Wie zeitlos und munter ein Musical sein kann, das bereits über fünfzig Jahre auf dem Buckel hat, beweist dieser von Christian Struppeck und Andreas Gergen bearbeitete und in Szene gesetzte Abend. Dank der kurzweiligen, vor Witz nur so sprühenden Inszenierung und einer überragenden Hauptdarstellerin ist Irma immer noch ein flotter Feger.
Keine herabhängenden Prospekte, keine Wände, keine Vorhänge. Stephan Prattes Ausstattung besteht aus einer scheinbar auf die Schnelle aus unterschiedlichen Brettern zusammengezimmerten, leicht in Richtung Zuschauerraum angeschrägten Holzspielfläche. Darauf ein Kühlschrank und ein weißer Blecheimer. Vor der Bühne stapeln sich links und rechts Latten, sodass der Eindruck entsteht, eine Wandertheatertruppe sei mit dem Aufbau für die abendliche Vorstellung nicht fertig geworden. Wenn die Darsteller zum Klang der Ouvertüre durch den Zuschauerraum einziehen, tragen sie leere Mineralwasserkästen herein, die später als Sitzgelegenheiten oder Podeste in das Spiel integriert werden. Dann wird schnell noch mit weißer Farbe der Schriftzug „Paris“ auf die schwarze Bühnenrückwand gepinselt. Eh, voilà: Wir sind in der französischen Hauptstadt, hier alles andere als ein Postkarten-Idyll mit Eiffelturm.
In dieser spartanischen Ausstattung konzentrieren sich Christian Struppeck und Andreas Gergen (Bühnenfassung und Inszenierung) ganz auf den Klassiker von 1956, den sie gehörig entrümpelt und zu einem aberwitzigen Theater-Spaß aufgemotzt haben. Zudem haben Werner Meissner (Einrichtung) und Carsten Gerlitz (Arrangements und Orchestrierung) Marguerite Monnots Musik so bearbeitet, dass eine Dreimann-Combo sie flott und schräg interpretiert. Insbesondere im ersten Akt werden die sehr dem französischen Chanson verpflichteten Songs nicht voll ausgespielt, sondern nur für eine Strophe angespielt. Gerade bei schmachtenden Liebesliedern wie „Auf der Brücke von Caulaincour“ ein großer Vorteil, da sie nicht zum Fortgang der Handlung beitragen.
Das Regie-Doppel Struppeck und Gergen setzt ganz auf Tempo und verfolgt bis ins Finale hinein konsequent seinen Wandertheater-Ansatz. Darsteller, die nicht auf der Bühne agieren, pausieren am Rand. Sie ziehen sich dort sichtbar für die Zuschauer um, reichen Requisiten herein oder sitzen ganz einfach auf Stühlen und beobachten das Geschehen. Zur Freude des Publikums wird großes Theater mit beschränkten Mitteln geboten und herrlich improvisiert. Da wird ein hellblaues Tuch zum wogenden Ozean samt Schiffbrüchigen und Irmas tierischer Begleiter Gigi-Chou-Chou ist mit einem Wischmopp besetzt, der, wie es sich für einen ordentlichen Hund gehört, auch kläfft. Gags wie das menschliche Echo während der Trauung oder die vielen Zitate aus anderen Musicals (Präsentation der Babys wie bei „Der König der Löwen“) wirken niemals aufgesetzt und peinlich, sondern zünden punktgenau. Dazu hat Danny Costello eine quirlige Choreografie erdacht, die die Darsteller ständig auf Trab hält und wie im Louvre-Bild mit seinen tanzenden Goldrahmen frappierende optische Wirkungen erzeugt.
Umjubelter Star des Abends ist zu Recht Katharine Mehrling, die mit schwarzer Hochsteckfrisur die Irma zunächst als naive wie geschäftstüchtige Bordsteinschwalbe gibt, sich im Laufe der Handlung zu einer selbstbewussten, liebenden Frau wandelt. Mehrling haucht ihrer Irma Leben ein und spielt mit einer unübertroffenen Komik, etwa beim Showstopper „Dis Donc“. Hinzu kommt ihre geschmeidige, sichere Stimme, mit der sie mühelos durch die Partitur dahinzugleiten scheint. „Mein Herr“ (Milord) ist somit ebenso eine sichere Nummer wie das gallige „Irma la Douce“. Als ihr Liebhaber Nestor ist Andreas Gergen hingegen etwas blasser und wirkt insbesondere in den Eifersuchtsszenen um Irmas Freier etwas aufgesetzt. Auftrumpfen kann Gergen immer dann, wenn er seinem komischen Talent freien Lauf lassen darf. In der Verkleidung des schrulligen Lords und in den Szenen auf der Teufelsinsel und in Seenot ist er ein darstellerisches Ass. Stimmliche Probleme gibt es insbesondere bei tieferen Tönen und bei den hörbaren Registerwechseln in „Es gibt kein zurück“.
Brillant besetzt ist das restliche Ensemble: Uwe Dreves führt als verschmitzter Spelunken-Wirt Bob durch die Handlung und erläutert stimmschön „Unser Milieu“. Als Mecs und in vielen weiteren kleinen Aufgaben überzeugen Juan Mochales, Sebastian Smulders, Frank Brunet und Nico Gaik, der in den Ensemble-Nummern mit seinen Spitzentönen heraussticht. Gemeinsam mit Alex Friese, der einen zwielichtigen Inspektor gibt, tanzen alle Herren mit überschäumendem Temperament.
„Geht nach Haus, denn das Stück ist aus“. Mit diesem gesungenen Abendgruß entlässt die Wandertheater-Truppe ihr Publikum nach einer mitreißenden Vorstellung aus der tribuene. Diese Show unterstreicht nachhaltig, dass man für gutgemachte Musical-Unterhaltung weder High-Tech-Bühnen noch einen riesigen Ausstattungs-Etat benötigt. Ein pfiffiges Regie-Konzept und eine tolle Darsteller-Riege genügen.
Musical von Marguerite Monnot (Musik) und Alexandre Breffort (Buch und Liedtexte)
Deutsche Fassung: Ivo Kohorte
Deutsche Liedtexte: Hanns Berhardt
Fassung für die triebuene: Christian Struppeck und Andreas Gergen
Bearbeitung deutsche Liedtexte: Titus Hoffmann und Christian Struppeck
Deutscher Text „Milord“: Ina Deter
Do, 08.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | Voraufführung |
Fr, 09.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | Premiere |
Sa, 10.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
▼ 42 weitere Termine einblenden (bis 22.11.2008) ▼ |
---|
Di, 13.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 14.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 17.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Di, 20.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 21.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 22.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 23.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 24.05.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 04.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 05.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 06.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 07.06.2008 18:00 | tribuene, Berlin | geschlossene Vorstellung |
Mi, 18.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 19.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 20.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 21.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 25.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 26.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 27.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 28.06.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 02.07.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 03.07.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 04.07.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 05.07.2008 18:00 | tribuene, Berlin | ausverkauft |
Mi, 10.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 11.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 12.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 13.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 17.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 18.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 19.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 20.09.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Di, 11.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 12.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 13.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 14.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 15.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Di, 18.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Mi, 19.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Do, 20.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Fr, 21.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 22.11.2008 20:00 | tribuene, Berlin | |
▲ Termine ausblenden ▲ |
---|
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.