Peter Stassen © Karim Khawatmi
Peter Stassen © Karim Khawatmi

NEUES FEATURE
"Das Kapitel 'Musicaldarsteller' ist für mich vorbei und das ist auch völlig in Ordnung." - Peter Stassen im Interview

Vom gefeierten Musicaldarsteller zum erfolgreichen Künstleragenten und Konzertproduzenten: Peter Stassens Weg führte von Belgien über die Niederlande zu den großen Musical-Klassikern der deutschsprachigen Bühnen. Nicht nur seine private Liebe hat er durch seinen Job als Musicaldarsteller entdeckt, sondern auch seine Leidenschaft, sich für KünstlerkollegInnen stark zu machen. Wir haben mit Peter über seinen Werdegang und über seine Karrierehöhepunkte sowohl als Darsteller als auch als Manager gesprochen!

Wie, wann und wo wurde für dich klar: Musicaldarsteller möchte ich werden?

Ich komme aus Genk (Belgien) und als ich 14 Jahre alt war, habe ich in Antwerpen das Musical “Jekyll & Hyde” besucht und ich wusste danach sofort: Ich möchte auch auf der Bühne stehen!

Wie genau ist es zu deinem ersten Musical-Engagement gekommen, und welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Ich habe schon während meines Studiums die Titelrolle in “Louis de Bourbon” in Oss in den Niederlanden spielen dürfen. Das war für einen jungen Studenten natürlich fantastisch! Es war zwar nur eine semiprofessionelle Show, aber sie war sehr gut organisiert und ich weiß noch genau, wie stolz meine Eltern waren…

Peter Stassen als Kardinal Richelieu in “3 Musketiere” © Marcel Landgrebe

Dein Wechsel nach Deutschland kam mit “Tanz der Vampire”. Wie ist es dazu gekommen und was hast du aus der Zeit mitgenommen?

Ich habe am Konservatorium in Tilburg (Fontys Hochschule) studiert und habe dort erfahren, dass Auditions für “Tanz der Vampire” stattfinden. Ich wollte unbedingt mal in Deutschland arbeiten und durfte dann, nachdem ich den Job bekommen habe, früher meinen Abschluss in Tilburg machen. Anschließend bin ich im Februar 2002 – ohne wirklich gut Deutsch zu sprechen – nach Stuttgart gezogen. Das war eine wahnsinnig spannende Erfahrung! Ich habe vor allem gelernt, dass die deutsche Gründlichkeit und Pünktlichkeit keine Märchen sind. Und dass der Hype rund um “Tanz der Vampire” echt ist!

Nach “TdV” durfte ich noch die Weltpremiere von “3 Musketiere” in Holland als Cover Richelieu spielen. Das war wirklich interessant, weil sie in den Niederlanden damals komplett anders gearbeitet haben als in Deutschland. Bei “3 Musketiere” habe ich fast gar nicht geprobt und musste dann ohne Proben so eine große Rolle spielen. Deswegen war es für mich nur eine Frage der Zeit, dass ich wieder nach Deutschland zurück wollte, um da wieder auf der Bühne zu stehen. “Elisabeth”, was danach kam, war also ein Segen – auch weil ich dabei meine Frau kennengelernt habe.

Ist Franz Josef die Rolle, die du am meisten gespielt hast?

Ich habe die Rolle des Kerchak in Disneys “Tarzan” am meisten gespielt, auch sehr oft zusammen mit meiner Frau als Kala in Stuttgart, was immer sehr lustige Shows waren. Aber Franzl habe ich als Rolle sehr geliebt. Ich habe versucht, ihm etwas mehr Charakter zu geben. Was gar nicht so leicht war – sicherlich auch, weil in dem Stück viele starke Frauen sind.

Peter Stassen als König Ludwig XIII in “3 Musketiere” © Morris Mac Matzen

Du bist sowohl in die Niederlande als auch in Deutschland bei den “3 Musketiere” gewesen. Kannst du diese beiden Engagements, die ja zu ganz unterschiedlichen Zeiten in deiner Karriere aufkamen, vergleichen?

2003 war ich eigentlich noch viel zu jung für Kardinal Richelieu, aber es hat dennoch unfassbar viel Spaß gemacht, die Rolle zu spielen und das Cover von Stanley Burleson sein zu dürfen. Er war damals der größte Musicalstar in den Niederlanden. Als das Musical dann später nach Stuttgart kam, hatte ich schon mehr Erfahrung und dann war die Kombi aus beiden Rollen – König Ludwig XII und Kardinal Richelieu – sehr abwechslungsreich.

Mit “Tanz der Vampire”, “Elisabeth” und “3 Musketiere” hast du vielleicht die drei beliebtesten Musical-Klassiker für ein deutschsprachiges Publikum gespielt. Aber alle drei Stücke stehen auch immer mal wieder in der Kritik, outdated zu sein. Wenn du könntest, würdest du an den Stücken etwas verändern?

