Cassidy Janson (Anne Hathaway), Miriam-Teak Lee (Juliet), Melanie LaBarrie (Nurse) © Johan Persson
Cassidy Janson (Anne Hathaway), Miriam-Teak Lee (Juliet), Melanie LaBarrie (Nurse) © Johan Persson

& Juliet - The Musical (2019 - 2023)
Shaftesbury Theatre, London

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Ein brillant geschriebenes und peppiges Jukebox-Musical, das so viel mehr zu bieten hat als nur bekannte Hits von Britney und den Backstreet Boys: Ein starkes und unterhaltsames Plädoyer für Unabhängigkeit, Toleranz, Diversität und Selbstliebe, das vollumfänglich überzeugt und das Publikum aus den Sitzen fegt.

Wir schreiben das Jahr 1597: Das romantische Städtchen Verona in Italien meets das elisabethanische Stratford-upon-Avon in England. William Shakespeare vollendet gerade eines seiner bekanntesten Werke, als seine Frau Anne Hathaway sich in seine Schreibarbeit einmischt und deutlich macht, dass sie mit dem Finale, das ihr Mann für „Romeo and Juliet“ vorgesehen hat, ganz und gar nicht einverstanden ist. Warum muss Juliet sich zwingend das Leben nehmen, als sie den toten Romeo vor sich liegen sieht? Kann sie nicht aus dieser Tragödie lernen und als eine starke, selbstbestimmte Frau aus der Geschichte hervorgehen? Wie könnte ihr Leben aussehen, wenn es ohne Romeo weitergeht? Diesen Fragen nehmen sich Shakespeare und seine Frau an, schreiben sich selbst als Charaktere in die Geschichte ein und formen – mal gemeinsam und mal gegeneinander anschreibend – eine neue Legende um Juliet Capulet, ihren non-binären besten Freund May und ihre zum eigenen Glück findende Amme Angelique („Nurse“), die mit neuen Figuren, zahlreichen Plot-Twists, viel Liebesdrama und guter Laune das Thema „Selbstfindung“ facettenreich beleuchtet.

Das Buch von David West Read kann nicht genug gelobt werden. Viele Musical-Fans schreckt der Begriff Jukebox-Musical deswegen ab, weil er nicht selten schnöde Handlungen und halbgare Figuren beinhaltet und die Story oft nur als wackeliges Gerüst dient, das irgendwie um die Hit-Songs herumgebaut wird. Bei „& Juliet“ ist es gelungen, die extrem bekannten Lieder von nahezu allen beliebten Pop-Ikonen der letzten Jahre so überzeugend in eine zugleich clevere und ergreifend-komische Handlung einzubinden, dass man den Jukebox-Aspekt des Stückes beinahe vergisst – nicht zuletzt auch deswegen, weil viele der Lieder spannende neue Arrangements bekommen haben und teilweise wie ganz neue Songs zusammen kompiliert wurden. All die gekonnten und unvorhersehbaren Wendungen und neuen Figuren preisend herauszustellen, würde hier allerdings zu viel von der Handlung verraten, die einerseits einwandfrei mit den Texten der Originalsongs korreliert und andererseits durch die Regie von Luke Sheppard geradezu genial umgesetzt wird. Dabei verliert das Stück nie seinen urkomischen Humor und die Selbstironie durch die zahlreichen Rückverweise auf Shakespeares Original-„Romeo und Julia“. Trotzdem gelingt es der Regie auch, dieses Musical aus der reinen Unterhaltungsschiene heraus zu heben und emotionale Momente mit starkem Appell gegen jegliche Art von Unterdrückung, vor allem von Frauen und allen LGBTQI+ Personen, zu inszenieren.

Das Bühnenbild mit sämtlichen Requisiten und Kostümen folgt einer quietschbunten, frivolen und schrillen Popart-Ästhetik, die mit spätmittelalterlichen Elementen gespickt ist. Neonlichter, gleißende Projektionen, bunte Clubmöbel, vorbeihuschende Paris-Requisiten auf einer Drehbühne. Es mag sich der erste Eindruck beschleichen, es sei zu viel des Guten, aber in die flotte Handlung, die wie eine Achterbahnfahrt durch eine andere Welt wirkt, passt diese Ausstattung vortrefflich. Die gesamte Pop-Ästhetik des Musicals fügt sich zudem auch mit den zahlreichen ikonischen Songs von namhaften RnB- und Pop-Diven oder Boybands zu einem harmonischen Gesamteindruck zusammen. Dazu wirken symbiotisch die Choreographien, die ebenso gut von Beyoncé, Rihanna, Britney Spears oder den Backstreet Boys hätten stammen können. In den ernsten und dramatischen Szenen wird diese peppige Stimmung absichtlich durchbrochen und es wird von Ton- und Lichteinstellungen, der Farbpalette bis zur Choreographie wesentlich düsterer und intimer, was einen starken und effektvollen Kontrast generiert.

Miriam Teak-Lee ist als Juliet der unangefochtene Star des Abends. Mit Leichtigkeit gelingt ihr der Wechsel zwischen der Performance von Up-Tempo-Popsongs mit elaborierten, flotten Tanznummern zu leisen Balladen mit facettenreichem Schauspiel. Jede Szene und jeder Song wird mit begeistertem Applaus belohnt und man genießt es, ihrer Juliet auf dem Weg von einer gebrochenen jungen Witwe bei „Baby One More Time“ im ersten Akt zu einer starken und unabhängigen Frau bei „Stronger“ zu folgen. Bei Teak-Lees Darbietung des Hits „Roar“ springt das Publikum zu recht begeistert auf und feiert diese unglaublich talentierte Darstellerin.

Schön an „& Juliet“ ist, dass trotz der sehr dominanten Hauptrolle auch viele Nebenfiguren genügend Zeit (und Songs!) erhalten, um sich entfalten zu können. Dies gelingt allen voran Joe Foster als nonbinäre(r) May, der endlich eine solche Figur kreiert, ohne auf Stereotypen zurückzugreifen. In „I’m Not a Girl, Not Yet a Woman“ wird das Innenleben von May ergreifend dargeboten. Die Bühnenchemie zwischen Foster und Billy Nevers als Francois, dem Love-Interest von May und zeitweise auch Juliet, ist so natürlich und selbstverständlich, dass sämtliche Gendergrenzen überwunden scheinen. Besonders romantisch wirkt ihre verbotene Liebe in den Songs „Whataya Want From Me“ und „It’s Gonna Be Me“.

Die weniger dramatischen Rollen, die gleichzeitig einen großen Teil des urkomischen Humors dieses Stücks tragen, sind mit nicht weniger virtuosen Darstellern und Darstellerinnen besetzt. Ivan de Freitas als Francois‘ frankophoner und leidenschaftlicher Vater Lance ist schon allein durch seinen Akzent und die seiner Rolle zugeschriebenen Lieder mitunter der witzigste Part des Stückes. Wenn er in tiefem Bariton ein Mash-Up aus Katy Perrys „Teenage Dream“ und Ariana Grandes „Break Free“ anstimmt, um Juliets Amme Angelique (amüsant als Gegenpart gespielt von Cassandra Lee) zu verführen versucht, hat er die Lacher und Sympathien der Zuschauer auf seiner Seite. Cassandra Lee gelingt es, die komödiantisch ausgelegte Figur der Amme vielschichtig darzustellen und eine innere Zerrissenheit zwischen ihrem Pflichtgefühl und ihrer Liebe zu Juliet einerseits und der Verwirklichung ihrer eigenen Träume andererseits zu mimen. In dem Song „Fuckin‘ Perfect“ hat sie gegen Ende des Stücks ihren großen Auftritt, in dem sie mit sich selbst und ihrer Ziehtochter ins Reine kommt.

Shakespeare, der von Oliver Tompsett mit einem breiten Cockney-Dialekt versehen wird, wirkt neben all den starken und extrovertierten Figuren auf der Bühne nahezu belanglos – wäre da nicht sein wunderbares Zusammenspiel mit seiner Ehefrau Anne Hathaway, die von Cassidy Janson so genial komisch gespielt wird, dass es im Publikum vor Lachen zu mehreren wortwörtlichen „Showstoppern“ kommt. Um Jansons Figurenauslegung zu beschreiben gibt es keine adäquaten Worte, aber Adjektive wie „schrill“, „nerdig“, „schrullig“ und „hibbelig“ kommen recht nahe. Dazu bringt sie ein – wie die Briten sagen – „impressive set of pipes“ mit. Diese Stimmfertigkeit lässt sie zum Beispiel im Celine-Dion-Hit „That’s the Way It Is“ eindrucksvoll erstrahlen. Neben Teak-Lees Darstellung ist Jansons Anne Hathaway das zweite große Highlight dieses Abends.

Ein Feuerwerk an Musik und Emotionen ist bei „& Juliet“ vorprogrammiert. Nicht nur für Shakespeare-Fans ist ein Besuch dieses extrem unterhaltsamen Musicals also unbedingt empfehlenswert!

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
Musik / TextMax Martin u.a.
BuchDavid West Read
RegieLuke Sheppard
ChoreographieJennifer Weber
BühneSoutra Gilmour
KostümePaloma Young
Musikal. Supervision / Orchestrierung / ArrangementsBill Sherman
LichtHoward Hudson
SoundGarteth Owen
Musikal. LeitungDominic Fallacaro
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
JulietMiriam-Teak Lee
ShakespeareOliver Tompsett
AnneCassidy Janson
NurseMalinda Parris
LanceNicolas Colicos
RomeoTom Francis
MayJoe Foster
FrancoisBilly Nevers
Lady Capulet / NellCassandra Lee
ThomasBenjamin Terry
Lord Capulet / SlyIvan De Freitas
ImogenRhian Duncan
LucyBessy Ewa
KempeChristian Maynard
GregoryCarl Man
MargaretRachel Moran
JudithZara Macintosh
AugustineOwen Saward
CuthbertNathan Louis-Fernand
SusannaEbony Clarke
FletcherAaron Shales
RichardRhys Wilkinson
EleanorColette Guitart
HenryAlex Tranter
GwynneSophie Usher
ViolaSuki Wong
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (HISTORY)
NurseMelanie LaBarrie [2.11.19-26.03.22]
Keala Settle [29.03.-18.06.22]
LanceDavid Bedella [2.11.19-26.03.22]
Julius D`Silva [29.03.22-24.09.22]
RomeoJordan Luke Gage [2.11.19-26.03.22]
MayArun Blair-Mangat [2.11.19-18.03.20]
Alex Thomas-Smith [24.9.21-24.09.22]
FrancoisTim Mahendran [2.11.19-24.09.22]
Ensemble 19/20Jocasta Almgill
Josh Baker
Ivan De Freitas
Rhian Duncan
Danielle Fiamanya
Kieran Lai
Nathan Lorainey-Dineen
Jaye Marshall
Grace Mouat
Antoine Murray-Straughan
Billy Nevers
Kerri Noville
Christopher Parkinson
Dillon Scott-Lewis
Kirstie Skivington
Alex Tranter
Sophie Usher
Ensemble 21/22Roshani Abbey
Jocasta Almgill
Josh Baker
Ivan De Freitas
Rhian Duncan
Kieran Lai
Nathan Lorainey-Dineen
Jaye Marshall
Grace Mouat
Antoine Murray-Straughan
Billy Nevers
Kerri Norville
Christopher Parkinson
Kirstie Skivington
Alex Tranter
Sophie Usher
Rhys Wilkinson
Ensemble 22/23Ebony Clark
Ivan De Freitas
Rhian Duncan
Bessy Ewa
Colette Guitart
Cassandra Lee
Nathan Louis-Fernand
Zara Macintosh
Carl Man
Christian Maynard
Rachel Moran
Owen Saward
Aaron Shales
Benjamin Terry
Alex Tranter
Sophie Usher
Rhys Wilkinson
Suki Wong
  
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 02.11.2019 19:30Shaftesbury Theatre, LondonPreview
Di, 05.11.2019 19:30Shaftesbury Theatre, LondonPreview
Mi, 06.11.2019 19:30Shaftesbury Theatre, LondonPreview
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