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Man betritt kein Theater und keinen Innenhof eines Schlosses: In Ettlingen steht man plötzlich mitten in einem Hotel. Eine perfekt eingepasste Kulisse sorgt gemeinsam mit einer exzellenten Besetzung für einen Ausflug ins „Grand Hotel“ nach Berlin, in dem so viele tragische Schicksale aufeinander treffen. Das lässt sogar vergessen, dass dem Musical eigentlich der eine Showstopper, der eine im Ohr bleibende Song, fehlt.
„Als der Portier aus der Telefonzelle 7 herauskam, war er ein wenig weiß um die Nase herum; er suchte seine Mütze, die er im Telefonzimmer auf die Heizung gelegt hatte.“ Mit Erik, dem Portier, beginnt Vicki Baums großartiger Roman „Menschen im Hotel“ der Luther Davis, Robert Wright und George Forrest gleich zweimal dazu veranlasste, den Stoff auf die Musicalbühne zu bringen. Während die erste Fassung, weit entfernt vom Original Baums, floppte, ist die 1989 von Maury Yeston überarbeitete Version auch hierzulande hin und wieder zu sehen. Dennoch gehört „Grand Hotel“ zu den seltener gespielten Stücken.
In Ettlingen nimmt sich Udo Stürmer (Regie) dem Personendrama aus den 1920er Jahren an. Mit einem gut durchdachten und schlüssigen Konzept erzählt er die Geschichte mehrerer Personen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist Elisaweta Gruschinskaja, die einstige Primaballerina, die zum wiederholten Mal ihre Abschiedstournee gibt. Sie trifft im Hotel auf den schneidigen Baron Felix von Gaigern, der sich – eigentlich bettelarm – durchs Leben gaunert. Dieser wiederrum verhilft aus Versehen dem todkranken Otto Kringelein, der nur einmal wie die Reichen leben möchte, unverhofft zu Geld. Geld bräuchte auch Hermann Preysing, denn der Fabrikdirektor ist von der Insolvenz bedroht. Der kommende Bankrott lässt den sonst freundlichen und höflichen Geschäftsmann aufdringlich werden gegenüber der attraktiven Sekretärin Flämmchen, deren großer Traum eine Karriere in Hollywood ist.
Was Baum in ihrem Roman bereits gelang, funktioniert auch auf der Bühne einwandfrei: Die Verstrickungen und Beziehungen der Personen sind hervorragend herausgearbeitet und laden zum Mitfühlen ein. Hierzu trägt maßgeblich die fantastische Ettlinger Besetzung bei. Allen voran gerät Adrian Kroneberger als Otto Kringelein zum Publikumsliebling. Er ist und bleibt die Figur, die zum Sympathieträger bestimmt ist. Kroneberger gibt Kringelein die nötige geduckte Haltung und die passende hoffnungsvolle Stimme. Ebenfalls hoffnungsvoll singt und tanzt Maria Danae Bansen als Flämmchen über die Bühne. Dabei gerät das naive Blondchen glücklicherweise nie zum dummen Blondchen, sodass von Bansen der erfrischende Eindruck einer jungen Darstellerin bleibt, deren angenehme Stimme man hoffentlich nicht das letzte Mal gehört hat.
Respekt gebührt ebenfalls Katja Brauneis als alternde Primaballerina, die nicht nur eindrucksvoll die verzweifelte Diva gibt, sondern auch konsequent einen französischen Akzent in Dialog und Gesang beibehält. Die kurze Liebe zu Baron Felix von Gaigern lässt schließlich nicht nur den Zuschauer hoffen, sie hätte endlich ihren Frieden mit ihrem Alter gemacht. Carsten Lepper gibt den windigen Baron mit passendem Aussehen, pointierten Sprüchen und tadelloser Stimme. Man nimmt ihm die Wandlung vom skrupellosen Gauner zum nachdenklichen Liebenden komplett ab, auch wenn der Text ihm hierzu nur einen kleinen Spielraum einräumt. Weniger überzeugend gelingt die Wandlung von Thomas Schirano als Hermann Preysing. Das liegt jedoch nicht an der Darstellung Schiranos, an der es nichts auszusetzen gibt, sondern vielmehr an der Vorlage. Der Bruch zwischen ehrenvollem Geschäftsmann und unnachgiebigem Lügner wirkt schlichtweg zu hart. Rollendeckend hart dagegen ist Oberst Dr. Otternschlag, mit starrem Gesicht und bissigen Kommentaren perfekt von Thomas Weissengruber dargestellt. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch Christine Rothacker als Elisawetas Gesellschafterin Raffaela, die manchmal ein wenig an Mrs. Danvers aus „Rebecca“ erinnert, und Carl van Wegberg, der als Portier Erik sehnsuchtsvoll auf die Geburt seines Kindes wartet. Sie geben dem Ganzen ebenso wie das restliche Ensemble den Feinschliff.
Untermalt wird das Ganze durch die Choreographie von Markus Buehlmann, der auch zwei Solotänzer an den richtigen Stellen dramaturgisch sinnvoll in Szene setzt. Die Bühne von Steven Koop fügt sich einwandfrei in die historische Kulisse und wird komplett bespielt – inklusive der Balkone und Fenster des Schlosses. Die Kostüme (Anne Weiler) passen sich den 1920er Jahren wunderschön an und runden das Gesamtbild ab.
Dem harmonisch inszenierten durchkomponierten Musical fehlt letztlich nur der eine große Song, den man mit nach Hause nimmt. Die Musik an sich ist eine bunte Mischung aus Charleston, Foxtrott und Jazz – eine wunderschöne Komposition, die in eine längst vergangene Zeit einlädt. Doch bis auf eine Szene bleibt die Hoffnung auf das große Solo unbeantwortet, was nicht heißt, dass nicht jeder seinen kurzen Einzelmoment hat. Den fehlenden Showstopper als Makel des Stückes zu sehen wäre jedoch vermessen, es ist lediglich anders im Vergleich zu vielen aktuellen und neueren Musicals, die vor allem auf die Soli ihrer Hauptfiguren setzen. „Grand Hotel“ bricht mit diesem Trend und macht das gesamte Ensemble zum Hauptcharakter. Eine gelungene Abwechslung.
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KREATIVTEAM |
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Musikalische Leitung | Jürgen Voigt |
Regie | Udo Schürmer |
Choreografie | Markus Buehlmann |
Bühnenbild | Steven Koop |
Kostüme | Anne Weiler |
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CAST (AKTUELL) |
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Baron Felix von Gaigern | Carsten Lepper, (Carl van Wegberg) |
Elisaweta Grushinskaja | Katja Brauneis, (Lisa Maria Greslehner) |
Raffaela | Christine Rothacker, (Stefanie Derner) |
Flämmchen | Maria Danae Bansen, (Jessica Rühle) |
Otto Kringelein | Adrian Kroneberger, (Daniel Raaflaub) |
Oberst Ottenschlag | Thomas Weissengruber, (Fabian Bothe) |
Hermann Preysing | Thomas Schirano, (Julian Sylva) |
Erik | Carl van Wegberg, (Jürgen Strohstein) |
Jimmies | Oliver Heim Gerrit Hericks |
Zinnowitz | Klaus N. Holderbaum |
Ensemble | Stefanie Derner Lisa Maria Greslehner Jessica Rühle Wiebke Wötzel Fabian Bothe Daniel Raaflaub Jürgen Strohschein Julian Sylva |
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TERMINE |
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keine aktuellen Termine |
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