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Jesus Christ Superstar (2009)
Thunerseespiele, Thun

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Die Inszenierung von Helga Wolf „Jesus Christ Superstar“ überzeugt vor eindrucksvoller Kulisse mit einem stimmigen Ensemble. Sie geizt jedoch nicht mit Altbekanntem.

Eine kleine Blässhuhn-Familie schwimmt ganz in Ruhe zurück in ihr Nest auf dem Thunersee. Das Nest hat sie sich gebaut, noch bevor die riesige Musicalkulisse errichtet wurde. Vertreiben ließen sich die Seebewohner nicht, nein, sie stehlen dem Musical schon fast die Show. Sie zeigen, dass Natur, Rockmusik und Dezibel, welche bei den Anwohnern immer wieder Grundsatzdiskussionen auslösen, sich doch sehr gut miteinander vereinbaren lassen.

„Jesus Christ Superstar“ unter der Regie von Helga Wolf hat viele Showelemente, die man schon in anderen Produktionen gesehen hat (Hosanna spielt sich etwa im Publikum ab, Engelsflügel kommen zur Verwendung, auch die Abendmahlsdarstellung kennt man). Die Bühne ist der zweite Superstar (bei der Umsetzung wurde eine Thuner Firma engagiert). Sie stellt ein Amphitheater dar, das sich wie zwei einzelne Berge erhebt. Die Farben der Stufen fügen sich in gelb über grün nach blau in die Umgebung am See ein. Die beiden Elemente verbindet ein rostbrauner hoher, runder Steg. verschiedene Ausgänge im Amphitheater ermöglichen ein dynamisches Bespielen der Fläche. Vier Wachtürme runden die Szenerie ab. Das neue Tonsystem, das die Seespiele verwenden, gewährleistet einen Hörgenuss. Ebenso das Orchester unter der Leitung von IwanWassilevski. Es erweist sich als sehr eingespieltes Team, das mit einer dynamischen Orchestrierung und neuen Klangsequenzen begeistert.

Helga Wolf legt auch in dieser Inszenierung (wie bei der „West Side Story“ letztes Jahr) viel Wert auf die Wirkung der einzelnen Charaktere. Sie lässt diese mit wenigen Requisiten auftreten. Dies zeigt sich insbesondere bei „Gethsemane“ und „Judas‘ Tod“. Jesus und Judas gehen dabei bis auf den obersten Treppenabsatz der Kulisse und stehen so direkt unter dem Himmel. Ihre Körper sind vom Publikum abgewandt. Beide sprechen in diesen Szenen direkt zu Gott. Ein Gänsehautmoment.

Die Kostüme sind modern gestaltet. Anfänglich sind die Farben in der Palette des Regenbogens gehalten. Nur Judas erscheint gänzlich in schwarz. Diejenigen des Chors und der Statisten gleichen sich der immer größer werdenden Bedrohlichkeit der Geschichte in grau an und wechseln in der Schlussszene zu schwarz. Jesus wird anfangs als Rockstar gezeigt (im 2. Akt im gewohnten Weiß), der von seinen Fans mit Autogrammwünschen bedrängt wird. Die Massenszenen sind gut choreographiert, jedoch zeigt sich hier ein Grundproblem der Inszenierung: Dem Chor wird teilweise zu viel Platz für Interaktionen gegeben, was in der Masse funktioniert wirkt dann in einzelnen Sequenzen durch teils sehr übertriebener Mimik ungewohnt. Aufgrund der daraus resultierenden unfreiwilligen Situationskomik muss man plötzlich in eigentlich ernsten Szenen lachen.

Helga Wolf stellt das Stück in den Kontext der heutigen Konsumgesellschaft. So macht etwa Judas vor der Kreuzigung ein Erinnerungsfoto mit Jesus. Im Tempel erscheinen die Kranken mit Krücken, Einkaufswagen und Nespressotüten. Jesus wird vor der Pontius-Pilatus-Szene von Sensationsjournalisten in einer TV-Liveübertragung interviewt.

Die Herodesszene soll zwar der Showstopper des Stücks sein, bietet aber vielleicht ein wenig zu viel des Guten. Herodes‘ Dekadenz und Schmierigkeit wird von Klaus Brantzen gut dargestellt. Fraglich ist es jedoch, ob Herodes wirklich in neonfarbenen Badehosen auf eine aufblasbare Insel springen muss, um anschließend im Pool zu baden. Diese Szene hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck.

