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Der Mann von La Mancha (2005)
Kampnagel, Hamburg

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Mutiger Ritter – Mutige Produzenten: Eine kleine Produktion lässt den Ritter von der traurigen Gestalt wieder reiten, und das im ganz großen Stil.

Was geht vor in diesem Don Quixote? Er singt von Heldentaten und zieht gegen die berühmten Windmühlen zu Felde – der selbsternannte Edelmann lebt in seiner eigenen Fantasiewelt. Das Publikum ist in dieser Welt nicht zu Gast, sondern sieht belustigt von außen – aus der Sichtweise eines Sancho Pansa oder der Magd Aldonsa – einem spleenigen, älteren Herren dabei zu, wie er sich lächerlich macht.

Mitnichten eine Identifikationsfigur.

Zunächst.

Später im Stück, leider etwas zu spät, kann man den einen oder anderen Einblick in das Seelenleben des Quichote-Autors Cervantes erhaschen und verstehen, warum er sich vor der Härte seiner Realität in die Traumwelt einer von ihm erdachten Romanfigur flieht. In der zweiten Stunde gewinnt das ganze Stück eine Intensität und Größe, die im ersten Teil leider gefehlt hat – mit Schuld daran sicher auch die etwas wirre Rahmenhandlung, in der Cervantes in die Gewalt einer merkwürdigen „Bande“ fällt, bei der man nicht einmal zuordnen kann, aus welchem Jahrhundert sie eigentlich kommen soll. Diese „Gang“ scheint einzig dem Zweck zu dienen, die ständige Anwesenheit der beinahe vierzig Darsteller zu erklären, die nebenbei noch als Chor fungieren und bei Bedarf Umbauten am Bühnebild durchführen.

Das große Ensemble nutzt die riesige Bühne dabei gut aus: Mit Hilfe vom pointiert eingesetzten Lichtwechseln (Licht: Stefan Rutkowski u.a.), adäquatem Staging, guten Einfällen und sogar Videoeinsatz wird es für das Auge nie langweilig, obwohl das Stück ohne spektakuläre Umbauten auskommt.

Die diffuse Rahmenhandlung bleibt leider nicht der einzige Schwachpunkt der Inszenierung: So laufen direkt nach einer unangemessen hart inszenierten Vergewaltigungsszene plötzlich zwanzig Mädchen in blonden Perücken auf die Bühne, um zehn Minuten lang ohne erkennbaren Grund Disco-Choreografien zu tanzen (zu Popmusik die nichts mit dem Stück zu tun hat). Das schmälert die emotionale Bedeutung der vorigen Szenen natürlich enorm und wirkt einfach befremdlich (viel Stirnrunzeln im Publikum). Gegen Ende sind diese Irrungen und Wirrungen aber vergessen und das Ensemble läuft zu Höchstform auf. Wenn die bis dato unheilbar pragmatische Aldonsa den sterbenden Quixote nicht mehr als naiven Wirrkopf sondern als bewundernswerten Idealisten begreift, und jeder im Publikum nachfühlen kann was da gerade in ihr vorgehen muss, dann merkt man die Kraft, die in dieser Inszenierung steckt.

Viel Erfreuliches gibt es von der Musik zu berichten. Das Studioorchester der Hochschule für Musik und Theater (Leitung Wolf Kerschek), obwohl nur etwa 15 Mann stark, klingt „groß“ und einfach richtig gut – was sicher auch der Tontechnik zu danken ist, die behutsam und ausgewogen Orchester und Ensemble verstärkt. Davon könnten sich auch wesentlich teurere Produktionen eine Scheibe abschneiden. Die Chorstücke klingen dank des großen, mit vielen guten Stimmen gesegneten Ensembles grandios – schade, dass der Chor nur so selten zum Zuge kommt.

Hauptdarsteller Nikolaus Meer spielt Cervantes wie Quixote ohne große Unterschiede zwischen den beiden Figuren – weil im Laufe des Stückes klar wird, das Cervantes und Quixote letztlich ein und dieselbe Person sind. Diese Unschärfe funktioniert gegen Ende auf beeindruckende Weise, macht es aber im ersten Teil noch schwieriger, die ohnehin sperrige Figur emotional zu greifen und zu verstehen.

Überraschung des Abends ist Sancho Pansa (Enrico De Pieri): Nach seinem quäkigen Eröffnungspart hatte ihn wohl das gesamte Publikum schon innerlich abgehakt – und plötzlich zeigt sich: er kann ja doch singen. Und wie. Ob er sich am Anfang zurückhalten musste, um Nikolaus Meer (dem es in den Tiefen hier und da an Volumen fehlte) nicht die Show zu stehlen? Wie dem auch sei, De Pieri gibt einen liebenswerten Sancho, der die Inszenierung auch an den etwas wirreren Punkten erdet: Egal in welchem Jahrhundert eine Szene nun gerade spielen soll, Sancho bleibt Sancho.

Die hier genannten Kritikpunkte sollen aber die Leistung der durchweg soliden bis hervorragenden Cast und des Teams um Regisseur Axel Heil in keiner Weise schmälern. Immerhin ist es hier gelungen, eine Musicalproduktion von respektabler Größe aus dem Boden zu stampfen, die den Vergleich mit anderen Produktionen nicht zu scheuen braucht – und das bei einem Bruchteil des Kartenpreises. Respekt.

 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
RegieAxel Heil
Musikalische LeitungWolf Kerschek
Mathias Weibrich
BühnenbildMatthias Engelmann
KostümeDiana Derenbach
ChoreographieSebastian Eilers
Technische LeitungChristoph Knödler
 
Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Cervantes / Don QuixoteNikolaus Meer
Sancho PansaEnrico De Pieri
Aldonza / DulcineaNicole Dellabona
Gouverneur / WirtHenrik Giese
Herzog / Dr. CarrascoChristian D. Trabert
PadreAndreas Preuß
AntoniaHannah Schlott
HaushälterinAviva Piniane
PedroRodja Tröscher
AnselmoMartin Schulz
BarbierMichael Svensson
AnhängselWilliam Danne
MariaConny Braun
FerminaInés Zahmoul
JuanTim Schulz
JoséManuel Luna
ChorNina Baukus
Matthias Beurer
Conny Braun
William Danne
Katinka Eckermann
Michael Ernst
Corina Gerlach
Alexander Imhof
Manuel Luna
Nicole Matter
Anke Merz
Saara Mussbach
Matti Pakenen
Jens Plewinski
Verena Raab
Rocco Schill
Tim Schulz
Harald Simon
Nono Strothoff
Michael Svensson
Julian Sylva
Sophia Terhoeven
Nadine Vasta
Kim Tomaszewski
Inés Zahmoul
Elena Zvirbulis
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Mi, 13.04.2005 20:00Kampnagel, HamburgPremiere
Fr, 15.04.2005 20:00Kampnagel, Hamburg
Sa, 16.04.2005 20:00Kampnagel, Hamburg
▼ 4 weitere Termine einblenden (bis 23.04.2005) ▼
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