.11.17-26.01.19]
Sabrina Sandhu [28.01.19-04.01.20]
Hiba Elchikhe [06.01.20-]
Hugo / Loco ChanellePhil Nichol [06.11.17-14.07.18]
Lee Ross [16.07.18-26.01.19]
Shane Richie [28.01.19-04.05.19]
Roy Haylock [06.05.-29.06.19]
Bill Ward [01.07.-28.09.19]
Phil Nichol [30.09.-07.12.19]
Roy Haylock [09.12.19-29.02.20]
Phil Nichol [12.12.20-19.05.21]
Shane Richie [20.05.-18.07.21]
Phil Nichol [20.07.21-]
Laika VirginAlex Anstey [06.11.17-04.01.20]
David O`Reilly [06.01.20-]
Tray SophisticayJames Gillan [06.11.17-]
Sandra BollockDaniel Jacob [06.11.17-04.01.20]
Leon Craig [06.01.20-03/20]
Garry Lee [12.12.20-]
Jamies DadKen Christiansen [06.11.17-26.01.19]
Marlon G. Day [28.01.19-]
=2017/18/19=
EnsembleLuke Baker
Courtney Bowman
Harriet Payne
Shiv Rabheru
Kirstie Skivington
Daniel Davids
Jordan Cunningham
Ryan Hughes
Lauran Rae
SwingsMarvyn Charles
Cherelle Jay
Chloe Pole
UnderstudiesLuke Bayer
Rebecca McKinnis
Melissa Jacques
Spencer Stafford
=2019/20=
EnsembleLuke Baker
Courtney Bowman
Harriet Payne
Jordan Laviniere
Emily Kenwright
Ziggy Tyler Taylor
Luke Latchman
Ryan Hughes
Zahra Jones
SwingsMarvyn Charles
Rachel Price
Adam Taylor
Biancha Szynal
UnderstudiesMomar Diagne
Melissa Jacques
=2020/21=
EnsembleJordan Ricketts
Tilly La Belle Yengo
Rachel Seirian
Harriet Payne
Jordan Laviniere
Emily Kenwright
Zion Battles
Keenan Knight
Alexander Archer
Zahra Jones
Adam Taylor
SwingsMarvyn Charles
Ebony Clarke
Joe Wolstenholme
Rachel Seirian
UnderstudiesBrian James Leys
Gillian Ford
Kieran McGinn
  
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Mo, 06.11.2017 19:30Apollo Theatre, LondonPreview
Di, 07.11.2017 19:30Apollo Theatre, LondonPreview
Mi, 08.11.2017 19:30Apollo Theatre, LondonPreview
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