Vampire & Co (seit 05/2023)
Capitol, Mannheim

Patrick Stanke lädt mit Livetime Concerts in Kooperation mit der DKMS und erlesenen Stars des Musicals „Tanz der Vampire“ als Auftakt der geplanten Konzertreihe „Vampire & Co.“ ins Mannheimer Capitol. Das neue Format gibt sich vielversprechend und lässt das Publikum in Begeisterungsstürme verfallen.

Das Konzept: Ein Grusical-Konzert voller Songs, die von blutrünstigen Vampiren geschmettert werden oder aufgrund ihres Schauersettings das Blut in den Adern gefrieren lassen sollen. Passend zum vampirischen Lieblingsthema ‚Blut‘ besteht vor und nach der Veranstaltung die Möglichkeit, sich über die DKMS zu informieren und im Bestfall als lebensrettender Blut- und Stammzellenspender direkt vor Ort registrieren zu lassen und zu spenden. Eine schöne Idee,  die hoffentlich voll aufgeht.

Das Konzert selbst ist vortrefflich durchdacht und erzeugt deutlich mehr Gefühl als so manch anderer Galaabend. Das gelingt unter anderem dadurch, dass die einzelnen Thementeile des Abends nicht durch langwierige, im schlimmsten Fall stimmungstötende Zwischenmoderationen unterbrochen und zerstückelt werden. Stattdessen läuft eine schaurig eingesprochene Erzählung vom Band, die direkt die Stimmung des Abends manifestiert und inhaltlich vollkommen zufriedenstellend in die Stücke einführt, die im Nachgang präsentiert werden. Weiterhin ist es eine für die Stimmung und Intensität des Konzerts vortreffliche Entscheidung, nur wenige Musicals zu präsentieren, diesen aber dafür mit mehr Tiefe zu begegnen. Dabei übernehmen die Solistinnen und Solisten jeweils eine feste Rolle, die sie in mehreren Songs aus dem jeweiligen Bühnenstück mit Leben füllen können. So gelingt es, das Publikum tatsächlich abzuholen und in die Narrative eintauchen zu lassen. Den ganzen Abend über herrscht eine fantastische Stimmung, was sicherlich nicht zuletzt an diesem klugen Konzept liegen dürfte.

Die fünfköpfige, überaus virtuos tönende Band unter der Leitung von Thomas Müller bedient sowohl die rockigen Songs als auch die gefühlvollen Musicalballaden mit Bravour und ist ein großes Highlight dieses Konzertes. Die Akustik im Mannheimer Capitol ist für Musicalabende schon fast berüchtigt – oftmals klingt es recht blechern aus den Verstärkern. An diesem Abend ist der Klang für die Verhältnisse, wenn auch nicht perfekt, über große Strecken erfreulich klar und vor allem mächtig, was dem Publikum ordentlich einheizt. Die Lichttechnik erzeugt einige eindrucksvolle Bilder mit Dramatik und Flair. Zwar ist sie auch an vielen Stellen ziemlich hektisch und wirkt auf das Publikum teilweise irritierend stroboskopisch, doch unterstreicht sie auch so manchen Song opulent und cineastisch.

Alle fünf Solistinnen und Solisten geben sich energiegeladen und bei bester Laune und Stimme. Aus dem ersten Themenblock „Rebecca„ gefällt vor allem das dramatische Titelduett, das von Anja Backus als Mrs. Danvers und Lucy Scherer als Ich stimmgewaltig dargebracht wird. Im darauf folgenden „Jekyll und Hyde„-Block besticht Patrick Stanke durch die grandiose Darstellung der Hauptfigur(en) bei „Dies ist die Stunde„ und der markerschütternden „Konfrontation„. Auch im Duett mit Anja Backus zu „Gefährliches Spiel„ kann Stanke glänzen. Backus und Scherer geben außerdem ein selten so kraftvoll interpretiertes „Nur sein Blick„ zum Besten. Die „Rocky Horror Show„, die als nächstes präsentiert wird, liegt ganz in der Hand von Christoph Apfelbeck, der einen sexy Frank N. Furter in „Sweet Transvestite„ gibt. Lucy Scherer beweist komödiantisches Talent bei „Touch-A, Touch-A, Touch me„ und lässt so manchen Musicalfan sehnsüchtig auf ihre Rückkehr in ein Musical hoffen. Nach der Pause wird Wildhorns „Dracula„ ein großer Teil gewidmet, in dem Patrick Stanke als Van Helsing mit „Nosferatu„ begeistert und Apfelbeck als titelgebender Vampirgraf mit „Je länger ich lebe„ berührt. Seine Duette mit Lucy Scherer zu „Ein Leben mehr„ und mit Anja Backus zu „Die Verführung„ gehören zu den emotionalen Highlights des Abends. Mit „Lass mich dich nicht lieben„ gelingt Backus ein stimmlich opulenter Song, der in Erinnerung bleibt. Auf den letzten Themenblock haben, gemessen am entzückten Raunen, die meisten Musicalfans im Auditorium hin gefiebert: Mit „Tanz der Vampire„ schließt der Abend, und hier jagt ein Highlight das nächste. Jan Ammanns „Unstillbare Gier„ scheint unerreicht und sorgt für spontane Standing Ovations im ganzen Theatersaal. Anja Backus verpasst in ihrer Paraderolle der Magda ihrem „Tot zu sein ist komisch„ nicht enden wollenden Stimmumfang und zahlreiche ungeahnte Riffs, die das Lied beinahe zu ihrem Eigentum werden lassen. Christoph Apfelbeck schlüpft zur Begeisterung der Fans in die Rolle des Alfred und interpretiert ein makelloses „Für Sarah„. Das ebenso grandios dargebotene Duett „Draußen ist Freiheit„ mit Lucy Scherer als Sarah-Idealbesetzung erstreckt sich unerwartet über die Reprise in „Rote Stiefel„ hinaus und beinhaltet das ergreifende und selten auf Konzertabenden dargebotene „Gebet„, in dem alle Solisten stimmlich und emotional aus dem Vollen schöpfen. Das vielleicht größte Highlight des Abends! Patrick Stanke beweist am Ende seine Showmaster-Qualitäten mit dem Meat Loaf-Klassiker „I’d Do Anything for Love“ aus „Bat out of Hell„ und entlässt zusammen mit der ganzen Cast ein vollkommen frenetisches und beseeltes Publikum mit einer fetzigen Encore vom „Time Warp„ (und einem gut besuchten Autogrammstündchen als Sahnehäubchen) in den vielleicht letzten lauen Sommerabend des Jahres. Selten gelingt es bei Musical-Konzertabenden, eine solch fulminante und mitreißende Stimmung zu erzeugen. Chapeau an alle Beteiligten!