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Nach dem wenig erfolgreichen „Shakespeare und Rock’n’Roll“ in den 1990er Jahren wagt sich Produzent Bernhard Kurz mit „Shakespeare’s Musical Comedy“ wieder an den Altmeister. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Egal, ob aus Stoff oder Papier: Man kann mit ihm winken, Tränen trocknen oder die Nase putzen. Doch ein Taschentuch kann auch der Star in einem Musical sein. Insbesondere dann, wenn der Kopf von Daniel Pabst aus dem zu einem Viereck aufgespannten, schneeweißen Ganzkörper-Kostüm (Silke Nürge-Mayr) herausschaut. Der Darsteller spricht, agiert, singt und tanzt diese ungewöhnliche Episoden-Rolle kurz vor Ende der Show mit so viel Hingabe und Professionalität, dass es eine wahre Freude ist.
Diese beglückenden Momente beschert das wandelnde Taschentuch als erzählendes Corpus Delicti in „Othello“, einem von drei Shakespeare-Dramen, mit denen eine untalentierte Truppe trotteliger Mimen die alternde Muse Thalia (Matthew Cutts als abgetakelte Dragqueen) vom Genie des englischen Theater-Meisters (Henryk Reimann) überzeugen soll. Zwei seiner Klassiker (neben „Othello“ noch „Romeo und Julia“) zieht der sich hinter dem Autoren-Pseudonym John Cliffmuller versteckende Regisseur der Show (Hans Neblung) im zweiten Akt gehörig durch den Kakao. Plötzlich werfen sich die Darsteller gute Gags oberhalb eines zotig-klamaukigen Stammtischniveaus zu. Da stimmt das Timing und die Inszenierung sprüht vor Einfällen jenseits eines einfallslosen Stagings in Zweiergruppen. Das zwischen die beiden genial veralberten Dramen geschobene „Der Sturm“ verschenkt Neblung allerdings mit einem klamottigen Mini-Schattenspiel. Ebenso lächerlich sind Paul Langleys Choreografien. Der laut Presse-Unterlagen „künstlerische Director“ unterfordert seine Darsteller und langweilt das Publikum mit immer wiederkehrenden Drehungen, Po-Gewackel, wahlweise Hand- oder Armgewedel und gestelztem Herumgeschreite. Kein Wunder, dass bei der Premiere nach der Pause die Tische im Zuschauerraum übersichtlicher besetzt waren als davor.
Dabei ist es gerade der zweite Teil, in dem das dürftige Buch wegen seiner Parodien überhaupt sinngebend ist. Die 45 Minuten davor lassen sich global unter dem bis ins Unerträgliche ausgewalzten, göttlichen Musen-Auftrag zusammenfassen, in den wahllos Pop- und Musicalsongs eingestreut sind. Wenn auf Abbas „Waterloo“ der Eruption-Discoknaller „One Way Ticket“ und dann „Arabian Nights“ aus Disneys „Aladdin“ folgen, dann ist nicht nur wegen der großen Textunverständlichkeit in den Dialogen unklar, warum. Selbst wenn die Songs der Show miteinander vertauscht würden, es würde niemand bemerken. Warum diese Auswahl zu Stande gekommen ist und wie sie im Buch reflektiert ist, bleibt Hans Neblungs Geheimnis.
Zu den Pluspunkten von „Shakespeare’s Musical Comedy“ gehört der auf der ansonsten leeren Bühne stehende Pavillon (Stage Design: Martyn Parish), der dank eines ausgeklügelten Klappmechanismusses mit wenigen Handgriffen in eine überdimensionale Truhe mit Deckel verwandelt werden kann. Dieses Multifunktions-Bühnenbild schafft abwechslungsreiche Auftrittsmöglichkeiten, die die Show aber ebenso wenig zu retten vermögen wie die sechsköpfige „Stars-in-Concert-Band“ mit ihrer fantastischen Bläsergruppe.
Die Solisten trennt ein tiefer Qualitäts-Graben. Da hilft es nicht, den Regler für das Mikrofon von Denise Norton bei ihren Auftritten als für die Handlung völlig überflüssige Shakespeare-Sekretärin Miranda gehörig aufzudrehen. Zwischen wackeligen Höhen und unzulänglicher Tiefe kämpft sich Norton mit durch ihre Mission, mal Barbra Streisand dann wieder Liza Minelli kopieren zu wollen. Etwas mehr Soul täte hingegen der Stimme von Rachel Hiew in „One Way Ticket“ gut, während Marion Welch hörbare Höhen- und Volumenprobleme hat. Alle drei Damen überzeugen allerdings in den Ensemble-Nummern, in denen sie sich eher als Chorsängerinnen denn also Solistinnen empfehlen.
Gesanglich erheblich besser sind ihre männlichen Pendants. Neben dem bereits erwähnten Taschentuch-Darsteller Daniel Pabst, der seine restlichen Rollen etwas arg tänzelnd-tuntig spielt, dafür aber über einen ordentlichen Pop-Tenor verfügt, trumpft Frederick Henry mit soulig-warmer Röhre („Beat It“) auf. Auch Henryk Reimann („This is the Moment“) und Mathew Cutts („Sex Bomb“) trotzen dem breiig-hohlen Ton-Design, das aus den Boxen dröhnt und bei lauten, hohen Tönen auch schon einmal in den Ohren weh tut.
Zu Beginn betont Muse Thalia immer wieder: „Tragödie gibt’s morgen, heute wird gelacht!“. Welch eine Fehleinschätzung. „Shakespeare’s Musical Comedy“ ist, um ein nicht im Stück verwursteten Titel zu zitieren: Viel Lärm um nichts.
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KREATIVTEAM |
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Buch | John Cliffmuller |
Künstlerischer Director und Choreografie | Paul Langley |
Inszenierung | Hans Neblung |
Kostüme | Silke Nürge-Mayr |
Bühnenbild | Martyn Parish |
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CAST (AKTUELL) |
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Shakespeare, Erzähler, Fürst | Henryk Reimann |
Miranda, Mercutio, Jago | Denise Norton |
Thalia, Zettel, Pyramus, Romeo | Matthew Cutts |
Julia, Flaut, Wand, Cassio, Rodrigo | Marion Welch |
Ariel, Tybalt, Othello | Frederick Henry |
Sequenz, Löwen, Desdemona | Rachel Hiew |
Schnauz, Thispe, Benvolio, Taschentuch | Daniel Pabst |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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