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Viele erfolgreiche Filme sind für die Bühne adaptiert worden. Auch der Heinz Rühmann-Klassiker „Die Drei von der Tankstelle“. Dank der Gassenhauer aus der Feder von Werner Richard Heymann, einer werkgetreu-flotten Inszenierung (Dr. Wolfgang Bordel) und einem gut aufgelegten, homogenen Schauspiel-Ensemble gelingt in Neubrandenburg ein tolles Sommerspektakel in einem ungewöhnlichen Raumkonzept.
Nach einer Niederlage nur nicht den Kopf in den Sand stecken – das ist das Motto der Freunde Willy, Kurt und Hans, denen der Gerichtsvollzieher die Wohnung leer geräumt hat. Statt Trübsal zu blasen, bauen sie sich an einer Landstraße als Tankwarte eine neue Existenz auf. Was sich wie der Beginn einer möglichen Erfolgsstory zu Hartz IV-Zeiten anhört, begeisterte bereits unsere Großeltern: Mit dem Film „Die Drei von der Tankstelle“ gelang der UFA 1930 ein ganz großer Wurf.
Dass eine Spritztour mit einem (Musical-)Oldtimer auch 86 Jahre später noch Spaß machen kann, beweist diese rundum gelungene Produktion im Schauspielhaus Neubrandenburg, dem ältesten erhaltenen und immer noch bespielten Theaterbau Mecklenburgs. Im Rahmen des Formats „Sommerspektakel“ sitzt das Publikum nicht wie gewohnt in Reihen, sondern an kleinen Tischchen zwischen einem durch den Saal führenden Steg, der zwei Spielflächen an den Kopfseiten miteinander verbindet. Die Besucher befinden sich also schon vom Raumkonzept her mitten im Stück, in dessen Handlung sie aber auch immer wieder integriert werden. Die für die Bühnenadaption (Sepp Tatzel) hinzuerfundenen Schutzengel der drei Tankstellen-Freunde (Franziska Groth, Emily Meier, Christoph Deuter und Fabian Quast) gesellen sich auch immer wieder direkt zu den Gästen, wo sie mit ihren Gesangseinlagen geschickt von Umbauarbeiten ablenken. Ob in schicker, gold-schwarzer Abendgarderobe oder im Matrosenlook („Das ist die Liebe der Matrosen“): Gesine Ullmanns von der Dreißigerjahre-Mode inspirierten Kostümentwürfe lassen nicht nur die Schutzengel gut aussehen. Das ebenfalls von Ullmann entworfene, in Grün- und Gelbtönen gehaltene, abstrakte Bühnenbild deutet die Spielorte nur an.
Regisseur Dr. Wolfgang Bordel belässt die doch recht dünne Story, in deren Happy-End-Finale alle drei Freunde mit einer passenden Frau versorgt sind, in ihrer Entstehungszeit. Er erzählt flott und werkgetreu, scheut sich aber auch nicht aktuelle Themen wie die drohenden Theaterfusionen im Land mit einzubauen. Unterm Strich eine gute Regie-Arbeit, sodass beim knapp dreistündigen Theaterabend nie Langeweile aufkommt. Dafür sorgt auch Choreograf Stephan Brauer der sich für das hauseigene Schauspielensemble einfache, aber sehr effektvoll aussehende Tanzschritte ausgedacht hat. Höhepunkt ist das flott getanzte Pausenfinale „Lavendel“, das die Zuschauer beschwingt in einen dreißigminütigen, „kulinarischen Boxenstopp“ im Innenhof des Theaters entlässt. Neben Bockwurst, Brötchen und Bier, die im Kartenpreis bereits enthalten sind, können sich die Zuschauer hier kostenlos gemeinsam mit den Schutzengeln in einem knallroten, echten Oldtimer fotografieren lassen. Eine tolle Idee!
Die vor einer der beiden Bühnen sitzende Tankstellenband unter der Leitung von Frank Obermair spielt mit Begeisterung die vielen unbeschwerten, zu Evergreens gewordenen Lieder von Werner Richard Heymann. Es braucht nur fünf Instrumente (Klavier, Violine, Kontrabass, Klarinette und Schlagzeug), um das Publikum von Beginn an zum Mitsingen zu bringen. Gassenhauer wie „Ein Freund, ein guter Freund“ oder „Hoppla, jetzt komm‘ ich“ funktionieren auch 2016 immer noch bestens. Richtig witzig ist „Lieber, guter Herr Gerichtsvollzieher“, das das Kinderlied vom Kuckuck zitiert.
Hut ab vor der homogenen Gesangsleistung des Ensembles, aus dem Lisa Voß (Lilian Coßmann) herausragt. Optisch wirkt sie zwar ein bisschen zu alt für ihre Rolle, doch statt eines kecken Backfischs umschwärmen die drei Tankwarte hier eine aparte Lady, die genau weiß, was und wen sie will. Vor allem aber kann sie mit einer tollen Stimme aufwarten, wie sich vor allem bei „Eine Nacht in Monte Carlo“ zeigt. Komische Sympathieträger der Inszenierung sind Sven Jenkel (Willy), Michael Goralczyk (Hans) und Thomas Pötzsch (Kurt). Anika Kleine (Fräulein Mondschein, Bardame und Putzfrau) unterstreicht ihre ungeheure Wandlungsfähigkeit.
Egal, ob Fahrzeug oder Musical: Oldtimer gehören nicht ins Museum, sondern müssen für das Publikum erlebbar werden. Das gelingt dem Schauspielhaus Neubrandenburg ganz prächtig. Besonders in der Kombination Fahrzeug und Musical.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Dr. Wolfgang Bordel |
Musikalische Leitung | Frank Obermair |
Ausstattung | Gesine Ullmann |
Choreografie | Stephan Brauer |
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CAST (AKTUELL) |
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Willy Hellwig | Sven Jenkel | |||
Hans Mühlheim | Michael Goralczyk | |||
Kurt Anatol von Waldbach-Windberghausen | Thomas Pötzsch | |||
Konsul Cossmann, alter Herr | Michael Kleinert | |||
Lilian Cossmann | Lisa Voß | |||
Edith von Turoff | Lisa Brinckmann | |||
Dr. Kalmus, Gerichtsvollzieher, Chauffeur, Hausmeister | Dirk Schmidt | |||
Fräulein Mondschein, Barmixer, Putzfrau | Anika Kleinke | |||
Schutzengel | Fabian Quast Christoph Deuter Emily Meier Franziska Groth | |||
Band | ||||
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Klavier | Frank Obermair | |||
Geige | Albrecht Rau | |||
Kontrabass | Margarethe Hafner-Akazawa | |||
Klarinette | Andreas Rosin | |||
Schlagzeug | Christoph Keck Mark Rose |
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