Auch dieses Jahr steht ein äußerst stimmiges und motiviertes Ensemble auf der Seebühne. Jesus wird vom Zürcher Philipp Hägeli gespielt. Er überzeugt durch ausdrucksstarkes Schauspiel. Er interpretiert die Rolle als traurigen, teilweise kraftlosen Menschen. Die übersprühende Freude in den Anfangsszenen fehlt ein wenig. Man spürt hingegen die große Angst, die ihn ständig begleitet. Stimmlich ist Philipp Hägeli berührend. Er vermag es eindrucksvoll, jedem einzelnen Wort Bedeutung zu verleihen. In den Höhen stößt er jedoch noch an Grenzen. Alles in allem aber ein gelungenes Rollendebut.

Mischa Mang als Judas Ischiaroth ist eine Idealbesetzung. Er zeigt die Liebe zu Jesus, die ihn stets leitet, in eindrücklicher Art und Weise. Seine Zuneigung zur Hauptfigur, seine Verzweiflung und das Verrücktwerden vor lauter Schuldgefühlen sind grandios dargestellt. Stimmlich arbeitet Mischa Mang größtenteils mit seiner kräftigen Rockstimme, verwendet zur Unterstützung aber auch viel Sprechgesang. Er schreit, wimmert, weint, lacht und tut dies überragend.

Simone Geyer als Maria Magdalena wirkt gegen die beiden Protagonisten etwas blass. Sie singt mit einem sehr schönen samtigen Sopran, vermag jedoch die Rolle nicht immer mit der notwendigen Intensität zu füllen. Ulrich Kratz als Pontius Pilatus überzeugt mit starker Stimme und spielt die Verzweiflung, in der er das Schicksal von Jesus nicht mehr aufhalten kann, sehr intensiv. Christoph Stegemann als Kaiphas ist ebenfalls überzeugend, wie auch die restlichen Priester (Hans Steunzer, Michael Schüler, Kevin Armstrong und Samuel Kobel). Die Apostel sind durchweg sehr stimmig besetzt, ebenso die Soulgirls. Durch die hohe Qualität des Ensembles erhält jeder Charakter einen eigenen Touch.

Helga Wolf hat sich entschieden, keine eigentliche Kreuzigungsszene zu verwenden. Die Schlussszene zeigt deshalb eine grandiose Lichtprojektion. Als Leinwand dient Wasser, das als Sprühnebel gen Himmel spritzt. Darauf wird das Bild von Jesus am Kreuz projiziert. Bei der Auferstehungsszene wird ein meterhohes, mit Glühbirnen bestücktes Kreuz aufgefahren. Eine beeindruckendes, wenn auch etwas überladendes Spektakel.

„Jesus Christ Superstar“ in Thun ist eine überzeugende Produktion. Jedoch könnte man sich an manchen Stellen mehr Mut, mehr Neuinterpretation des Stoffes wünschen. Die Regisseurin hätte dem Publikum durchaus zutrauen können, auch komplexere Bilder zu verstehen.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musikalische LeitungIwan Wassilevski
RegieHelga Wolf
Bühnenbild/LichtdesignUeli Binggeli
TondesignThomas Strebel
KostümeMarkus Pysall
MaskeSibylle Carpinelli
ChoreographieChristopher Tölle
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
JesusPhilipp Hägeli,
(Max Messler)
JudasMischa Mang,
(Nico Gaik)
Maria MagdalenaSimone Geyer,
(Sarah Schütz)
SimonKristian Lucas,
(Michael Schüler)
PetrusLuis Lay,
(Martin Bacher)
AndreasKevin Foster,
(Michael Schüler)
ThomasTilmann von Blomberg,
(Michael Schüler)
Jakobus der ÄltereMartin Kiuntke ,
(Michael Schüler)
MatthäusMax Messler ,
(Michael Schüler)
PhilippusMartin Bacher,
(Michael Schüler)
BartholomäusPaul Erkamp,
(Michael Schüler)
Jakobus der JüngereNico Gaik,
(Michael Schüler)
JohannesPhilipp Kreinbucher,
(Michael Schüler)
TaddäusGianni Meurer,
(Michael Schüler)
Pontius PilatusUlrich Kratz,
(Kevin Armstrong)
Horodes AntipasKlaus Brantzen,
(Tilmann von Blomberg
Nico Gaik)

AnnasHans Steunzer,
(Paul Erkamp)
KaiphasChristoph Stegemann,
(Philipp Kreinbucher)
1. PriesterMichael Schüler
3. PriesterKevin Armstrong
PriesterSamuel Kobel
SoulgirlsSarah Schütz
Jessica Fendler
Femke Soetenga
Mirjam Hofer
Gina Marie Hudson,
(Asia de Saleh)
Soulgirls TanzJulieta Anahi Frias
Fanny Hoffmann
Silvia Lambertoni,
(Mirjam Hofer)
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 11.07.2009 20:30Thunerseespiele, ThunPremiere
Di, 14.07.2009 20:30Thunerseespiele, Thun
Mi, 15.07.2009 20:30Thunerseespiele, Thun
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