Hannes Liebmann (Erzähler), Susan Ihlenfeld (Magenta), Lukas Franke (Eddie), Siri Wiedenbusch (Columbia), Tilo Werner (Dr. Scott), Niclas Ramdohr (Riff-Raff) © Nilz Böhme
Hannes Liebmann (Erzähler), Susan Ihlenfeld (Magenta), Lukas Franke (Eddie), Siri Wiedenbusch (Columbia), Tilo Werner (Dr. Scott), Niclas Ramdohr (Riff-Raff) © Nilz Böhme

Richard O'Brien's The Rocky Horror Show (seit 09/2024)
Großes Haus, Stendal

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Wer schon einmal eine Vorstellung von „The Rocky Horror Show“ besucht hat, der reibt sich in Stendal verwundert die Augen. Im Zuschauerraum und auch in Dorotty Szalmas Inszenierung geht es vergleichsweise brav zur Sache. Eine große, positive Überraschung ist die Besetzung des Riff-Raffs mit Niclas Ramdohr, der gleichzeitig als musikalischer Leiter einer fantastischen Band vorsteht und für den gehörigen Drive in der Begleitung sorgt.

Die bizarre Parodie auf die Science-Fiction- und Horrorfilme der 1950er Jahre, die im Stück propagierte sexuelle Freiheit und nicht zuletzt die Interaktionen zwischen Bühne und Zuschauerraum lassen die „Rocky Horror Show“ oft zu einem überdrehten Party-Getümmel werden, das einige der Besucher in Anlehnung an die handelnden Personen auch gerne in Strapsen und im Fummel lautstark zelebrieren.

Auch bei der besuchten Premiere des Musicals im Theater der Altmark in Stendal ist die Begeisterung groß, allerdings geht es während der Vorstellung vergleichsweise still und gesittet zu. Auf ausliegenden Zetteln werden die Besucher zwar ausdrücklich zum aktiven Teilnehmen an der Show aufgefordert, doch nur die wenigsten haben die erforderlichen Requisiten dabei. Gefüllte Fan-Bags, Wasserspritzpistolen oder gar Konfetti sind im Saal tabu. Immerhin wirft die aus der ersten Publikumsreihe auf die Bühne kommende Platzanweiserin zum einleitenden Song „Science Fiction Double Feature“ eine Rolle Klopapier ins Publikum.

Die große Sause im Zuschauerraum wird auch dadurch gehemmt, dass nur einer Minderheit bekannt ist, wann es Zeit für Rocky-Horror-Rituale wie Zwischenrufe, Zischen, Buhen oder das Schwenken von Lichtern ist. Das Programmheft betont zwar immer wieder, dass das Publikum Teil der Aufführung ist, liefert dafür allerdings keine konkrete Anleitung. Einzig ein Phantom-Transilvanier, der während der Vorstellung immer wieder am linken Bühnenrand erscheint und ein Donnerblech schwenkt, sobald das Wort Meister ausgesprochen wird, gibt dem Publikum ein Signal zum begeisterten Trampeln. Etwas mehr Hilfestellung, etwa in einem Prolog, würde auch Interaktion und Stimmung im Zuschauerraum steigen lassen.

Dorotty Szalma, regieführende Intendantin des Hauses, geht mit dem Musical sehr betulich um. Frechheit, Tempo und eine ausgeprägte, individuelle Zeichnung der bizarren Charaktere sind Mangelware. Ihre Inszenierung tuckert gemütlich wie mit angezogener Handbremse über die Bühne und erweckt den Eindruck, dass niemand verstört werden solle. Das zeigt sich beispielsweise in der Szene nach der Pause, in der Frank’n’Furter nacheinander Janet und Brad sexuell befriedigt. Das Ganze wird dem Publikum via eines überdimensionalen Smartphone-Bildschims gezeigt (Video: Christian Kaiser), allerdings sind die Szenen so schlecht ausgeleuchtet, dass nichts zu erkennen ist. Zudem erinnert das wie nachsynchronisiert wirkende Gestöhne auf Knopfdruck an Softporno-Filmchen aus dem „Schulmädchenreport“-Fundus der 1970er Jahre. Auch die von Gretl Kautzsch mit Mini-Penissen und -Vulvas gekrönten Pole Dance Stangen sind schamhaft recht dezent versteckt. Der von der Bühnenbildnerin geschaffene multifunktionale, abstrakte Raum mit zwei Podesten und rostig wirkenden Fensterrahmen wird im Zentrum von einem drehbaren, wie eine Telefonzelle wirkenden Kasten dominiert, der Projektionsfläche ist und durch die offene Vorderfront effektvolle Auftritte zulässt.

Gestemmt wird das Musical mehr recht als schlecht vom hauseigenen Schauspiel-Ensemble und Laien der „Chor- und MusikMärker“. Letztere bevölkern als Hochzeitsgäste und Phantome-Transsilvanians eher beobachtend die Szenerie, sind allerdings beim „Time-Warp“ auch tänzerisch gefordert. Neben dem hier vom Text vorgegebenen Bewegungen konzentriert sich Choreografin Bianka Tatár in anderen Songs auf einfache Schrittfolgen und viel Arm- und Handgeschwenke, sodass auch der untalentierteste Tänzer noch gut folgen kann und zumindest hier alles passt.

Erschreckend blass ist Paul Worms als Frank’n’Furter, der als außerirdischer Transvestit mit wenig Bühnenpräsenz die Handlung nicht wirklich dominiert. Der junge Darsteller wirkt in Strapsen und im eng geschnittenen Leder-Corsagen-Outfit (Kostümbild ebenfalls von Gretl Kautzsch) recht unbeholfen und ist weder forsch, noch diabolisch, noch lüsternd. Worms ist in den meisten Szenen einfach nur da. So wie er mogeln sich fast alle anderen Schauspieler mit Anstand auch gesanglich durch ihre Rollen.

Aus dem eher mittelmäßigen Cast ragen allerdings drei Darsteller gesanglich heraus. Bedauerlicherweise hat Lukas Franke als auf einem Kindermotorad über die Bühne düsender Eddie, vorlagenbedingt nur einen, dafür fulminanten Auftritt. In der Doppelrolle als Platzanweiserin und Magenta erweist sich Susan Ihlenfeld als wahres Juwel der Show, das stimmlich, schauspielerisch und im Tanz voll überzeugt. Die größte positive Überraschung des Abends heißt allerdings Niclas Ramdohr. Sein buckliges Hausfaktotum Riff-Raff ist mit ungemeiner Präsenz darstellerisch die dominierende männliche Figur der Show. Ramdohr lässt gemeinsam in den Duetten mit Ihlenfeld richtiges Musical-Flair kurzzeitig aufblitzen. Seine Leistung kann gar nicht hoch genug bewertet werden, denn neben Riff-Raff gelingt ihm auch noch perfekt der Spagat als musikalischer Leiter der Show. Die fantastische Band mit Co-Lead Tilman Frieser gehört ganz klar zu den positiven Posten dieser „Rocky Horror Show“.

Musikalische Einrichtung von Richard Hartley
Deutsch von Frank Thannhäuser und Iris Schumacher

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungNiclas Ramdohr
Co-LeadTilman Frieser
RegieDorotty Szalma
AusstattungGretl Kautzsch
VideoChristian Kaiser
ChoreografieBianka Tatár
 
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CAST (AKTUELL)
Frank’n’FurterPaul Worms
JanetPatricia Hachtel
BradFynn Zinapold
Riff-RaffNiclas Ramdohr
Platzanweiserin / MagentaSusan Ihlenfeld
ColumbiaSiri Wiedenbusch
ErzählerHannes Liebmann
RockyOscar Seyfert
(Sebastian Smulders)
Dr. Scott / PhantomTilo Werner
EddieLukas Franke
Phantom-Transilvanierin LibidaKerstin Slawek
Phantom-Transilvanierin La BellaKatrin Steinke
Phantome-TransilvaniensOlaf Ackmann
Birgit Apel
Rita Aurich
Siegfried Baklarz
Lisa Bock
Norbert Falky
Sylke Falky
Gabriele Helga Franke
Gina Fuchs
Christine Grau
Heide Grimm
Kerstin Hentschel
Dirk Herrmann
Doreen Herrmann
Melanie Jagla-Franke
Rainer Jockel
Sylvia Lauenroth
Yvonne Müller
Maria Palaschevsky
Torsten Sauer
Kerstin Schenk
Daniela Schlaß
Cordula Schröder
Julien Schröder
Jasmin Schubert
Angela Schulze
Gesine Schützenmeister
Antje Sdanawitschus
Kerstin Seela
Daniel Stelmaszczyk
Sophia Sünderhauf
Claudia Tost
Simone Unterschütz
Beate Voß
Gustav Voß
Simone Wenzel
BandNiclas Ramdohr
Tilman Frieser
Lars Düseler
Sebastian Schulze
Jan Zimmermann
Thoralf Radde
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
Sa, 23.11.2024 19:30Großes Haus, Stendal
Fr, 06.12.2024 19:30Großes Haus, Stendal
Di, 31.12.2024 18:30Großes Haus, Stendal
Fr, 10.01.2025 19:30Salzlandtheater, Staßfurt
Mi, 22.01.2025 19:30Großes Haus, Stendal
So, 02.02.2025 18:00Großes Haus, Stendal
Sa, 15.03.2025 19:30Carl-Maria-von-Weber-Theater, Bernburg
Fr, 21.03.2025 19:30Großes Haus, Stendal
Sa, 29.03.2025 19:30Theater im Schlossgarten, Arnstadt
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 14.09.2024 19:30Großes Haus, StendalPremiere
Fr, 20.09.2024 19:30Großes Haus, Stendal
Sa, 05.10.2024 19:30Großes Haus, Stendal
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