Ordentliche Neuinszenierung der Kunze/Lürig-Version des Klassikers. Allerdings fehlt die Leichtigkeit, um an die Vorgängerproduktion an selber Stelle heranzukommen. Am Ende gibt es freundlichen, aber keinen enthusiastischen Applaus.
Das hat Seltenheitswert: Nur vier Jahre nach der Dernière einer staatlichen Produktion hat auf derselben Bühne dasselbe Stück erneut Premiere – neu inszeniert, mit neuer Cast und einem privaten Veranstalter. Hintergrund ist der Streit zwischen dem Autorenteam Heinz-Rudolf Kunze und Heiner Lürig auf der einen und dem Theater für Niedersachsen (früher: Landesbühne) auf der anderen Seite. Der hatte nach mehrjähriger Zusammenarbeit und zwei Open-Air-Musicals zur Trennung geführt. Und dazu, dass sich Kunze/Lürig mit dem Konzertveranstalter Hannover Concerts zusammentaten und ein Gegenangebot für die Sommerbespielung der Open-Air-Bühne in den Herrenhäuser Gärten abgaben. Die Stadt Hannover gab den Privaten den Zuschlag.
Wenn eine Show schon vier Sommer lang gespielt wurde, kann eine Neuinszenierung frischen Wind und gute Ideen bringen. Gute Ideen kann man Regisseur Christian von Götz auch nicht absprechen. Insgesamt bleibt die Show aber zu kühl und distanziert, um für ähnliche Begeisterungsstürme wie die frühere Inszenierung zu sorgen. Die hatte mit Jens Krause als Puck einen Sympathieträger, über dessen Interpretation man in Hannover auch in Nichtmusicalkreisen vier Jahre nach der Dernière noch spricht. Gerade zum Ende hin fehlt der Neuproduktion ein solcher Sympathieträger.
Felix Martin legt den Puck deutlich fieser, derber und männlicher an als sein Vorgänger. Bei Krause hatte die Rolle eine große Leichtigkeit und Verspieltheit, zudem ließ ihn die Regie viel mit dem Publikum flirten. Von Götz streicht die Rolle auf ihren eigentlichen Text zusammen, lässt Puck egoistisch, nur auf seinen eigenen Spaß bedacht und sexualisiert agieren. Was bei Krause schabernackig-tuntig daherkam (muss man nicht mögen, aber der Großteil des Publikums tat das), ist bei Martin hinterhältig.
Das ist inhaltlich durchaus schlüssig, nimmt dem Stück aber einen Sympathieträger. Und der wäre am Ende nötig, wenn es nach dem Abgang der – wie sollte es anders sein – beim Publikum abräumenden Handwerker noch ziemlich lange dauert, bis das Stück vorbei ist. Die jungen Liebenden sind längst nur noch mit Knutschen beschäftigt und haben durch auf arrogant wirkende Art inszenierte Zwischenbemerkungen beim Handwerkerspiel Punkte eingebüßt, insbesondere Theseus kommt zum Finale nur noch als Schnösel daher. Das bremst das Stück am Ende leider aus und dämpft die Begeisterung beim Publikum. Und Pucks letzter Auftritt kann das aus oben beschriebenem Grund auch nicht mehr herausreißen.
Dabei gab es vorher auch viel Gutes. Von Götz lässt die Handwerker zwar sehr klischeebeladen spielen, aber das kommt beim Publikum an – etwa, wenn Michael Westphal den Deutschtürken gibt. Auch die Idee, die Handwerker nicht mit Fahrrädern, sondern einem schnaufenden, dreirädrigen Kleintransporter vorfahren zu lassen, ist nett. Ob man es nun witzig findet, wenn regelmäßig Songs von „Satisfaction“ bis „Singin‘ in the Rain“ zitiert werden, ist Geschmackssache. Auf jeden Fall gibt es dafür viele Lacher.
Der Oberon von Timo Ben Schäfer ist solide, wäre vielleicht noch besser, wenn er nicht so männlich und schnaufend angelegt wäre. Denn das passt nicht so recht zum smarten Typ und der hellen Gesangsstimme. Anke Fiedler ist als Titania sehr präsent und auch stimmlich bestens aufgelegt. Schade, dass Autoren und Regie dem Duo keinen stärkeren Abgang bescheren. Ihr gesurrtes „Wir entschweben“ passt nicht zum doch recht lautstarken Laufweg über die (in Herrenhausen extrem tiefe) Bühne.
Richtig gut sind die vier jungen Liebenden. Florian Lüdtke und Thomas Sprekelsen sehen nicht nur angemessen jung aus, sondern geben dem (traditionell recht schablonenhaften) Lysander und Demetrius viel Energie und Leben. Milica Jovanovic und Mirja Regensburg in den dankbareren Rollen der Helena und Hermia nutzen die Szenen und Balladen, um Empathie zu schaffen. Ein schöner Einfall, dass Helena sich ein Fußballtrikot mit dem Aufdruck „Demetrius“ überstreift, wenn sie von ihrer unerreichbaren Liebe schwärmt. Dass die Figuren nach dem Happy-End vor lauter Glückseligkeit ein wenig anstrengend werden, dafür können die Darsteller nichts.
Gute Ansätze sind da, und auch das Personal stimmt. Schade, dass der Inszenierung die Leichtigkeit fehlt, um tatsächlich die Atmosphäre für einen Sommernachtstraum zu schaffen.
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