Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos
Von dieser Produktion haben wir leider keine Fotos

Heidi (2004 - 2009)
Musikalische Komödie, Leipzig

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Uraufführung der kecken Musical-Version des berühmten Kinderbuches von Johanna Spyri. Das Stück von Dominik Wilgenbus und h. c. mylla hat das Zeug zum Kult – weil es im Gegensatz zu den meisten anderen schrägen Shows auch noch geistreich ist.

Nach dem ersten Akt ist das Publikum noch ein wenig ratlos: Was wollen die uns damit sagen? Das liegt daran, dass Autor Dominik Wilgenbus (der auch Regie führt) dem Publikum zwar jede Menge schräger Inszenierungsideen vorführt, aber dabei das Erzählen vergisst. Die Szenen wirken beliebig wie in einer Revue. Da singt Heidi der kranken Ziege ein Schlaflied, die Großmutter erinnert sich an die Zeit, als sie noch sehen konnte und Klara wünscht sich, dass ihr Vater öfter daheim wäre. Die Dorfbewohner besingen zünftig, dass ihnen sowieso alles recht ist und die Ziegen führen ein fröhliches Ballett auf. Das ist zwar alles recht nett anzuschauen, ein Erzählfluss kommt aber nicht zustande – wozu sicher auch die hier noch langatmigen Dialoge beitragen (wer noch nie einen Otto-Film gesehen hat, darf zumindest lachen über Kalauer wie die zu besteigende „Eichen-Schrankwand“ und das Echo, das seinen Text vergisst).
Wie ausgewechselt kommt die Produktion aus der Pause. Zwar bleiben die Figuren, mit Ausnahme des Alm-Öhi (besetzt mit dem Leipziger Schauspiel-Original Friedhelm Eberle), comic-haft eindimensional. Doch weil die Handlung an Fahrt gewinnt und die jetzt durchgehend ordentlichen (und teilweise hervorragenden) Musiknummern wesentlich besser in die Show eingebettet sind, wird aus der beliebigen Revue eine richtig gute. Und wenn Heidi am Ende ihre eigenen Bücher signiert, dann hat sie das Publikum längst auf ihrer Seite.
Der gebürtige Darmstädter h. c. mylla liefert musikalisch einen waghalsigen Stilmix. Nachdem das „Deine Welt sind die Berge“-Motiv gleich in der ersten Ensemblenummer anklingt und dann ein für alle Mal begraben wird, wechselt das Orchester zwischen Kuhglocken und Zwölftonakkord, zwischen klassischem Broadway und Soli im „Ich gehör nur mir“-Stil, zwischen französischem Chanson, Schuhplattler und Rock’n’Roll.
Udo Vollmer stellt besagte Eichenwand auf die Bühne (mit einem bespiel- und besteigbaren großen Schrank in der Mitte), hängt in den Hintergrund ein Alpenpanorama und beschränkt sich ansonsten auf Andeutungen und kleine Details – wohltuender Minimalismus. Andrea Fissers schräge Kostüme sind ein echtes Highlight, und offenkundig eng mit der Regie abgestimmt. Auf der Alm stehen drei singende Ganzkörpertannen, die großzügig bepelzten Ziegen wackeln mit ihren Umschnall-Eutern. In Heidis Träumen tanzen zwei Nägel mit einem Hammer und einer Säge, schließlich läuft auch noch ein überdimensionales Kaffeeservice auf. In der Frankfurter Welt sind die Figuren dagegen jeweils streng in eine Farbe gekleidet (inklusive Perücke): Klara in ein „Ich-werde-zum-süßen-Mädchen-erzogen“-Rosa, die agile Großmama Sesemann in forsches Powerfrauen-Lila, das strenge und verklemmt-verliebte Fräulein Rottenmeier schließlich in Neid-Hellgrün.
Anna Silvia Lilienfeld (in der besuchten Vorstellung erkältet) gibt die Heidi als rotzig-grenzdebile Göre, die ständig ein langezogenes „Waruuu-um?“ zu sagen scheint (und das gelegentlich auch tut). Marco Fahrlands Geißenpeter ist angenehm zurückgenommen. Katja Kriesel als Klara hätte aus ihrem großen (Belt-)Solo im ersten Akt vielleicht noch mehr herausholen können. Sabine Töpfer ist als rockende Großmama Sesemann stimmlich nicht immer voll auf der Höhe, legt aber eine enorme Spielfreude an den Tag und liebt es, mit ihrer zur Hunde-Handpuppe umfunktionierten Handtasche das Fräulein Rottenmeier anzuknurren. Da deren Darstellerin (Angela Mehling) in der besuchten Vorstellung krank war, sprang kurzfristig Regisseur Wilgenbus ein und opferte dafür auch seinen Bart. Schnell machte er sich in der Rolle zum Publikumsliebling: mit einer erfreulich untuntigen Version des affektierten Kindermädchens, das heimlich den in Paris weilenden Hausherren liebt („Ich kann nicht dormir, je veux zu dir“).
Das Heidi-Musical ist weder eine Märchenstunde noch eine psychologische Studie, sondern eine große Retro-Show für alle, die sich gerne an ihre Kindheit erinnern. Aber statt den Klassiker einfach zu erzählen (was langweilig und kitschig wäre), verfremden und überspitzen Wilgenbus und h. c. mylla den Plot – so, wie es jeder wohl auch mit seinen eigenen Erinnerungen macht. Heraus kommt eine witzige, schräge, und manchmal sogar geistreiche Nostalgie-Revue. So ist „Heidi“ nie gewesen – aber wer seine Kindheit verklären will (und wer will das nicht?), der ist hier genau richtig. Ein Stück, das sicher seinen Platz auf den Spielplänen finden wird. Retro vom Feinsten.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musikalische LeitungStefan Diederich
InszenierungDominik Wilgenbus
BühneUdo Vollmer
KostümeAndrea Fisser
ChoreographieHans Wrona
ChoreinstudierungWolfgang Horn
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
HeidiAnna Silvia Lilienfeld
Alm-ÖhiFriedhelm Eberle
Der Geissenpeter / SchäferMarco Fahrland-Jadue
Tante Dete / Peters Großmutter/TinetteAnne-Kathrin Fischer
Fräulein RottenmeierAngela Mehling
Pfarrer / Sebastian / Herr SesemannUllrich Graichen
Klara / WettermädchenKatja Kriesel
Frau SesemannSabine Töpfer
Dorflehrer, Herr Kandidat, Leierkastenjunge / Wetterbursche / KaiserAlexander Voigt
Peters Großmutter als Kind / LeierkastenäffchenHana Schindler
SchneehöppliBabett Dörste/Claudia Schütze
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Fr, 22.10.2004 19:00Musikalische Komödie, LeipzigPremiere
So, 24.10.2004 15:00Musikalische Komödie, Leipzig
Di, 26.10.2004 19:30Musikalische Komödie, Leipzig
▼ 25 weitere Termine einblenden (bis 05.04.2009) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay