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Das „Akrobatical“, das in Kooperation des Chinesischen Nationalcircus mit dem First Stage Theater Hamburg aktuell auf Tour ist, vereint gekonnt verschiedene Sparten der performativen Künste. Ein nicht ganz ungefährliches Wagnis, das sich auszahlt: Das Ergebnis ist eine tolle Unterhaltungsshow, bei der Gesang, Tanz, Zirkus und Artistik symbiotisch zu einer Einheit werden. Bei so viel Kunst ist allerdings nur wenig Raum für Schauspiel und eine ausgefeilte Story.
Dass es prinzipiell möglich ist, Zirkuskunst und Musical zu verbinden, hat seinerzeit schon „Paramour“ unter Beweis gestellt und gleichermaßen aufgezeigt, dass man diese stark kontrastierenden Kunstformen wohl ausgewogen kombinieren muss, damit sie sich nicht gegenseitig ausstechen oder auf der Bühne um die Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren. Im Gegensatz zu „Paramour“ nutzt „China Girl“ die ausgebildeten Musicaldarsteller allerdings nicht für eine lückenlos durchgespielte, Schauspiel und Sprechtext umfassende klassische Musical-Erzählung, sondern eher als mit den Artisten und Musikern gleichwertige Instanz. Gemeinsam kreieren sie expressiv durch Tanz, Akrobatik und begleitenden Gesang, einer Revue oder Pantomime ähnlich, einzelne Szenenbilder und Momente, die der Geschichte ein Gesicht verleihen.
Die Handlung wird mittels Einspielern von einer einfühlsamen Sprecherin zwischen den einzelnen Kunst-Performances episodenhaft erzählt. Die Geschichte selbst ist dabei wenig innovativ, denn es handelt sich um eine Nacherzählung von „Romeo und Julia“ in „West Side Story“-Manier. Genau wie in letzterem berichtet die Erzählerin vom Schauplatz New York, in der sich zwei Gruppen mal rivalisierend und mal in gemeinsamen Interessen vereint gegenüberstehen. Anstatt Jets und Sharks geht es um die beiden Immigrantengruppen von China Town und Little Italy – ansonsten ist die Geschichte identisch und wird durch die beeindruckenden performativen Darbietungen komplett in den Hintergrund gedrängt.
Die Stärke des Stücks liegt eindeutig bei der Zirkusartistik, die lose in die Handlung eingebunden ist. Es werden zahllose Bänke ineinander gesteckt und auf dem Kopf balanciert und haarsträubende Jonglage-Choreographien mit allerlei Requisiten in atemberaubender Geschwindigkeit durchgeführt. Artisten stapeln sich, tragen das Gewicht ihrer Kollegen auf dem Kopf und vollführen wunderbar anzusehende Figuren in Partnerakrobatik. Nahezu alle Register der Zirkusartistik werden hier gezogen und wissen zu punkten – jeder einzelne Akrobat begeistert.
Die chinesische Gemeinde wird durch verschiedenste Artisten repräsentiert: Dabei ist eine Kontorsionstänzerin namens Dou Dou als Maria- bzw. Julia-Verschnitt im Zentrum der Gruppe und wird von Balance- und Jonglage-Akrobaten, einer Kartentrickserin, die mit dem Namen Qing Qing die „China Girl“-Version von der Amme respektive Anita darstellt, sowie weiteren Artisten des Chinesischen Nationalcircus flankiert. Die italienische Gruppe wird auch durch einige Artisten repräsentiert, vor allem mit der Figur des Roberto (dem Romeo oder Tony der Geschichte), ist aber von Sängerinnen und Tänzerinnen dominiert, sodass der Kontrast der Künste der Geschichte ein Profil verleiht. Roberto als Artist sticht aus der Gruppe heraus und stellt auch performativ das Bindeglied beider Gemeinden dar. Dabei werden ausnahmslos spektakuläre Showeinlagen präsentiert, die Groß und Klein in Staunen versetzen und zu vielen Applaussalven verführen, die den Showgesang zeitweise übertönen.
