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Das auf dem Roman von E.L. Doctorow basierende Musical ist ein wahres Epos. Aufgrund des enormen Aufwands hat sich in Deutschland bisher nur das Staatstheater Braunschweig – in Koproduktion mit dem Staatstheater Kassel – an eine Bühnenumsetzung getraut. Dabei ist das gar nicht notwendig, wie das kleine Charing Cross Theatre beweist.
Bereits beim Betreten des Theatersaals ist die kleine Bühne in stimmungsvoller Ausleuchtung für das Publikum sichtbar. Die Szenerie erinnert ein wenig an klassische Westernfilme: Graue Holzplanken verzieren die Seiten und das Bühnenportal als Häuserfassaden; dazu kommt ein Stahlgerüst mit Treppen, das als Balkon und zweite Ebene den Raum erweitert. Zwei mit dem Rücken aneinander gestellte Klaviere bilden das Zentrum, weitere Musikinstrumente sind an den Wänden und an verschiedenen Standorten auf der Bühne verteilt. Tatsächlich bedarf es auch gar keiner größeren Bühnenmaschinerie, denn durch ein paar Handgriffe können neue Bilder und Orte geschaffen werden. So lässt sich das Stahlgerüst vorne spitz zusammenschieben, sodass automatisch die Assoziation eines Schiffsbugs entsteht . Durch die Neuanordnung der Klaviere werden weitere Räumlichkeiten geschaffen. Den Rest übernimmt die Vorstellungskraft des Zuschauers.
Regisseur Thom Southerland führt stringent durch das Stück, lässt in seiner Inszenierung immer einen Hauch von Aggression und Verzweiflung mitschwingen. Sei es die aussichtslose Lage der Immigranten, die Rolle der unemanzipierten Frau als Heimchen in der Mittelschicht oder aber auch der Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung – die Figuren spiegeln die Zeit und sozialen Gegebenheiten des frühen 20. Jahrhunderts bis zum Beginn des 1. Weltkrieges wider. Das Streben nach Selbstverwirklichung, Gerechtigkeit und einem Leben im Wohlstand sind Themen, die die Charaktere antreiben, sie aber auch zu Verzweiflungstaten führen. Southerland macht das durch eine genaue Personenführung für das Publikum spürbar, nimmt dadurch aber den leichten, aufheiternden Momenten etwas die Lockerheit.
Das Ensemble meistert die Aufgabe, sowohl passende Rollenportraits abzuliefern als auch als Musiker zu agieren, solide. Richtig herausragende Leistungen gibt es allerdings nicht. Man ist von dem einen oder anderen Darsteller etwas enttäuscht, wenn man die sonst so hohe Qualität der Darsteller auf Londons Bühnen zum Vergleich nimmt. Gary Tushaw als Tateh beispielweise klingt zwischenzeitlich angestrengt und schafft es nicht, alle hohen Töne sauber auszusingen. Gerade bei dieser Partitur von Stephen Flaherty, die große Stimmen braucht und grundsätzlich schon sehr pathetisch daherkommt, fallen solche Mängel umso deutlicher auf.
Großes Manko ist die schlechte Tonaussteuerung, die den Songs oft jegliche Nuancen nimmt. Eine gelungene Tonabmischung von mikrofonierten Sängern und den nicht verstärkten Instrumenten auf der Bühne ist sicherlich schwierig. Vielleicht müsste dafür auch der musikalische Leiter Jordan Li-Smith mehr Kontrolle über seine Darsteller-Musiker, die sich gleichzeitig auf ihre schauspielerische Leistung fokussieren müssen, haben und sie mehr in der Dynamik des Spiels lenken können. Als leitende musikalische Instanz spielt er immer eins der beiden Klaviere, gibt Einsätze und versucht das Ensemble zusammen zu halten, was aufgrund seiner Position hinter den Darstellern oft schwierig scheint. Das Resultat klingt in der besuchten Vorstellung eher suboptimal. Energisch, ja fast aggressiv werden die Songs dargeboten. Dazu lassen viele der neuen Arrangements die feinfühligen Zwischennuancen des Originals vermissen. Die großen Nummern enden fast ständig mit zu dominanten Drums, die in Kombination mit den anderen Instrumenten die Assoziation von Krach evozieren. Besonders auffällig wird das in der ‚Befreiungsnummer‘ „Back to Before“, die ganz schlicht mit Klavier und Akustikgitarre beginnt. Der Beginn des Liedes versprüht eine überraschende Emotionalität, die wunderbar in den Moment passt, und erfreut mit seinem schlichten Arrangement – gerade im Kontrast zu den vorherigen Wucht-Nummern. Leider setzen viel zu früh weitere Instrumente ein und der Song kulminiert schließlich erneut in einem zu lauten Finale, dem Anita Louise Combe als Mutter all ihre stimmliche Kraft entgegensetzen muss.
Das Charing Cross Theatre zeigt, dass man mit Kreativität auch ein Stück, das für die großen Bühnen geschrieben wurde, im kleinen Rahmen umsetzen kann. Mit einer besseren Soundabmischung und abwechslungsreicheren, subtileren Arrangements sowie einem nuancierten musikalischen Spiel hätte es ein Abend mit großen Gänsehautmomenten werden können. In der jetzigen Version bleibt es ein sehenswertes Stück Musiktheater, bei dem der Funke nicht ganz überspringen möchte.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Thom Southerland |
Licht | Howard Hudson |
Sound | Andrew Johnson |
Bühnenbild | Tom Rogers Toots Butcher |
Choreographie | Ewan Jones |
Kostüme | Jonathan Lipman |
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CAST (AKTUELL) |
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Coalhouse Walker | Ako Mitchell |
Tateh | Gary Tushaw |
Mother | Anita Louise Combe |
Father | Earl Carpenter |
Sarah | Jennifer Saayeng |
Younger Brother | Jonathan Stewart |
Emma Goldman | Valerie Cutko |
Evelyn Nesbit | Joanna Hickman |
Grandfather | Anthony Cable |
Willie Conklin | Simon Anthony |
Booker T. Washington | Cavin Cornwall |
Harry Houdini | Christoper Dickins |
Henry Ford | Tom Giles |
JP Morgan | Matt Devereaux |
Sarahs Friend | Seyi Omooba |
Little Girl | Alana Hinge Riya Vyas |
Little Boy | Samuel Peterson Ethan Quinn |
Ensemble | Bernadette Bangura Lemuel Knights Rachel Knowles Kate Robson-Stuart |
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TERMINE |
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