Am 28. Dezember 2005 wäre Hildegard Knef achtzig Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigt die Berliner Bühne, auf der die Knef bereits kurz nach dem Krieg auftrat, dieses musikalisch-seelische Portrait.
„Eins und eins das macht zwei“. Dieses bekannte Knef-Chanson beschließt eine Produktion, die genau diese mathematische Grundregel eindrucksvoll widerlegt: In dem Stück von James Lyons ergeben eins (Hilde) und eins (Knef) wiederum eins: Hildegard Knef. Der Autor lässt die in einem Hotelzimmer an ihrer Biografie tippende Knef auf ihr eigenes junges Ich Hilde treffen. Gemeinsam lassen beide das Leben der Diva Revue passieren – umrahmt von Songs, die die Knef interpretiert hat. Mit schlagzeilenähnlichen, teilweise nur aus wenigen Worten bestehenden Sätzen, führen Jung-Hilde und Alt-Knef in Monologen oder Gesprächen zu Triumphen (zum Beispiel Broadway-Engagement, Chanson-Auftritte) und Tiefpunkten (Kriegserlebnisse, Krebserkrankung). Einzeln oder gemeinsam berichten sie mal distanziert in der dritten Person, dann kommunizieren sie plötzlich in der persönlicheren Ich-Du-Form. Gleichzeitig kommentieren die Darstellerinnen auch als Nebenfiguren das Geschehen. Zuschauer, die sich in der Biografie nicht so genau auskennen, laufen daher Gefahr, schnell den Überblick zu verlieren.
Ein glücklicheres Händchen hat Lyons bei der Songauswahl und deren Platzierung innerhalb des Stücks: Manche illustrieren die Handlung (Songs aus Cole Porters „Silk Stockings“ – Broadway-Engagement), andere entsprechen dem Seelenzustand („Leg doch nur einmal den Arm um mich rum“ – Entfremdung in der Ehe). Im zumeist jazzigen Arrangement (William Ward Murta) singen die Darstellerinnen sie im Duett, oft aber auch als Solo oder zeilenweise abwechselnd. In diesen Fällen kommentiert die Nicht-Sängerin die Liedtexte oder schildert Hildegard Knefs Gedankengänge.
Stückautor Lyons fungiert in Berlin auch als Regisseur. Er setzt ganz auf Tempo und gibt weder seinen Zuschauern noch den beiden Darstellerinnen Raum für eine Verschnaufpause. Schlag auf Schlag folgt Spiel auf Gesang, so dass Hildegard Knefs Leben in einem Affenzahn über die Bühne gepeitscht wird. Die ein oder andere kurze Zäsur zwischen den einzelnen Lebensstationen hätte gut getan. Ein Sonderlob gilt Bühnenbildner Axel Schmitt-Falckenberg. Er hat drei transparente, verschiebbare Gaze-Wände auf die Bühne gestellt, die den Blick auf immer neue Spielorte freigeben und auch als Projektionsfläche für Bilder vom im Krieg zerstörten Berlin oder von Filmplakaten dienen. Durch eine Tür ragt ein weißer Flügel auf die Bühne, an dem Ferdinand von Seebach sitzt, der gemeinsam mit Andreas Henze am Kontrabass für die musikalische Begleitung sorgt. Anja Herden schwelgt in ihrem Kostümbild in großen Roben, hat aber auch schlichte Hosenanzüge und flippige Flower-Power-Outfits für die Szenen in den siebziger Jahren entworfen. Ursula Boin zaubert mit Perücken und Schminke zwei Hildegard Knef-Doubles.
Für die „Two-Women-Show“ hat die Tribüne zwei großartige Darstellerinnen verpflichtet: Roswitha Benda als Knef hat dabei die schwerere Aufgabe zu bewältigen. Als ältere Knef singt sie ihre Songs mit der typischen dunklen Stimmfärbung und zeigt die hinlänglich bekannten Gesten. Glücklicherweise löst die Benda sich im Verlauf der Vorstellung immer mehr von der bloßen Kopie und entwickelt ihr ganz eigenes Rollenbild: eine leicht verletzbare aber auch stolze Knef, die ihren eigenen Weg geht und sich durch Niederlagen nicht einschüchtern lässt. Als Juniorausgabe steht ihr in der besuchten Premiere Jennifer Julia Caron ebenbürtig zur Seite. Sie gibt mit viel Herz und dem gehörigen Quäntchen Humor die wilde Hilde, die sich trotzig durch das Leben schlägt. In einer Mini-Stepp-Einlage (Choreografie: Jana Stankova) stellt sie auch ihre tänzerischen Qualitäten unter Beweis. Leider haben beide Darstellerinnen hörbare Probleme mit den tiefen Tönen der Knef-Chansons, was man verzeihen kann, da ihr Rollenvorbild im Stück mehr als nur einmal zugibt, dass sie eigentlich gar nicht singen könne.
Wenn zum Schluss von „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ diese wirklich vom Bühnenhimmel rieseln und Hilde und Knef auf einer Wippe sitzend vor einem Sternenhimmel „Eins und eins das macht zwei“ singen, dann ist das ein sehr kitschiges Finale. Bedenkt man allerdings, dass diese große Künstlerin auch schon auf den Brettern der Tribuene stand, dann verzeiht man einiges und lässt auch zu, dass eins und eins einmal nicht zwei sind.
Do, 15.12.2005 20:00 | tribuene, Berlin | Premiere |
Fr, 16.12.2005 20:00 | tribuene, Berlin | |
Sa, 17.12.2005 20:00 | tribuene, Berlin | |
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So, 18.12.2005 16:00 | tribuene, Berlin | |
Mo, 19.12.2005 20:00 | tribuene, Berlin | |
Di, 20.12.2005 20:00 | tribuene, Berlin | |
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