Charlie Burn (Cady), Elena Gyasi (Gretchen) Georgina Castle (Regina) Grace Mouat (Karen), Elena Skye (Janis) © Brinkhoff-Moegenburg
Charlie Burn (Cady), Elena Gyasi (Gretchen) Georgina Castle (Regina) Grace Mouat (Karen), Elena Skye (Janis) © Brinkhoff-Moegenburg

Mean Girls (seit 06/2024)
Savoy Theatre, London

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Seit 2018 ist die Bühnenfassung von „Mean Girls“ in den USA, allen voran am Broadway, ein großer Hit. Mit dem Musicalfilm von 2024 wurde dem Franchise, das seit dem 2004er-Kultfilm (dt. „Girls Club – Vorsicht bissig!“) besteht, neues Futter verabreicht, das gegebenenfalls den Weg ans West End begünstig haben könnte. Dieses Jahr zicken die drei Plastics und Cady nun endlich auch im Londoner Savoy Theater in einer kurzweiligen und komischen, wenngleich etwas lieblos inszenierten Version der beliebten Geschichte um die High-School-Wette.

Wie üblich bei Bühnenstücken, die auf ikonischen Filmen basieren, halten sich Buch und Regie sehr getreu, teilweise auch zitierbar nah am Original. Im Falle des Musicals „Mean Girls“ musste Tina Fey, die beim 2004er-Film Regie führte und auch am der 2024er-Musicalverfilmung maßgeblich beteiligt war, ihr Zepter nicht aus der Hand geben. So adaptierte sie ihr Drehbuch-Skript nahezu 1:1 für die Bühne und entledigte sich lediglich einiger antiquierter Humorpassagen, die heutzutage wegen homophober, rassistischer und sonstiger diskriminierender Inhalte nicht mehr als lustig eingestuft werden. Zudem versetzt sie das Stück in die Moderne, in der es Smartphones und Internet gibt, was den steten Informationsfluss und die zahlreichen Lästereien an der High School zu einem profunderen Problem anschwellen lässt. Regisseur Casey Nicholaw, der ebenfalls für die Choreographien verantwortlich zeichnet, inszeniert das Stück als Broadway-Replikation mit Fokus auf der filmischen Umsetzung des Bühnengeschehens. Dabei bleiben die Figuren buchbedingt und durch die sehr hektische Personen- und Szenenführung der Regie zum Großteil etwas blass zurück. Die beschwingten Choreographien der Gruppennummern vermitteln positive Energie und gute Laune, sind aber wenig abwechslungsreich. Generell wirkt das Stück am besuchten Abend etwas abgespielt und lieblos durchgezogen, was bei langen Ensuite-Runs wie „Wicked“, „Les Misérables“, „Lion King“ oder „The Phantom of the Opera“ nicht nur am West End unweigerlich irgendwann passieren kann –  „Mean Girls“ in London läuft aber noch nicht lange genug, um die fehlende Energie und Detailliebe so zu rechtfertigen.

Fans der Filme werden trotzdem ihre Freude an den vielen übernommenen Szenen und fies-lustigen Zitaten von „fetch“ über „grool“ bis zu „too gay to function“ oder „fugly slut“ haben und mit Enthusiasmus ihre Lieblingsfiguren auf der Bühne erleben. Katrina Lindsays Kostümdesign trifft genau in die von Fans erwartete Spur und auch Scott Pasks Szenendesign orientiert sich an der Optik und den Schauplätzen des Films. Seine physische Requisite fällt dabei vergleichsweise reduziert aus. Viel wird über die von Finn Ross und Adam Young entworfenen, comichaften Projektionen auf der Bühnenrückwand transportiert. Anders als in vielen Musicals, die auf Projektionen bauen, wirkt es bei „Mean Girls“ allerdings nicht als expressive Erweiterung des Gesamtbildes, sondern eher wie eine uninspirierte, etwas faule Kompromisslösung. Am Anfang noch, bevor das Stück beginnt, können die Zuschauer auf den Projektionen die fiesen Eintragungen in Reginas ‚Burn Book‘ lesen, was vermutlich der stärkste Einsatz dieser LED-Wand ist. Als Regina vom Bus getroffen wird und statt ihrer eine unanimierte, wie aus einem JPEG-Foto ausgeschnittene Silhouette statisch über den Bildschirm wie durch eine Computermaus gezogen wird und so die vom Bus weggeschleuderte Antagonistin mimen soll, ist das so trashig gelöst, dass es dadurch schon wieder urkomisch wird. Kann man der durchgängig in dieser Ästhetik gehaltenen Visualität des Musicals über eine humoristische Auslegung etwas abgewinnen, dann mag das Setdesign stimmig daherkommen – für den Eindruck einer hochwertig produzierten Show fehlen allerdings an einigen Ecken und Enden aufwändigere Lösungen.

