Vierte Auflage der ZBF-Veranstaltung: Mitte Januar 2007 haben sich 27 Musical-Absolventen der Hochschulen in München, Leipzig, Essen, Berlin und Wien dem Fachpublikum präsentiert. Die stärksten Einzelleistungen zeigten die Absolventen des Konservatoriums Wien, die beste Show lieferte aber die gastgebende Universität der Künste (UdK).
Einmal jährlich organisiert die Zentrale Bühnen-, Fernseh- und Filmvermittlung (ZBF), eine Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit, die rund sechsstündige Show. Musicalabsolventen der Hochschulen in Deutschland und Österreich präsentieren sich mit Songs, Szenen und Monologen potenziellen Arbeitgebern. Im Publikum sitzen Intendanten, Produzenten, künstlerische Leiter und Castingbeauftragte – Kontakte knüpfen erwünscht. Zudem lässt die ZBF ein Präsentationsvideo erstellen.
Bei der vierten Auflage gingen die Absolventen der Essener Folkwang-Hochschule als erste an den Start. Sie mussten mit einer Rumpfbesetzung auskommen. Anika Lehmann fiel krankheitsbedingt aus, ihre Rolle in den Szenen der hauseigenen „Bat Boy“-Produktion wurde eingelesen. Marc Liebisch war ebenfalls angeschlagen, konnte zwar spielen, aber nicht singen. Blieben nur zwei fitte Akteure: Patrizia Margagliotta zeigte sich im Chansonfach spielstark („Birnbaum-Rhapsody“), Markus Campana gefiel mit dem „Matrosen-Song“ von Brecht und Weill.
Die Leipziger Hochschule für Musik und Theater hatte mit Julia Bielinski nur eine Kandidatin gemeldet. Die Stärken, mit denen die Leipziger im Vorjahr aufgetrumpft hatten – das szenische Spiel und die liebevolle Inszenierung – konnte sie daher nicht nutzen. In Monologen und Balladen zeigte Bielinski eine solide Leistung, mit einem misslungenen „I’m a Woman“ aus „Smokey Joe’s Cafe“ zum Abschluss tat sie sich aber keinen Gefallen.
Hatte die Bayerische Theaterakademie 2006 noch fast ausschließlich auf die stimmlichen Qualitäten ihrer Absolventen vertraut, wurde bei dieser Show wesentlich mehr gespielt. Das war konsequent, denn während die Absolventen im Vorjahr gesanglich besser waren, hatte dieser Jahrgang stärkere Typen zu bieten. Konstantin Krisch als harmloser Junge und Marella Martin als die Robuste spielten ihre Bühnencharaktere bei „Hengst und Babe“ von Roberts und DiPietro voll aus. Sven Fliege als der starke Glatzkopf glänzte mit kräftiger Rockstimme („Heaven on Their Minds“), Nina Janke gab die Verruchte mit rauchiger Alt-Stimme. Marc Lamberty und Daniel Berini fiel es in dieser Show schwerer, bleibende Eindrücke zu hinterlassen.
Die unterhaltsamste Show lieferte die mit neun Absolventen vertretene UdK ab. Die Songs und Szenen waren so ausgewählt, dass das Publikum mit häufigen, zum Teil harten Stil- und Themenwechseln aufmerksam gehalten wurde. Die Übergänge waren so inszeniert, dass die Akteure der vorangegangenen Nummern meistens noch in den Beginn der Folgeszene eingebunden waren – anders als etwa bei der folgenden Wiener Präsentation, bei der das Schema Song-Abgang-Auftritt-Szene vorherrschte. Wie schon im Vorjahr präsentierte sich die UdK als tanzstärkste Hochschule, beispielhaft der Nonsens-Song „Moses Matrosen“, bei dem David Arnsperger, Martin Kiuntke, Bernard Niemeyer und Michael van Stark mit witziger Choreographie und starker Akrobatik das Publikum zum Toben brachten. Aus dem Frauenensemble (Nadine Stöneberg, Isabell Horn, Franziska Lessing, Patricia Röder, Juliana Maria Wollf) blieben Lessings „Leider geht’s nicht allein“ („Chicago“) und Horns Monolog aus „Norway.Today“ in Erinnerung. Typisch für den peter-lundschen Humor, der die gesamte Inszenierung durchwehte: Der Abschlusssong „This Is the Moment“ dürfte wohl erstmals mit einem Backgroundchor aufgeführt worden sein, dem Sänger in Kostümen von Kurt, dem Käfer, und Flip, dem Grashüpfer, angehörten.
Die Stärke der Teilnehmer vom Konservatorium Wien: mittelgroße, schlanke junge Frauen, die vor allem mit ihren Balladen punkten können. Das Problem der Wiener: zu viele ähnliche Typen mit ähnlichen Songs, die für das Publikum etwas ermüdend sind. So gab es den meisten Applaus dann auch nicht für die stimmstarken Frauen (Irena Flury, Sandra Högl, Birgit Radeschnig, Nicole Radeschnig, Elisabeth Sikora), sondern für die spielfreudigen Männer (Oliver Arno, Jan Hutter, Bernhard Viktorin) mit ihrem „Musical-Medley“ – einer Szene, für die Textzeilen aus „Tanz der Vampire“, „Elisabeth“ und „3 Musketiere“ so pfiffig aneinandermontiert wurden, das daraus eine Love-and-Sex-Story zwischen zwei Kirchenmännern entstand. Die musikalisch wie choreographisch schönste Nummer des gesamten Tages lieferten die Wiener Absolventen aber gemeinsam: die „Bohemian Rhapsody“ von Freddy Mercury als im klassischen Chorstil arrangierte und als Ballett getanzte Ensemblenummer.
Und wer sind nun die Stars der Zukunft? „Den“ Abräumer der Absolventenpräsentation 2007 gibt es nicht. Die beteiligten Hochschulen haben erneut bewiesen, dass sie eine gute Ausbildung machen – schauspielerisch waren die Leistungen durch die Bank gut bis sehr gut, auch tänzerisch gab es nichts zu meckern (wobei die einzelnen Absolventen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade gewählt hatten). Gesanglich zeigten sich einige Teilnehmer schon bestens präpariert, anderen fehlte hörbar noch die Kraft und die Erfahrung, um zu glänzen. Aber die Karrieren stehen ja auch noch am Anfang.
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