Weitgehend gelungene Produktion des selten gespielten Polit-Musicals von Benny Andersson, Björn Ulvaeus und Tim Rice in der deutschen Version von Ulrich Brée und Markus Linder. Nach einer englischsprachigen Inszenierung 2000 in Baden-Baden und einer deutschsprachigen Version 2002 in Kassel wird „Chess“ zum dritten Mal in Deutschland gezeigt.
Die Besetzung von Regisseur und Intendant Johannes Reitmeier vertraut ganz auf Mitglieder des Pfalztheater-Ensembles und in der Region bekannte „Gaststars“. Dieses Konzept geht auf: Alle Protagonisten zeigen solide bis starke Leistungen. Andy Kuntz verkörpert den russischen Schachspieler Anatoly Sergievsky glaubwürdig und mit großer Eindringlichkeit, hat aber im Gegensatz zu seinen Auftritten bei „Abydos“ und „Jesus Christ Superstar“ wenig Gelegenheit, mit seiner Rockstimme zu glänzen. Seinen Gegenspieler, den Amerikaner Frederick Trumper, gibt Randy Diamond ebenso überzeugend. Ihm gelingen die selbstdarstellerischen Posen des Exzentrikers genauso wie die dramatischen Momente des am eigenen Ego und an der Tablettensucht zerbrochenen Mannes. Seine Stimme ist den Höhen der anspruchsvollen Partitur nicht immer gewachsen, was aber den positiven Gesamteindruck kaum schmälert. Mit „One Night in Bangkok“ (im Gegensatz zu den restlichen Songs in Englisch gesungen) präsentiert Diamond außerdem den großen Hit des Abends.
Als Florence, Trumpers Beraterin und später Anatolys Geliebte, imponiert Astrid Vosberg vor allem gesanglich. Ihre Rollenauslegung ist insgesamt gelungen – sie wirkt allerdings in den Spielszenen meist eine Spur zu arrogant und unsympathisch, um beim Liebesduett oder dem bekannten „I know him so well“ Anteilnahme im Zuschauer wecken zu können. Alexis Wagner als Klischee-Russe Molokov mit großartigem Bass, Günther Fingerle als zweiter amerikanischer Berater Walter de Courcey und Anna Carolin Stein als Anatolys Frau Svetlana machen ihre Sache gut.
Die Rolle des Schiedsrichters gestaltet Ulrich Wewelsiep fast schon clownesk, seine Bewegungen und Tanzschritte sitzen dabei wesentlich besser als die Töne. Er hat hörbar Probleme mit dem Showstopper „Arbiter’s Song“ und wird zusätzlich fast vom zwar beeindruckend aufspielenden, aber zu laut abgemischten Pfalztheater-Orchester übertönt. Dieses Problem zieht sich übrigens durch die gesamte Aufführung: Die Chorstücke, aber auch viele weitere Songs mit mehr als zwei Sängern, sind (zumindest im vorderen Parkett) schwer bis gar nicht zu verstehen. Dadurch erschließt sich die ohnedies komplizierte Handlung leider nicht lückenlos, wenn man – wie wahrscheinlich der größte Teil des Kaiserslauterer Publikums – das Stück noch nicht kennt.
Reitmeiers Personenführung ist insgesamt stringent: Die Rivalität zwischen Anatoly und Frederick, die komplizierte Dreiecksbeziehung mit Florence sowie die innere Zerrissenheit der drei Protagonisten werden gelungen umgesetzt. Eine grobe Unstimmigkeit fällt allerdings auf: Die erste Annäherung zwischen Florence und Anatoly, die während der ersten Treffen der beiden Spieler und ihrer Delegationen stattfinden soll, wird einfach weggelassen, so dass sich die beiden beim Aufeinandertreffen im Restaurant ganz „plötzlich voneinander angezogen“ (Programmheft-Text) fühlen. Woher diese unvermittelte Anziehung kommt, bleibt im Dunkeln.
Das große Plus der Inszenierung sind, neben guten Darstellerleistungen und starker Unterstützung aus dem Orchestergraben, die visuellen Eindrücke. Grandiose Balletteinlagen, ein großer Chor und viel Statisterie füllen immer wieder die Bühne und tragen dabei ständig neue Kostüme (veranwortlich: Antje Adamson), die trotz der vorherrschenden Farben Schwarz und Weiß sowie des erwartbaren Schachmusters originell wirken und mal schlicht, mal spektakulär sind. Auch die Bühne (Michael Zimmermann) verändert sich ständig und verlagert das Geschehen kunstvoll und ideenreich sowohl in der Tiefe als auch auf unterschiedliche Höhenebenen. Mit dieser Technik gelingt sogar eine eindrucksvolle optische Täuschung: Die stufenweise angeordneten Bühnenteile vermitteln den Eindruck eines riesigen schrägen Schachbretts, auf dem das von Stefano Giannetti sehr schön choreographierte Instrumentalstück „Chess II“ zu einem visuellen Höhepunkt des Premierenabends wurde.
Sa, 21.10.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | Premiere |
Mi, 25.10.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Sa, 28.10.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
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Sa, 04.11.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Sa, 11.11.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Mi, 15.11.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
So, 19.11.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Di, 28.11.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Fr, 15.12.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Di, 26.12.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Fr, 29.12.2006 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Sa, 06.01.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
So, 14.01.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Sa, 27.01.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Sa, 17.02.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
Di, 27.02.2007 19:30 | Konzertsaal im Pfalzbau, Ludwigshafen | |
Mi, 28.02.2007 19:30 | Konzertsaal im Pfalzbau, Ludwigshafen | |
So, 25.03.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
So, 08.04.2007 19:30 | Großes Haus, Kaiserslautern | |
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