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Als die Opera Australia eine Neu-Inszenierung von „Sunset Boulevard“ mit Sarah Brightman in der Rolle der Norma Desmond ankündigte, kam das einer kleinen Sensation gleich. Brightman, der Andrew Lloyd Webber die Rolle der Christine Daaé in seinem „The Phantom of the Opera“ als Liebeserklärung auf den Leib geschrieben hat und die inzwischen eine weltweite Karriere sowohl im Klassik- als auch im Pop-Bereich gemacht hat, stand seit über 30 Jahren nicht mehr auf einer Musical-Bühne. In ihrem Musical-Comeback kann Brightman zwar einige gesangliche und auch schauspielerische Momente klar für sich verbuchen, an die großen Darstellerinnen der vergessenen Stummfilm-Diva reicht sie allerdings nicht heran. Dennoch ist die Show im Joan-Sutherland-Theatre in Sydney durchaus sehenswert!
Die gesamte Inszenierung scheint auf ihren Star ausgerichtet zu sein. Bereits beim Betreten des Theatersaals im Sydney Opera House blicken einem vom Bühnenvorhang die großen, sich öffnenden Augen von Sarah Brightman entgegen. Bei ihrem ersten Auftritt darf sie auf der die gesamte Bühnenbreite umspannenden Empore zur Treppe laufen und den langanhaltenden Applaus des Publikums entgegennehmen. Bereits bei ihrem „With One Look“ zeigen sich dann Licht und Schatten der Besetzung der Norma: Sarah Brightman singt diesen Song mit ihrer nach wie vor großartigen (Opern-)Stimme und gibt ihm damit einen ganz eigenen Touch. Gleichzeitig fällt auf, wie schwer es ihr fällt, Schauspiel und Gesang miteinander zu verbinden. Bevor sie die ersten Töne eines Liedes anstimmt, stellt sie sich in Position und ist plötzlich nicht mehr in der Rolle, sondern Sarah Brightman, die einen Song aus „Sunset Boulevard“ performt. Ihre Gestik ist nicht die einer Schauspielerin aus der Stummfilmzeit, sondern die für Sarah Brightman typischen Bewegungen, wie etwa der Arm, der sich mit immer höheren Tönen in kreisenden Bewegungen nach oben schraubt. So wirkt sie insgesamt eher wie eine Opern- als wie eine Stummfilmdiva. An anderen Stellen hat sie allerdings tolle schauspielerische Momente. So zum Beispiel, wenn sie nach den Schüssen mit einer Mischung aus völliger Fassungslosigkeit über ihre Tat und dem Trotz eines kleinen Kindes die Waffe an Max übergibt und wie hypnotisiert die Treppe hinaufschreitet, ohne zu bemerken, wie die Polizei und die ersten Kameraleute am Tatort eintreffen. Mit ihrem für Sarah Brightman typischen, leicht entrückten Habitus verkörpert sie eine der verletzlichsten Normas in der Geschichte von „Sunset Boulevard“.
Das Bühnenbild von Morgan Large dürfte eines der aufwendigsten seit der Ur-Inszenierung sein: Die Villa am Sunset Boulevard ist prächtig ausgestattet und ganz in dunkelgrauen Farben mit einigen goldenen Akzenten gehalten, was ihr einen sehr mondänen Eindruck verleiht. Besonders eindrucksvoll sind die Momente, in denen sich die gesamte Villa dreht und der Spielort damit zum Pool vor der Villa wechselt. Die weiteren Spielorte, wie das berühmte Tor der Paramount-Studios, werden in einer gelungenen Mischung aus realen Bühnenteilen und Projektionen dargestellt. Halbdurchsichtige Bühnenvorhänge mit aufwendigem Spitzenbesatz, die sich in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder heben und senken, lenken die Blicke des Publikums gekonnt zwischen den größeren Szenen. Die Kostüme, ebenfalls von Morgan Large entworfen, sind der Zeit entsprechend gestaltet. Besonders die Outfits der Norma zitieren dabei die Entwürfe der Original-Inszenierung, zum Beispiel in der Szene, als Norma beschließt, ihr Drehbuch habe nun die notwendige Reife, um an Cecil B. DeMille geschickt zu werden. In der Original-Inszenierung trug Norma hier ein Kostüm im aufwendigen Leopardenlook. In der neuen australischen Inszenierung ist Normas Kleid schwarz und hat an den Rändern Leopardenmuster.
