Gelungene Inszenierung der Zaufke/Lund-Musicals: Das aus Amateuren bestehende Ensemble des Kulturhauses Osterfeld wird der bissigen Satire mit ansprechenden Leistungen und durchdachten Charakterisierungen vollauf gerecht.
Missbrauch, Erpressung, Mobbing und Homophobie – das sind Themen, denen man in Musicals nicht oft begegnet, zumindest nicht in so geballter Form wie im selten gespielten Werk des Autorenduos Peter Lund (Buch, Texte) und Thomas Zaufke (Musik). Dem Publikum bleibt entsprechend häufig die Luft weg – geklatscht wird eher zaghaft, das Lachen klingt ob der galligen Gags oft unsicher. Mancher geht wohl mit einem mulmigen Gefühl aus der Vorstellung, denn Lund spricht unbequeme Wahrheiten an, zeichnet Figuren mit unangenehmen Charakterzügen, die man kennt – aus seinem Umfeld oder sogar von sich selbst.
Dass „Elternabend“ in dieser Inszenierung seine knallharte Wirkung entfaltet, ist in erster Linie ein Verdienst des Regieduos Barbara Gerstenäcker und Alexander Weber. Sie lassen ihre Darsteller ganz normale, glaubhafte Typen spielen, Menschen wie du und ich; im Laufe der Handlung zeigen sich die seelischen Abgründe der Figuren, ausgelöst durch die Dynamik in der Gruppe der zusammentreffenden Eltern und des Erziehers. Die sieben Charaktere sind von Beginn an gut gezeichnet und problemlos voneinander zu unterscheiden: Natalie Becker spielt glaubhaft und mit großem Einsatz die Irene, eine Hausfrau mit Helfersyndrom und völlig realitätsferner Sicht auf Familie und Tochter. Stefanie Wally als latent homophobe Powerfrau Vera kann mit souveränem Schauspiel und sicherer Stimmführung punkten. Veras unterdrückten und sich in Zynismus flüchtenden Ehemann Gerd spielt Co-Regisseur Weber mit der richtigen Portion Fatalismus. Das naive Girlie Gabi wird von Maren Kühnle verkörpert, die mit gutem Timing und Bewegungstalent überzeugt. Als verzweifelte graue Maus Anouschka begeistert Jeanette Kolem mit gefühl- und charaktervollem Gesang; ihr Solo „Wie lange?“ ist technisch auf höchstem Niveau und transportiert intensiv die Hoffnungslosigkeit der Figur. Oliver Güther als Verlierertyp Kurt und Joachim Kania in der Rolle des im Lauf des Abends zunehmend verängstigten Erziehers Dennis agieren rollendeckend. Die Darsteller der Eltern spielen zusätzlich in einigen Szenen ihre eigenen Kinder. Die Verwandlungen klappen mit Hilfe weniger Requisiten, zusätzlicher Kleidungsstücke und Veränderungen in Stimme und Bewegung hervorragend. Die Abgründe im Sozialverhalten der Bälger zeigen das Regieteam und ihr Ensemble in diesen Szenen mit schonungsloser Deutlichkeit. Starker Tobak! Gut funktionieren außerdem die toll choreographierten Ensemblenummern, in denen es lediglich etwas an Textverständlichkeit mangelt.
Das Bühnenbild ist bewusst einfach gehalten: Auf der nach hinten offenen Bühne sind bunte Kästen, Sitzgelegenheiten und Kuscheltiere verteilt, im Hintergrund sitzt die sehr intonationssicher aufspielende Band unter der Leitung von Paul Taube.
Gerade weil „Elternabend“ dem Publikum einiges abverlangt, sollte es viel öfter auf deutschen Theaterspielplänen stehen – es zeigt, wie Musical auch sein kann: klug, bissig und lebensnah. Das Kulturhaus Ostenfeld hat sich mit dieser gelungenen Produktion darum verdient gemacht.
Sa, 07.11.2009 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | Premiere |
Fr, 13.11.2009 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 27.11.2009 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
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Sa, 28.11.2009 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 04.12.2009 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 06.12.2009 16:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Do, 11.03.2010 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 12.03.2010 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
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