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Trotz schwacher Inszenierung und ziemlich unpassenden Bühnenbilds ist der Abend in der Hersfelder Stiftsruine nicht komplett verschenkt: Ordentliche Hauptdarsteller, der vorzügliche Chor und vor allem das klangvolle Orchester retten, was zu retten ist.
Auf der weitläufigen Bühne stehen mehrere Baugerüste, rollbar und meterhoch, die einzelnen Etagen durch Treppen verbunden. Das karge Bühnenbild von Robert Pflanz passt so gar nicht in die mittelalterliche Klosterruine, wenn auch der Kontrast zwischen altem Gemäuer und silberglänzendem Metall zunächst ganz reizvoll erscheint. Problematisch wird es, weil Regisseur Frank Alva Buecheler seine Darsteller während der zweieinhalb Stunden regelmäßig unmotiviert in den Gerüsten herumklettern lässt. Buecheler will damit vielleicht die innere Unruhe der Protagonisten versinnbildlichen oder auch je nach Etage einen anderen Ort andeuten, vom weitläufigen Zuschauerbereich aus hat aber zumindest das weiter hinten sitzende Publikum eher den Eindruck von hektischen Ameisen. Besonders auf die Nerven gehen die Bühnenarbeiter, die die Elemente fast nach jeder Szene an einen neuen Ort verschieben und damit abrupt den Fluss der Geschichte unterbrechen. Die beeindruckende Tiefe der Apsis, in anderen Inszenierungen schon auf geniale Weise eingesetzt, wird kaum genutzt.
Auch Buechelers Personenführung ist über weite Strecken fragwürdig: Bei „Ich muss erfahr’n“ singt Jekyll seine Lisa direkt an, als sei sie die Adressatin seiner Fragen und Wünsche – eine ziemlich widersinnige Auslegung der Szene. Aus den Vorstandsmitgliedern des Krankenhauses, eigentlich eine Runde von gefährlicher Doppelmoral, wird bei Buecheler gar ein Komödiantenstadl. Auch der Zuhälter Spider ist in seinem Leopardenmantel mehr Clown als Dämon – weshalb nur haben die „Mädchen der Nacht“ Angst vor ihm? Besonders problematisch ist die offensichtliche Anweisung des Regisseurs an seine Hauptdarsteller, sparsam mit großen Gesten umzugehen: Eine derart riesige Bühne will auch bespielt werden, der zurückhaltende Ansatz verfehlt hier völlig seine Wirkung. Eben weil der Gesichtsausdruck eines Darstellers ab Reihe zehn schon kaum mehr erkennbar ist, müssen ausladende Bewegungen her und nicht nur ein einsamer erhobener Zeigefinger bei „Dies ist die Stunde“. Nur die gelungenen Massenszenen können mit schönen, präzisen Choreographien (Rudi Reschke) und eindrucksvollem Chorgesang eine entsprechende Wirkung entfalten. Auffallend ist die teilweise Neuübersetzung des Stückes (Susanne Dengler/Eberhard Storz), die zumindest einige textliche Ungereimtheiten der Urversion bereinigt.
Jan Ammanns („Mar i Cel“) strahlende, sicher geführte Stimme passt prima zum bewunderten Helden – und so legt er die Rolle auch an. Seine Soli sind wahre Arien, Ammann weiß, was er kann. Allerdings ist er als Jekyll vor der Verwandlung zu wenig emotional, zu wenig Getriebener. Was den Arzt antreibt, das gefährliche Elixier an sich selbst zu testen, wird nicht deutlich genug. Erst später, in Jekylls Verzweiflung über das misslungene Experiment, ist Ammanns Darstellung glaubhaft. Den Dämon Hyde gibt er dagegen wiederum zu wenig brutal, zu glatt – die Morde geschehen sozusagen im Vorübergehen. Deshalb ist nach der Verwandlung die Unterscheidung beider Rollen für den Zuschauer nicht immer einfach. Ammann variiert Gestik, Gang und Stimme nicht ausreichend; seine Hyde-Stimme ist zwar tiefer und voller, aber er singt auch den verzweifelten Jekyll im zweiten Teil mit etwas dunklerer Stimmfärbung. Um Hyde darzustellen, wird Jekylls Kostüm (verantwortlich: Hannelore Nennecke) durch einen braunen Ledermantel mit hohem Kragen ergänzt. Hin und wieder, aber nicht durchgängig, trägt Hyde außerdem eine Melone; die kurzen, nach hinten gegelten Haare bleiben, wie sie sind. Insgesamt ist das zu wenig, um beide Charakter visuell zu trennen.
Annemieke van Dam spielt eine anmutige, ihrem Verlobten gegenüber aber zu verständnisvolle Lisa. Sie kann mit makellos schöner, kraftvoller Beltstimme beeindrucken, „Nur sein Blick“ mit Marysol Ximénez-Carillo als Lucy (sie sprang in der besuchten Vorstellung für die erkrankte Maaike Schuurmans ein) gerät zum großen Showstopper des Abends. Ximénez-Carillo gebührt Respekt für eine insgesamt gelungene Rolleninterpretation nach nur wenigen Proben. Nach Startschwierigkeiten – beim zaghaften, übrigens auch neu übersetzten „(Schaff die) Männer ran“ sticht sie kaum aus der Girls-Reihe heraus – singt und spielt sie sich immer besser ein und kann in „Gefährliches Spiel“ mit gefühlvoller Stimme punkten. Von Ekel und Angst vor Hyde ist in dieser Szene allerdings kaum etwas zu spüren, was daran liegen mag, dass Ammann einfach nicht furchteinflößend genug spielt.
Besondere Erwähnung verdient hingegen das starke Orchester unter der sicheren Leitung von Christoph Wohlleben. Der prächtige Streicherklang und die satten Bläser sind sauber abgemischt, nur selten fehlt bei schnellen Nummern etwas der „Drive“. Dass zumindest die musikalische Seite des Abends positiv in Erinnerung bleibt, ist vor allem ein Verdienst der Musiker.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Christoph Wohlleben |
Regie | Frank Alva Buecheler |
Choreografie | Rudi Reschke |
Bühne | Robert Pflanz |
Kostüme | Hannelore Nennecke |
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CAST (AKTUELL) |
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Jekyll/Hyde | Jan Ammann |
Lucy | Maaike Schuurmans |
Lisa | Annemieke van Dam |
Utterson | Rory Six |
Sir Danvers Carew | Matthias Degen |
Spider | Sören Kruse |
Bischof Basingstoke | Mathias Schiemann |
General Lord Glossop | Rudi Reschke |
Archibald Proops | Tom Tucker |
Lady Beaconsfield | Svenja Kühl |
Nellie | Silke Dubilier |
Lord Savage | Olaf Meyer |
Priester/Stride | Till Schubert |
Poole | Sven Prüwer |
Zeitungsjunge | Chris Brewer |
Girls und Ladies | Sonja Atlas Eva Maria Bender Kerstin Dietrich Constanze Möricke Josefine Nickel Barbara Obermeier Dominika Szymanska Marysol Ximénez-Carrillo |
Extrachor | Chorverein Bad Hersfeld |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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