Jason Robert Browns Kammermusical in einer ziemlich misslungenen Inszenierung von Jean Renshaw, deren einzige Lichtblicke die beiden großartigen Darsteller Frederike Haas („Chicago“, Wien) und Alen Hodzovic („Phantom der Oper“, Stuttgart) sind.
Was spricht dagegen, die Songs in „Die letzten fünf Jahre“ mehr oder weniger nahtlos aufeinander folgen zu lassen, wie es der Autor und Komponist Jason Robert Brown vorgesehen hat? Welchen Mehrwert für das Stück verspricht sich die Regisseurin Jean Renshaw, wenn sie zwischen die mitreißenden und meisterhaft komponierten Songs minutenlange, fast inhaltsleere Schauspielszenen einfügt? Entgeht ihr, dass sie damit das ursprünglich dichte, den Zuschauer auf hohem künstlerischen Niveau 90 Minuten lang fesselnde Werk in kleine Splitter sprengt, die dann ohne Halt im Raum stehen? Immer wieder müssen die beiden Darsteller eine Intensität neu aufbauen, die sich im eigentlich durchkomponierten Score quasi von allein fortpflanzen und bis zum Schluss immer mehr steigern könnte. Statt dessen ein ständiges Auf und Ab: Auf wunderbar gesungene, intensiv interpretierte Songs folgen meist kraftlose Spielszenen, die im Vergleich zwangsläufig abfallen (meistens passiert nichts, das nicht während der Songs sowieso angedeutet wird) und das Stück außerdem unnötig in die Länge ziehen. Renshaw glaubt offenbar nicht daran, dass Browns Musical in der „Lied-folgt-auf-Lied-Version“ für sich selbst stehen kann. Oder sie will ihren Darstellern nur genügend Zeit zum Umziehen geben.
Der zweite Inszenierungsfehler der Regisseurin ist ein logischer: Songs wie „Ich bin Teil davon“ profitieren sicher davon, wenn der jeweils andere Darsteller als stiller Ansprechpartner auf der Bühne zu sehen ist. Bei Renshaw kommunizieren beide jedoch regelmäßig direkt, obwohl sie sich doch nur einmal in der Mitte des Stücks tatsächlich in derselben Zeit befinden. Dadurch verlieren die gegenläufigen Zeitlinien fast völlig ihren eigentlichen Sinn. Nachdem Cathy zunächst voll Enttäuschung und Trauer „Ich steh weinend da“ gesungen hat, taucht sie in der nächsten Szene unvermittelt wieder auf und mimt während „Meine Göttin“ die Frischverliebte. Sie lacht Jamie an, albert gar mit ihm herum und ist damit, obwohl für die Aussage des Songs überhaupt keine Notwendigkeit dazu besteht, aktiv Teil der Szene. Dieses Hin- und Herspringen zwischen den Zeitebenen passiert ständig, ist dabei aber immer unlogisch, verwirrt das Publikum und verwässert die Dramaturgie des Stücks.
Zum negativen Gesamteindruck der Inszenierung trägt wesentlich das desolate Bühnenbild (Ingomar) zusammen mit einer fast völlig statischen Beleuchtung (Günther Neumann) bei. Zwölf dunkelgraue Tische mit 24 Stühlen stehen im Rechteck auf der schrägen Bühne und sollen das Café darstellen, in dem Cathy zu Beginn der Beziehung arbeitet – die meisten Szenen spielen jedoch gar nicht im Café. Die Bühne wird von Anfang bis Ende in gleichmäßig fahles Licht getaucht, mal etwas heller, mal etwas dunkler – keine Filterwechsel, kein follow spot, hier herrscht Einfallslosigkeit. Requisiten wie ein Plastikweihnachtsbaum oder eine Picknickdecke sollen bei der Identifizierung des eigentlichen Schauplatzes helfen. Die Darsteller kämpfen gegen diese unwirtliche Szenerie an, sie wirken oft verloren inmitten der Tischlandschaft. Wie leicht ließen sich die jeweiligen Handlungsorte mit innovativerer Beleuchtung und wenigen Hilfsmitteln andeuten, ohne den Blick auf das Wesentliche zu verstellen! Die Produktionen in Wuppertal und London haben es vorgemacht.
Frederike Haas (Cathy) und Alen Hodzovic (Jamie) haben es dementsprechend schwer, zu glänzen – doch sie schaffen es und retten mit ihren Leistungen den Abend. Haas berührt mit ihrem Spiel, sie trauert und hadert während der ersten beiden Soli mit großer Eindringlichkeit und spielt anschließend mal dramatisch und mal komisch. Ihre Stimme meistert dabei die hohen Anforderungen, die Brown an Sänger seiner Stücke stellt, mit Leichtigkeit. Hodzovic fehlt am Premierenabend zu Beginn ein wenig die Power, aber spätestens ab dem „Lied von Schmuel“ ist er in seinem Element. Bis hin zu „Keiner muss das erfahr’n“, seinem besten Song, steigert sich Hodzovic immer mehr in die Rolle hinein und kann zum Ende hin restlos überzeugen. Auch die viel zu seltenen Duette („Die nächste Stunde“, „Mach’s gut bis morgen / Ich konnte nie dein Retter sein“) garantieren Gänsehaut.
Das Fürther Stadttheater verdient Anerkennung für die Entscheidung, dieses in Deutschland fast unbekannte Kammermusical – wenn auch vorerst nur für eine gute Woche – auf den Spielplan genommen und dafür zwei hochkarätige Gäste verpflichtet zu haben. Leider wird die Inszenierung weder dem Stück noch den Darstellern gerecht.
Do, 17.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | Premiere |
Fr, 18.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
Sa, 19.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
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Di, 22.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
Mi, 23.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
Do, 24.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
Fr, 25.04.2008 19:30 | Stadttheater, Fürth | |
Sa, 07.06.2008 19:00 | Stadttheater, Ingolstadt | |
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