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Rosa (2008 - 2011)
GRIPS Theater, Berlin

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Mit dieser musikalischen Rosa-Luxemburg-Biografie wird das GRIPS Theater erwachsener. Da mögen sich eine überragende Regine Seidler in der Titelrolle und ihre zehn Kollegen noch so sehr abrackern: Ob Jugendliche und junge Erwachsene mit dieser langatmigen, museal anmutenden Verehrung der Heldin der Arbeiterklasse wirklich etwas anfangen können, ist fraglich.

„War’s das jetzt mit dem Stück?“ fragt ein Besucher lautstark, nachdem die tödlichen Schüsse auf Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gefallen sind. Ja, das war’s. Nach dreißig Szenen in drei endlos wirkenden Stunden hat das Autoren-Team Volker Ludwig und Franziska Steiof der roten Rosa ein Denkmal gesetzt. Allerdings eines, das eine der bedeutendsten linken Politikerinnen des 20. Jahrhunderts als sozialistische Lichtgestalt glorifiziert.

Ludwig und Steiof spülen das Leben der in Polen geborenen Power-Frau, die der Arbeiterbewegung ein engagiertes, weibliches Antlitz gab, weich. Fehlanzeige für Kritik, selbst wenn Rosa sich mit ihren Gästen vom Hausmädchen Kaviar-Häppchen und Champagner servieren lässt. Wie derweil die kleinen Leute darben, deren Ideale sie vertritt, bleibt ebenso offen wie ihr Verhältnis zu Lenin. Stattdessen wird mit politischen Parolen nur so um sich geworfen, dass es einem schwindelig wird. Die Autoren hätten sich hier auf das Wesentliche beschränken sollen. Interessierte können in dem wirklich lesenswerten 64-seitigen Programmheft tiefer in die Materie einsteigen. Gelungen hingegen die Szenen, die sich mit Rosas Privatleben beschäftigen, das sie wesentlich jüngeren Liebhabern widmet.

Volker Ludwigs Faible für das politische Kabarett blitzt im Song „Rosa hilf“ auf, in dem die SPD-Parteiführung klagt „Wir sind die letzten Linken und drohen zu ertrinken im Sumpf der Reformisten, wenn das Marx und Engels wüssten“. Hier bricht das Stück aus seiner ideologischen Phrasendrescherei aus. Der ansonsten unterdrückte ironische Blick kommt zum Vorschein. Thomas Zaufkes Musik orientiert sich an Original-Arbeiterliedern, in den Kompositionen dominiert der Marschrhythmus. Daneben spiegelt er vor allem mit dem gefühlvollen „Blaue Flecken auf der Seele“ eindrucksvoll das Innenleben der Hauptfigur wider. Allerdings hat die Band NO REGRETS nicht allzu viele Aufgaben und muss sich manchmal nur mit einigen Takten Zwischenmusik begnügen.

Autorin Franziska Steiof führt auch Regie und erzählt Rosas Leben liebevoll, detailverliebt und ohne Inszenierungsmätzchen. Durch das historisierende, etwas zu sauber und adrett wirkende Kostümbild (Barbara Kremer) und die um Authentizität bemühte Maske (Sedija Husak) wirken die Typen auf der Bühne allerdings wie zum Leben erweckte Figuren aus einem Wachsfigurenkabinett. Jan Schröders kahler, weißer Bühnenraum kann durch das Aufziehen einer weißen Gardine nach hinten erweitert werden. Hier stehen zwei mobile Treppen vor wiederum weißen Wänden, auf die entweder Einblendungen wie „Sozialistenkongress Zürich, 1893“ Hinweise auf den Handlungsort geben, oder projizierte bunte Rechtecke für etwas Farbe sorgen. Die vordere Bühnenfläche kann durch einen in Richtung Publikum ragenden weißen Steg nach links und rechts variiert werden, wird allerdings hauptsächlich links bespielt.
Wie bei fast allen außerhalb des Kinderprogramms gezeigten GRIPS-Stücken mit Musik, steht auch hier eine weibliche Hauptperson im Vordergrund, alle anderen Darsteller spielen eine Vielzahl von kleineren Rollen. Dabei verfügt das Haus über ein sehr wandlungsfähiges, gesanglich versiertes Ensemble. Aus den Nebendarstellern ragen hier vor allem Michaela Hauser (Klara Zetkin u. A.) sowie Sebastian Achilles (Leo Jogiches u. A.) und Dietrich Lehmann (August Bebel u. A.) heraus. Schon rein vorlagenbedingt stiehlt die grandiose Regine Seidler in der Titelrolle ihren Kollegen allerdings die Schau. Mit Ausnahme weniger Augenblicke ist sie in allen dreißig Szenen auf der Bühne präsent und verkörpert mit hinkendem Gang eine für ihre Zeit in jeglicher Hinsicht außergewöhnliche Frau. Seidler variiert mühelos zwischen einer selbstlosen Kämpferin, einer verzweifelten Inhaftierten und einer lebenslustigen Frau, die sich ihre körperlichen Sehnsüchte nach Nähe erfüllt. Wer das Theater verlässt, behält vor allem ihre Leistung im Gedächtnis.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungFranziska Steiof
ChoreografieRomy Hochbaum
BühnenbildJan Schröder
KostümeBarbara Kremer
Musikalische EinstudierungBettina Koch
 
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CAST (AKTUELL)
Leo Jogiches, Staatsanwalt, ArbeiterSebastian Achilles
Karl Kautsky, Karl Lübeck, Richter, Polizist, Sekretär, HausbewohnerThomas Ahrens
Olympia Lübeck, Sonja Liebknecht, Polnische Arbeiterin, Hausmädchen Anna, Italienische JournalistinKatja Götz
Clara Zetkin, Mathilde Jakob, Rosas Mutter, Polnische Arbeiterin, HausbewohnerinMichaela Hanser
Kostja Zetkin, Bruno Schoenlank, Adolf Warszaski alias Warski, Französischer Journalist, Arzt, Hausbewohner, Gewerkschafter, Polizist, Arbeiter ohne NamenJens Mondalski
August Bebel, Robert Seidel, HausbewohnerDietrich Lehmann
Witold Feynstein, Paul Levi, Julian Marchlewski alias Karski, Revoluzzer, Polnischer Arbeiter, Deutscher Journalist, PolizistRobert Neumann
Rosa LuxemburgRegine Seidler
Luise Kautsky, Lehrerin, Anna Gordon, HausbewohnerinLaura Leyh
Ignaz Auer, Franz Mehring, Revoluzzer, Revolutionär, Reaktionär, HausbewohnerJörg Westphal
Karl Liebknecht, Gustav Lübeck, Gewerkschafter, Revoluzzer, Österreichischer Journalist, Josef LuxemburgRoland Wolf
Polnische Polizisten, Saalordner, Reichstagsdiener, SchweizerHerbert Sowinski
Manfred Grashoff-Ridder
 
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Do, 06.11.2008 19:30GRIPS Theater, BerlinVoraufführung
Fr, 07.11.2008 19:30GRIPS Theater, BerlinPremiere
Sa, 08.11.2008 19:30GRIPS Theater, Berlin
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