Erfreulich einwandfreie Ton- und Lichttechnik zieren das Stück, sodass es nicht nur ein Augen- sondern auch ein Ohrenschmaus ist, „China Girl“ als Zuschauer zu folgen. Die Musik macht „China Girl“ zum Jukebox-Musical, denn es handelt sich zum Großteil um bekannte Hits von David Bowie. Die mehr oder weniger inhaltlich passenden Lyrics werden von 6 Solistinnen und einem Solisten, die immer Teil der gezeigten Szenen sind, souverän und ausdrucksstark performt. Musikalisch ertönen Bowies Melodien erfrischend neu unter Adrian Werums Leitung, der mit drei weiteren Musikern des Stuttgarter Orchesters für Kulturen die außergewöhnlichen Instrumente Erhu und Kora dominieren lässt. So erhalten die Songs einen orientalischen Klang und fügen sich hervorragend in das Gesamtbild ein. Dabei sind auch die Musiker als aktive Akteure mit auf der Bühne und singen die eine oder andere Stelle mit. Neben David Bowie haben es auch noch das chinesische Volkslied „Hao Xiang in“, einige Popsongs und Show Tunes wie „Puttin on the Ritz“ sowie eine instrumentale Version von Anitas Song „A boy like that“ aus „West Side Story“ sehr harmonisch in die Liedauswahl geschafft.
Einzelne Darsteller und Akrobaten herauszuheben fällt in diesem Stück besonders schwer, da die Gruppe aus unterschiedlichsten Kunstsparten ungemein symbiotisch auftritt und jeder gefühlt zu jedem Zeitpunkt Teil der kreierten Szenenbilder und Momente ist. Einige spezielle Highlights allerdings, bei der Akrobatik, Zirkuskunst, Tanz, Gesang und Musik besonders hervorragend zusammenwirken, sind dennoch auszumachen: Besonders der astreine Gesang von Fiorina Bogatu zu „Una Festa sui prati“ von Adriano Celentano und ihr Duett mit dem stimmstarken Martin Holtgreve zum Tina-Turner-Hit „Tonight“ weiß zu berühren. In letzterem tritt die charismatische Kartenmagierin Sun Qing Qing mit einer beeindruckend choreographierten Darbietung in den Vordergrund und generiert einen wahrlich magischen Moment.
Auch Arisa Meguros Mischung aus Kontorsion und Contemporary Dance in ihrer Rolle des Mädchens Dou Dou zum Song „Changes“ sorgt für einen emotionalen Augenblick. Zum Schreien komisch und mit ausgezeichneter Körpersprache brilliert Raoul Schoregge als Polizist durch klassischen Clown-Slapstick in hervorragendem Comedy-Timing mit und ohne Kollege Joanes Diacoyannis. Die harmonische Gesangsriege – neben Bogatu und Holtgreve bestehend aus Theresia Busch, Julia Eeseva, Tabitha Eugling, Marina Ortmann und Birgit Widmann – gibt in viele Lieder wunderschöne Harmonien hinein und begleitet schauspielerisch die Handlung, der sie dadurch etwas mehr Tiefgang verleiht.
Alle Mitwirkenden machen diese Show gemeinsam zu einem einmaligen visuellen Erlebnis, in dem trotz der bereits vielfach gehörten Story beeindruckend gezeigt wird, wie verschiedenste Kunstformen, performt von Künstlern unterschiedlichster Hintergründe und Herkunft, vor allem eines symbolisieren: Harmonie. Mit einem beflügelten Gefühl verlässt so der Zuschauer das First Stage Theater und stellt fest: Das war etwas Außergewöhnliches.
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Raoul Schoregge |
Musikal. Leitung | Adrian Werum |
Choreographie | Qing Qing Sun Julia Eseeva |
Techn. Leitung | André Sarrasani |
Kostüme | Nadine Schoregge Fee Schoregge FAINZ® |
Bühnenbild | Günter Schoregge |
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CAST (AKTUELL) |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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