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„Les Misérables“ auf der Seebühne in Thun ist solides Freilicht-Musiktheater mit überzeugenden Solisten. Man hätte aber mit einer konsequenteren Linie des Kreativ-Teams und mit einer etwas mutigeren Inszenierung weit mehr aus diesem Stück herausholen können.
Hinter den Verantwortlichen der Thuner Seespiele liegt ein turbulentes Jahr. Nach der Trennung von Regisseur und Mitbegründer Ueli Bichsel führt zum ersten Mal Urs Häberli Regie, und ein Kompromiss mit einigen beschwerdeführenden Nachbarn führte zu Auflagen, die den Spielbetrieb massiv beeinflussen. So musste das Werk zum Beispiel auf 2 ¼ Stunden zusammen gestrichen werden und wird ohne Pause gespielt. Auch konnten im Vorfeld der Premiere nur drei Abendproben abgehalten werden, und das Orchester spielt völlig abgeschottet unter der Bühne, was den Klang trotz modernster Tontechnik eindimensional und farblos wirken lässt. Lediglich der Kopf des musikalischen Leiters Iwan Wassilevski ragt mitten auf der Bühne aus einem Loch im Boden, was nicht nur für die Darsteller, sondern auch für das Publikum gewöhnungsbedürftig ist. Durch das Fehlen eines Orchestergrabens sitzt das Publikum in den vordersten Reihen keine zwei Meter von der Spielfläche entfernt. Bei dieser Nähe ist es für die Besucher schwer, die gewaltigen Dimensionen der Bühne zu überschauen. Vor allem zu Beginn des Stücks, wenn wegen des hellen Tageslichtes noch keine Akzente durch die Beleuchtung gesetzt werden können, fällt es schwer, sich zu orientieren.
Das Bühnenbild von Dany Rhyner wird dominiert von großen, grauen Wänden und Kuben, die sich verschieben lassen und so verborgene Treppen oder auch die Sicht auf den Thuner See freigeben. Als zweites Gestaltungselement setzt Rhyner auf orangefarbene Rohre, die auch zum Bau der Barrikaden genutzt werden. Als drittes gibt es überdimensionale, braune Kanalrechen, die je nach Szene als Hausmauer, Leiter oder Fenster fungieren. Als Zeichen für die Macht der allgegenwärtigen Obrigkeit überspannt eine Brücke die Bühne. Diese symbolträchtige Spielebene wird aber von Regisseur Urs Häberli viel zu wenig eingesetzt. Weitere Gestaltungselemente sowie Requisiten fehlen fast gänzlich, was gewissen Szenen einen grotesken Touch gibt, so zum Beispiel bei Fantines Tod, wo diese auf einem Holzklotz liegt, der nur durch ein Stück Stoff entfernt an ein Bett erinnert.
Carla Prang wechselt bei ihren Kostümen zwischen abstrakter Einfachheit und epochengerechter Üppigkeit. Farblich setzt sie zum schlichten Bühnenbild gelungene Akzente, so zum Beispiel bei Fantines Rauswurf aus der Fabrik, wo die zarten Farben der Arbeiterinnen-Kleider vor dem Grau der Bühne regelrecht zu leuchten scheinen. Einige Missgriffe stören jedoch das ansonsten gelungene Konzept. So sind zum Beispiel die Matrosen bei „Leichte Mädchen“ in weisse Schlaghosen und Ringelshirt gekleidet, was eher zu Bernsteins „On The Town“ passen würde. Die Thénardier-Bande erinnert an eine Zigeuner-Truppe, und Fantine ist kein armes Fabrikmädchen mit schweren Schuhen, wollenem Schal und abgetragenem Wollkleid, sondern eine Diva mit Tanzpumps, verzierter Korsage und einer roten, samtenen Stola.