Die Inszenierung von Paul Warwick Griffin hat einige sehr schöne Ideen. In den Spielszenen sind immer wieder wechselnde Teile des Ensembles choreografiert, während der andere Teil seine Rollen spielt, ohne dabei zu tanzen. Dies verleiht der gesamten Inszenierung eine sehr fließende Wirkung. Auch die Silvester-Party in Arties Apartment ist gelungen inszeniert: Anstatt einen neuen Spielort zu gestalten, wird Normas Villa strahlend und bunt ausgeleuchtet, was ihre Stimmung völlig verändert. Norma und Max sind allerdings immer noch in der Villa und laufen wie hypnotisiert durch die wild feiernden Partygäste, ohne dass die Figuren, die sich in der Story an unterschiedlichen Orten befinden, einander wahrnehmen.
Das Orchester des Sydney Opera House spielt die Kompositionen in großer Besetzung und mit neuen Arrangements, unter anderem mit einem neuen Zwischenteil in „Too Much in Love to Care“, der in dieser Inszenierung in eine immer schwindelerregendere Tanzsequenz von Betty und Joe übergeht. Der Sound klingt voll und gut abgemischt. Das einzige Manko der Orchesterbegleitung findet sich ausgerechnet in einem der großen Songs der Show: Wenn bei „As If We Never Said Goodbye“ Norma normalerweise herausbrüllt, dass sie nach ihrem Comeback noch größer sein wird, flüstert Brightman diese Worte fast – wahrscheinlich, um ihre Stimme zu schonen Statt die Orchestrierung an Sarah Brightmans Interpretation anzupassen und damit die musikalische Wucht dieser Stelle zu verringern, wird leider nur die Lautstärke des Orchesters heruntergedreht, um sie dann gleich darauf wieder stark anzuheben.
Sarah Brightman zur Seite steht in der Rolle des ergebenen Butlers Max Robert Grubb. Der in Australien aus zahlreichen TV-Filmen und Serien bekannte Darsteller war bereits in der ersten australischen Inszenierung von „Sunset Boulevard“ als Max zu sehen. Stimmlich kann der mittlerweile 74-jährige Grubb seine Rolle noch beeindruckend gut füllen; schauspielerisch wirkt er jedoch blass und eher wie ein Stichwortgeber. Als Betty Schaefer steht Ashleigh Rubenach auf der Bühne. Vom Buch der Show ein wenig stiefmütterlich behandelt, gelingt es Rubenach dennoch, ihrer Figur gut Profil – und damit einen wirklichen Charakter – zu verleihen. Immer wieder zieht sie Joe spitzbübisch und mit sarkastischem Unterton auf, wenn er allzu negativ aufs Leben schaut oder begründet, warum er nicht mit ihr arbeiten möchte. Gesanglich meistert sie ihren Part mit ihrem klaren Sopran völlig mühelos.
Heimlicher Star dieser Inszenierung ist Tim Draxl in der Rolle des Joe Gillis. Sein Joe ist wütend und verzweifelt und brüllt diese Verzweiflung im Titelsong beeindruckend heraus. Er ist witzig und charmant. Tim Draxl interpretiert seine Rolle ganz nach dem Motto, dass „den König die anderen spielen“: Sein Joe lässt das Publikum überzeugt glauben, dass Brightmans Norma Desmond tatsächlich ein strahlender und vor allem ehrfurchtgebietender Star ist.
Nach einer Spielzeit in Melbourne und Sydney endet die Aufführung von „Sunset Boulevard“ in Australien bereits Anfang November. Und obwohl Sarah Brightman – wie bereits in ihren vorherigen Musical-Rollen – viel Kritik für ihre Interpretation einstecken musste, scheint sie wieder Gefallen am Musical-Theater gefunden zu haben. Ab Februar nächsten Jahres ist die australische Inszenierung ebenfalls wieder mit Sarah Brightman in Singapur zu sehen.
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KREATIVTEAM |
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Regie | Paul Warwick Griffin |
Bühnen- und Kostümbild | Morgan Large |
Choreographie | Ashley Wallen |
Musikalische Leitung | Kristen Blodgette |
Licht Design | Mark Henderson |
Video Design | George Reeve |
Sound Design | David Greasley |
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CAST (AKTUELL) |
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Norma Desmond | Sarah Brightman (Silvie Paladino) |
Joe Gillis | Tim Draxl |
Max Von Mayerling | Robert Grubb |
Betty Shaefer | Ashleigh Rubenach |
Artie Green | Jarrod Draper |
Cecil B. DeMille / Ensemble | Paul Hanlon |
Sheldrake / Ensemble | Troy Sussman |
Ensemble | Billy Bourchier Grace Driscoll Madison Green Peter Ho Leah Lim Mary McCorry Morgan Palmer Caity Plummer Tom Sharah Lisa Sontag Riley Sutton Dean Vince |
Swing / Dance Captain | Amy Berrisford |
Swing / Assistant Dance Captain | Taylor Scanlan |
Swing | Regan Barber Campbell Braithwaite Benjamin Colley Charlotte Page |
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