Einzelne Akteure im insgesamt passend besetzten Ensemble wirken optisch etwas zu reif für die Altersklasse, die sie abbilden sollen. Dazu gehört leider auch Georgina Castle in der Hauptrolle der Regina George, die vom Alter her kaum von Fergie Fraser, die unter anderem ihre Mutter spielt, zu differenzieren ist. Das würde zwar Mrs. George figurbedingt sehr freuen, doch passt es zum betonten Age-Gap zwischen cooler Tochter und nach Coolness strebender Mutter nicht wirklich. Davon abgesehen erweist sich Castle gesanglich und schauspielerisch jedoch als vortreffliche Besetzung der fiesen Regina, die in „Someone Gets Hurt“ und „World Burn“ alle Register zieht.

Angus Good gibt einen attraktiven, sehr passiven Aaron Samuels, der als Spielball zwischen Regina und Cady endet. Baylie Carson kann als Janis Sarkisian vor allem gesanglich punkten, wenn sie „I’d Rather Be Me“ mit vielen Riffs versieht. Auch ihr Zusammenspiel mit Tom Xander, der ihren besten Freund Damian Hubbard mit viel flamboyanter Attitüde gibt, funktioniert wunderbar symbiotisch. Vor allem in ihren zahlreichen gemeinsamen Liedern – von „A Cautionary Tale“ und „Where Do You Belong?“ bis „Revenge Party“ – harmonieren Carson und Hubbard einwandfrei. Fergie Fraser beeindruckt mit ihren grundverschiedenen Interpretationen aller weiblichen Erwachsenenrollen von der überdrehten Mutter Reginas über die ruhige, mahnende Miss Heron bis zur ambitionierten und als Stütze der Hauptfigur fungierenden Lehrerin Miss Norbury auf ganzer Linie. Ako Mitchell gibt den trocken-komischen Schulleiter Mr. Duvall ganz nach Filmmanier.

Grace Mouat räumt in der Rolle der hohlen Karen die meisten Lacher ab – zu witzig sind ihre meist dämlichen und immer unangebrachten Anekdoten und ihr plumpes Auftreten, das im Häschenkostüm an Halloween zu „Sexy“ und beim Finalsong des ersten Aktes „Fearless“ kulminiert, in dem sie völlig beseelt mit ihrem Gynmastikband unkoordiniert herumwedelt im Glauben, eine besondere Kür hinzulegen. Elena Gyasi verkörpert die leicht hysterische Gretchen wie ein in die Enge getriebenes Huhn, das in „What’s Wrong With Me?“ ihre unsichere, fast etwas tragische Seite offenbart. Im Einführungssong „Meet the Plastics“ können Castle, Gyasi und Mouat gemeinsam glänzen und einen kultigen Filmmoment gelungen auf die Bühne transferieren.

Charlie Burn gelingt als Cady Heron das, woran es bei ihrem Film-Gegenpart Angourie Rice hapert: Eine präsente und große Gesangsstimme gepaart mit glaubhafter Charakterentwicklung von grundsympathischer Protagonistin zum Ekelpaket und wieder zurück. Ihre Lieder „It Roars“, „Stupid With Love“ und vor allem die beiden großen Nummern „Apex Predator“ und „I See Stars“ interpretiert sie differenziert mit großer Bühnenpräsenz. Die Geschichte dreht sich um Cady, woran Burn durch ihre perfekte Verkörperung der Figur keine Zweifel lässt und es sogar schafft, inmitten dieses kurzweiligen Stücks echte Gefühle im Publikum zu wecken.

Wer in London ist und auf diese Art von Storys steht, wird „Mean Girls“ im Savoy Theater definitiv mit dem Prädikat „fetch“ bewerten!

 
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KREATIVTEAM
MusikJeff Richmond
TextNell Benjamin
BuchTina Fey
Inszenierung / ChoreographieCasey Nicholaw
 
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CAST (AKTUELL)
CadyCharlie Burn
ReginaGeorgina Castle
GretchenElèna Gyasi
KarenGrace Mouat
JanisElena Skye
DamianTom Xander
Aaron SamuelsDaniel Bravo
Kevin GanatraLucca Chadwick-Patel
Principal Mr DuvallAko Mitchell
Ms Norbury / Mrs George / Ms HeronZoë Rainey
EnsembleTia Antoine-Charles
Georgia Arron
Liam Buckland
Shonah Buwu
Baylie Carson
Freddie Clements
Siobhan Diffin
Clíona Flynn
Fergie Fraser
Angus Good
Jenny Huxley-Golden
Holly Liburd
Corey Mitchell
Mervin Noronha
Aharon Rayner
Trézel Sergeant
Josh Singleton
Annie Southall
Lillia Squires
Tommy Wade-Smith
Holly Willock
  
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TERMINE
Do, 21.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
Fr, 22.11.2024 14:30Savoy Theatre, London
Fr, 22.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
Sa, 23.11.2024 14:30Savoy Theatre, London
Sa, 23.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
So, 24.11.2024 15:00Savoy Theatre, London
Di, 26.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
Mi, 27.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
Do, 28.11.2024 19:30Savoy Theatre, London
Fr, 29.11.2024 14:30Savoy Theatre, London
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TERMINE (HISTORY)
Mi, 05.06.2024 19:30Savoy Theatre, LondonPreview
Do, 06.06.2024 19:30Savoy Theatre, LondonPreview
Fr, 07.06.2024 19:30Savoy Theatre, LondonPreview
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