Das Landestheater Neustrelitz zeigt Andrew Lloyd Webbers Biografie-Musical über Eva Perón in einer gelungenen, bildgewaltigen Inszenierung (Reinhard Friese) im minimalistisch gestaltetem Bühnenbild (Günter Hellweg). Das hauseigene Musiktheater-Ensemble wird ergänzt durch hochkarätige Gäste (Katja Berg als Evita, Fabian Egli als Che).
Eva Peróns Tod gleicht dem Dahinscheiden einer Heiligen im Strahlenkranz. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass Regisseur Reinhardt Friese die letzten Minuten im Leben der vom einfachen Volk vergötterten Präsidentengattin im eiskalten Licht von zwölf Neonröhren beleuchten lässt, die von im Halbkreis um das Todeslager gruppierten Krankenschwestern gehalten werden. Eine gespenstische Szene, die nach dem Erlöschen des Lichts für einige Momente betroffenen Schweigens im Zuschauerraum sorgt.
Schwarz und Weiß dominieren die ausdrucksstarken Bilder in Frieses bis zum letzten Moment fesselnder Inszenierung, die auf jegliche Südamerika-Folklore verzichtet. Stattdessen macht der Regisseur nicht nur die im gleichnamigen Song fließenden Spendengelder sichtbar, auch klettern aus Evas Lotterbett nacheinander ihre ausgemusterten Liebhaber. Den Höhepunkt der Evita-Verehrung visualisiert Friese, indem er Eva Perón in einem Käfig stehend engelsgleich in den kahlen Bühnenraum (Günter Hellweg) einschweben lässt. Das dunkel gewandete Volk gruppiert der Regisseur darunter auf dem im Zentrum platzierten schwarzen Lack-Rundpodest und lässt es die helle Lichtgestalt zum Song „Wein nicht um mich, Argentinien“ ergeben anhimmeln. Aus dem Dunkel des Zuschauerraums kommentiert vom Rang aus der den hauseigenen Opernchor verstärkende „Philharmonische Chor Neubrandenburg“.
Wechselt das Ensemble auf der Bühne seine Rolle vom einfachen Volk zu Adel oder Militär, so stehen die entsprechenden Kostüme – schicke weiße Pelzmäntel und Hutkreationen beziehungsweise graue Uniformen (Annette Mahlendorf) – sichtbar auf Kleiderständern am Bühnenrand bereit. Das führt zu schnellen, konzentrierten Abläufen und lässt die Szenen fast ineinanderfließen. Original-Filmsequenzen, die videoclipgleich auf die Gazewand vor der Bühnenöffnung projiziert werden, verleihen der Inszenierung zusätzlich Authentizität.
Mit schwülstiger Tango-Atmosphäre und raffiniertem Showtanz setzt Choreograf Stephan Brauer die „Deutsche Tanzkompanie Neustrelitz“ in den raren Tanznummern der Lloyd Webber-Partitur geschickt in Szene. Die Neubrandenburger Philharmonie (Leitung: Frank Obermair) schwelgt dazu im Graben sinfonisch mit federnden südamerikanischen Rhythmen und schmachtenden Balladen, ohne übertrieben opernhaft zu wirken.
Mit Ausnahme von Robert Merwald, dessen Juan Perón zwar schön gesungen, aber arg blass und teilnahmslos gerät, stehen in den anderen Partien fast Idealbesetzungen auf der Bühne: Andrés Felipe Orozco verströmt mit tenoralem Schmelz auf den Punkt genau den schmierig-schmachtenden Charme des Tangosängers Magaldi. Fabian Egli ist als Che ein hitziger Heißsporn und Kommentator mit auch bis in die Höhen sicher geführten, runden Bariton. Wie Egli die First Lady Argentiniens flapsig und furchtlos angeht, gehört ebenso zu den Höhepunkten, wie der Showstopper „Spendengelder fließen“, in dem er auch tänzerisch präsent ist. In Katja Berg (Eva Perón) hat er eine starke, in Gesang und Spiel ebenbürtige Gegenspielerin. Berg legt ihre Evita nicht ausschließlich als machthungrige, ihr Personal schikanierende Zicke an, sie ist auch warmherzige Landesmutter und liebende Ehefrau. Ergreifend die Sterbeszene, in der Berg ihren eigentlich vollen Sopran gekonnt matt und brüchig klingen lässt. Nach diesem dramatischen Ende feiert das Publikum insbesondere Berg und Egli, aber auch alle anderen Beteiligten zu Recht mit großem Jubel und stehenden Ovationen.
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