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Evita (2006 - 2007)
Großes Haus, Hagen

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Eine vom Premierenpublikum bejubelte Inszenierung, die mit einem teilweise überforderten Ensemble, einem unausgewogenen Inszenierungskonzept und einer sehr schlechten Tontechnik aufwartet.

Peter Zeugs Inszenierungskonzept von „Evita“ in Hagen erinnert an die Wiener Version von „Elisabeth“, die mit ihren stilisierten Bühnenbildern viel Raum für Interpretationen lässt. Allerdings wird dieses Konzept von Zeug nicht stringent durchgeführt: Manchmal bevorzugt er eher eine realistische Visualisierung, im nächsten Moment dominieren zwei riesige Pudel die Bühne. Gelungen ist die Metapher des tanzenden Tangopärchens, das immer wieder in Erscheinung tritt und die Beziehung Evas zu den Männern tänzerisch reflektiert. Szenen, in denen Soldaten die eher belustigenden Choreografien von Ricardo Fernando mehr hüpfen als tanzen, erscheinen dagegen allerdings eher wie eine Persiflage. Diesen Eindruck unterstützt so manche Darstellung, zum Beispiel jene Richard van Gemerts, der Magaldi übertrieben schmalzig und sexhungrig gibt und stimmlich den Anforderungen der Rolle nur bedingt gerecht wird.
Auch Werner Hahn als Peron, dem beim ersten Treffen mit Eva die Geilheit quasi aus den Augen springt, scheint seinen Charakter eher zu persiflieren als zu spielen. Sein Spiel wirkt unentschlossen, Perons Verhältnis zu Eva bleibt undurchsichtig. Er scheint einzig und allein von zwei Extremen gelenkt zu sein: Zu Beginn von sexueller Begierde, zum Ende hin von trauernder Liebe. Subtile Zwischentöne und Wandlungen sind in seiner Darstellung schwer auszumachen.
Am Besten kann sich David Arnsperger als Che behaupten, der in der Premierenvorstellung zu Recht den meisten Applaus erntete. Er gibt den Revolutionär verspielt, jungenhaft, spitzbübisch und ergänzt diese Eigenschaften mit einer Prise Zynismus. Stimmlich überzeugt er mit einer soliden Leistung. Mit seinem „Spendengelder fließen“ sorgt er für den Höhepunkt der Inszenierung.
Tanja Schun als Evita hat die größte Last zu tragen – und bricht, vor einem passabel gespielten Ende, mehrfach unter ihr zusammen. Während ihre junge Eva schauspielerisch annehmbar ist (auch wenn man kaum eine Entwicklung vom Landmädchen zur First Lady ausmachen kann), so bleibt sie gesanglich einiges schuldig. Mit ihrer klassischen Stimme quält sie sich mehr schlecht als recht durch den ersten Akt. Als Zuschauer wünscht man sich einen Musicalprofi, der die Rolle mit starker Beltstimme interpretieren könnte. Erstaunlicherweise wird Tanja Schun im zweiten Akt immer stärker. Ihr „Wein nicht um mich Argentinien“ klingt sauber und gut interpretiert, ihre Darstellung wird ausgewogener, auch wenn sie bis zum Ende das junge Mädchen vom Land bleibt. Das Machtbesessene, Intrigante, Berechenbare und Manipulierende der Evita fehlt in ihrem Spiel vollkommen.
Das Orchester unter der Leitung von Steffen Müller-Gabriel spielt ziemlich gemächlich auf und rockt leider so gut wie gar nicht. Alles wird eher geschmeidig und schmalzig intoniert – das bekommt einer Rockoper natürlich wenig, den Schwung und die Energie der Partitur sucht man vergebens. „Buenos Aires“ zum Beispiel versprüht kein bisschen pulsierendes Großstadtleben – eher kleinstädtische Idylle.
Zudem ist das Orchester zu laut abgemischt und deckt mehr als nur einmal die Sänger zu, die mit der miserablen Tontechnik zu kämpfen haben. Erstaunlicherweise haben nur die Hauptdarsteller Mikrofone, das gesamte Ensemble muss sich auf seine natürliche Stimmkraft verlassen. Das ist bei Ensembleszenen noch ganz in Ordnung, sobald aber jemand aus dem Ensemble einen Solopart singt, leidet die an sich schon schlechte Verständlichkeit der deutschen Texte zusätzlich.
Definitiver Höhepunkt der Inszenierung ist das Bühnenbild von Hartmut Krügener. Für eine Stadttheaterproduktion ist es wirklich herausragend. Dominiert wird es durch zwei große Silhouetten von Evitas Kopf (ähnlich wie in der deutschen Inszenierung von „Jekyll & Hyde“), die in großen Filmstreifen platziert sind. Ergänzt werden diese mit Projektionen sowie verschiedenen Requisiten, um Örtlichkeiten und politische Begebenheiten anzudeuten. Auf der Bühne wird nahezu ständig Bewegung suggeriert, regelmäßige Wandlungen und immer neue Bilder entstehen. Manchmal wäre ein bisschen weniger allerdings mehr gewesen.
Was bleibt ist eine unausgewogene Inszenierung, der es an einem roten Faden mangelt. Von einer symbolreichen und mit Metaphern beladenen Bildsprache, über Momente der (ungewollten?) Persiflage bis hin zu einer realistisch-dramatischen Darstellung findet sich in diesem Gemischtwarenladen so gut wie alles – nur zusammen passen will es nicht. Nach gut zwei Stunden verlässt man das Theater in Hagen ein wenig ratlos und nachdenklich. Trotz einiger starker Bilder und guter Momente: Im Gedächtnis haften bleiben doch eher die Mängel der Inszenierung.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungSteffen Müller-Gabriel
RegiePeter Zeug
BühneHartmut Krügener
KostümeBettina Lauer
 
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CAST (AKTUELL)
EvitaTanja Schun
CheDavid Arnsperger
Alexander di Capri
PerónWerner Hahn
MagaldiRichard van Gemert
Libor Maly
Peróns GeliebteMaria Michala
Evitas MutterEwa Gajewska-Lalla
Arletta Walczewski
SchwesternAnja Frank-Engelhaupt
Vivian Guerra
Maria Michala
BruderDirk Achille
Wolfgang Niggel
SchwagerJohan de Bruin
Bumchul Kim
FotografHelmut Göring
RundfunkdirektorPeter Neuhaus
OberstKrzysztof Jakubowski
Bernd Stahlschmidt-Drescher
Solo-TanzpaarDaria Dergousova/Hilton Ellis
Viola Crocetti/Angelo Murdocco
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 22.04.2006 19:30Großes Haus, HagenPremiere
Do, 27.04.2006 19:30Großes Haus, Hagen
Sa, 29.04.2006 19:30Großes Haus, Hagen
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