Sibylle Carpinelli unterstützt mit ihrem Maskenbildner-Team gekonnt den Zahn der Zeit, der an Jean Valjean und Javert nagt, und hält sich sonst vornehm zurück. Einzig beim Hochzeitsfest werden die Perücken etwas ausgefallener. Bei der Premiere fiel diese auch von den Kostümen her sehr reizvolle Szene leider dem strömenden Regen zum Opfer. Als Choreographin wird im Programmheft Lisa Schmalz genannt. Bis auf einen biederen Gefangenen-Tanz, ein paar unkoordinierte Bewegungen der leichten Mädchen und einen banalen Schritt beim „Lied des Volkes“ konnten aber keine Tanzschritte ausgemacht werden.
Da es Regisseur Urs Häberli nicht gelungen ist, neue, kreative Ideen in die Inszenierung einzubringen, liegt das Gelingen der Produktion schlussendlich in den Händen der Darsteller. Allen voran zeigt Sergio-Maurice Vaglio einen überzeugenden, gefühlvollen Jean Valjean, auch wenn er stimmlich an seine Grenzen stößt und die Anstrengungen der anspruchsvollen Rolle vor allem „Bring ihn heim“ zu einer Zitterpartie werden lassen. Norbert Conrads als Inspektor Javert ist die Gefühlskälte in Person und überzeugt mit vollem, facettenreichen Gesang. Ebenfalls zu überzeugen wissen Oliver Arno als Marius und Carin Lavey als Cosette. Die beiden harmonieren im Spiel wie auch gesanglich vortrefflich. Ihren Rollen nicht ganz gerecht werden Astrid-Frédérique Pfarrer als Eponine und Petra Madita Kübitz als Fantine. Pfarrer bringt die Eponine mit viel Wärme und Kraft, kann aber als klassische Sängerin den Liedern nicht den nötigen Schwung verleihen. Kübitz hingegen überzeugt gesanglich, ist aber im Spiel mehr sterbender Schwan als verzweifelte Mutter.
Eine gehörige Portion Schwung bringen die Studenten in die Show. Unter der Führung von Michael Eisenburger als Enjolras agieren Martin Pasching, David Morell, Jan-Martin Mächler, Thomas Mathys und einige Herren des Chores mit viel Spielfreude. Der Kampf auf den Barrikaden wird dank ihnen und auch dank einiger pyrotechnischer Einlagen zu einem wahren Feuerwerk. Heike Schmitz und Uwe Schönbeck als Ehepaar Thénardier können ebenfalls die Sympathien des Publikums gewinnen. Schade nur, dass ihr „Bettler ans Buffet“ gestrichen wurde.
Als letzter Akteur sei noch kurz der Wettergott erwähnt, der am Premierenabend genau auf Eponines „Nur für mich“ mit den Zeilen „Regen fällt, die Strasse fliesst wie Silber“ seine Schleusen öffnete und so einige Lacher und Szenenapplaus erntete.
Man hat „Les Misérables“ wahrscheinlich schon besser gesehen, wer aber das besondere Ambiente einer Freilicht-Aufführung schätzt und auch eine liebevoll gestaltete Gastronomie mit themenbezogener Kulinarik mitbewertet, kommt in Thun ganz sicher auf seine Kosten.
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
KREATIVTEAM |
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Regie | Urs Häberli |
Musikalische Leitung | Iwan Wassilevski |
Bühnenbild | Dany Rhyner |
Kostüme | Carla Prang |
Choreographie | Lisa Schmalz |
Dramaturgie | Daniel Allenbach |
Choreinstudierung | Patrick Ryf |
Lichtdesign | Rolf Derrer |
Tondesign | Thomas Strebel |
Kreativteam | Cast | Termine | Termine (Archiv) | ||||||
CAST (AKTUELL) |
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Valjean | Sergio-Maurice Vaglio Martin Pasching |
Javert | Norbert Conrads David Morell |
Eponine | Astrid Pfarrer Carin Lavey |
M. Thenardier | Uwe Schönbeck Frank Winkels Thomas Mathys |
Fantine | Petra Madita Kübitz Petra Weidenbach |
Marius | Oliver Arno Jan-Martin Mächler |
Cosette | Carin Lavey Evita Komp |
Enjolras | Michael Eisenburger Jan-Martin Mächler |
Mme Thenardier | Heike Schmitz Jessica Fendler |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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TERMINE (HISTORY) |
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