Das ist eine sehr gute Frage! Man hätte in der “Twilight-Zeit” das Musical “Tanz der Vampire” sicher ein wenig moderner machen können – aber ich weiß nicht, ob es dann immer noch den gleichen Charme gehabt hätte. In Wien haben sie die Kostüme der Vampire angepasst und Graf von Krolock auch mal fliegen lassen, aber richtig spektakulär war das nicht.

Bei “Elisabeth” und “3 Musketiere” gibt es verschiedene Neuproduktionen, die aktueller sind und tatsächlich für mich auch funktionieren.

Eine leicht kontroverse Frage zu Disneys “Tarzan”: Wie findest du es, dass “deine” Rolle des Professors in der Neuinszenierung gestrichen wurde?

Ich finde es sehr schade, da Professor Porter für mich zu dieser fantastischen Show dazugehört. Die Rolle hat immer viel Witz und Charme in den zweiten Akt gebracht.

Peter Stassen als Professor Porter in “Tarzan” © Peter Stassen

Nach “Tarzan” hast du dich entschieden, vom Darsteller zum Künstleragenten zu wechseln. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Ich habe die Agentur schon während meines Jobs als Walk-in-Cover bei “Tarzan” langsam aufgebaut. 2016 war sie dann schon so groß, dass ich die Entscheidung treffen musste, entweder weiterhin auf der Bühne zu stehen oder eine Agentur zu leiten. Und ich habe mich dann für die Agentur entschieden und bereue es bis heute nicht.

Wie wird man Künstleragent? Und wie hast du es geschafft, deinen Künstlerstamm aufzubauen?

Ich habe ein wunderbares Team und wir haben das Glück, großartige KünstlerInnen zu haben, die teilweise schon seit unserer Anfangszeit 2012 bei ARTgerecht sind. Es war auch nie so, dass wir intensiv nach neuen Leuten für die Agentur gesucht haben. Viele kamen mit Fragen oder mit einem Vertrag auf uns zu und haben uns um Hilfe gebeten.

Wie sieht die tägliche Arbeit in deiner Agentur aus?

Ich bin meistens um 9 Uhr früh schon im Büro und bearbeite die Emails, die am Abend vorher reingekommen sind. Danach stehen meistens verschiedene Telefonate oder Zoom-Meetings mit Klienten oder Company Managern, Produzenten oder Intendanten auf dem Plan. Zwischendurch schreibe ich mit unserer Social Media-, Online Marketing- und PR-Verantwortlichen oder mit anderen Agenten und wir tauschen uns aus. Ein Tag hat meist zu wenige Stunden für all die Arbeit, die ein Agent gern erledigen möchte.

Peter Stassen und Melanie Ortner-Stassen als Kerchak und Kala in “Tarzan” © Morris Mac Matzen

Du kreierst auch diverse Konzertformate. Welche sind das, und wie kamst du dazu, unter die Produzenten zu gehen?

Wir hatten drei Konzepte am Start, die wir schon seit 2012 erfolgreich produziert haben (“Musical Deluxe”, “Christmas Delight” und “Merci Grand Prix”). Während Corona haben wir dann ein Rebranding beschlossen und die Konzepte umbenannt in: “WE LOVE MUSICALS“, “WE LOVE CHRISTMAS” und “WE LOVE GRAND PRIX”. Theater und Firmen buchen diese Konzerte dann bei uns. Schon seit Jahren spielen wir regelmäßig im Friedrichsbau Varieté in Stuttgart, im Kleinem Theater Haar und im Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen, um nur ein paar zu nennen. Auch machen wir viele Corporate Events, wie für die AUDI AG, Signal Iduna, Le Méridien Hotels und viele mehr… Meine persönlichen Highlights sind die Boyband-Specials oder die Valentinstags- und Christmas-Specials, die wir jedes Jahr verschiedene Male präsentieren dürfen.

Ist für dich das Kapitel ‘Musicaldarsteller’ beendet? Wie siehst du in deine professionelle Zukunft?

Ich glaube, dass das Kapitel ‘Musicaldarsteller’ tatsächlich vorbei ist, aber das ist auch völlig in Ordnung. Ich hatte die Ehre diesen wunderbaren Beruf 15 Jahre auszuüben und bin sehr dankbar dafür. Meine ideale Zukunftsvision sieht so aus, dass unsere DarstellerInnen bei ARTgerecht alle eine erfolgreiche Karriere haben werden. Denn solange sie glücklich sind, bin ich es auch.

Lieber Peter, vielen herzlichen Dank für diesen spannenden Einblick in deine Musical-Karriere und die Arbeit als Künstleragent! Wir wünschen dir und ARTgerecht weiterhin viel Erfolg!

 
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