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„Heute Abend: Lola Blau“ beeindruckt am TiC-Theater Wuppertal nicht nur mit Miriam Kraft als starke Alleinunterhalterin, die durch den musikalischen Leiter des Hauses Stefan Hüfner live am Klavier begleitet wird. Die gesamte Inszenierung von Ralf Budde besticht durch zündende atmosphärische Ideen, die den teilweise schweren Stoff greifbar machen und gleichzeitig vor dem Vergessen sowie zur Selbstreflexion mahnen – gerade am Premierenabend am 9. November.
Ein Scheinwerferkegel nimmt eine vermeintlich beliebige Zuschauerin ins Visier: Miriam Kraft tritt als Lola Blau aus dem Publikum heraus auf die Bühne, taucht in die Story ein und nimmt als scheinbar Gleiche unter Gleichen das Publikum mit.
Das Stück zeichnet das Leben der jüdischen Schauspielerin und Sängerin in Zeiten der Verfolgung und Vertreibung nach der Anschließung Österreichs an Nazi-Deutschland sowie im amerikanischen Exil nach. So unterstellt sie sich in Kriegs- und Krisenzeiten den an sie herangetragenen Ansprüchen und Bedingungen und rutscht vom Showbusiness zwischenzeitig in schlüpfrige Gefilde ab. Lange jagt sie einem Idealismus nach, der jedoch zerbricht, als sie einsehen muss, dass sich viele Menschen nach Untergang des Dritten Reichs der eigenen Verantwortung entziehen und blind ihren (braunen) Stiefel weiter durchziehen.
Die Enthüllung des Bühnenbildes ist nur die erste Enthüllung des Abends: Zahlreiche intime Erlebnisse des fiktiven Charakters deckt Miriam Kraft auf. Die Entwurzelung der Protagonistin kann ein jeder nachvollziehen, der sich selbst schon einmal orientierungslos fühlte. So ist Lola Blau nicht nur eine Jüdin auf der Flucht vor den Nationalsozialisten, sondern auch eine Alleinstehende, die von einer stetigen Sehnsucht nach Heimat und Zugehörigkeit getrieben ist.
Regisseur Ralf Budde vermittelt, dass seine Lola trotz ihrer zufälligen jüdischen Herkunft doch keine „Andere“ ist als jene, die sie verfolgen. Erhobenen Hauptes trägt sie ihr Schicksal und grenzt sich innerlich klar von den Nazis ab: „Wenn man allen alles sagen könnte…“ Mit diesem vielleicht bekanntesten Zitat aus der Feder Georg Kreislers rückt Miriam Kraft als dessen vermeintliches Alter Ego Lola Blau den Kern der Botschaft in den Mittelpunkt.
Während des Spiels finden Auf- und Abgänge durch den Zuschauerraum statt, die rasche Szenenwechsel ermöglichen und Raum für Zwischenspiele am Klavier geben, die die Spannung aufrecht erhalten. Viele Besucher der Vorstellung werden direkt von Kraft angesprochen bzw. -gesungen und somit in die Geschichte eingebunden. Das Konzept der Immersivität geht voll auf! Ralf Budde bietet eine Deutung an, wie eine jüdische Künstlerin das dritte Reich erlebt und letztlich mit Glück überlebt ohne daran zu zerbrechen. Durch den starken Sog, den Miriam Kraft durch ihre leidenschaftlichen Interpretationen der Songs und ihr überzeugendes Schauspiel ausübt, lässt sich das Publikum auf das Angebot Buddes ein.
Die One-Woman-Show wird von Stefan Hüfner, dem musikalischen Leiter des Hauses, am Klavier begleitet. Live-Musik ist aufgrund räumlicher Gegebenheiten des TiC-Theaters ungewöhnlich, entfaltet hier aber ganz wunderbar ihre eindrucksvolle Wirkung: Das intime Schauspiel des Ein-Personen-Stücks wird so ausgesprochen lebendig. Kraft und Hüfner interagieren zwar kaum, dennoch greift die Klaviermusik die dargestellten Emotionen der Lola gut auf und trägt sie an das Publikum heran. Die vorgetragenen Chansons aus der Feder Georg Kreislers werden ansprechend vertont, jedoch dürfte das Spiel am Klavier noch leidenschaftlicher sein.
Miriam Kraft weiß dank ihrer starken Bühnenpräsenz wie auch ihrer klassisch ausgebildeten Stimme ihr Publikum ganz für sich einzunehmen („Im Theater ist was los“). Eine enorme Leistung der Darstellerin! Kraft brilliert mit großem Stimmvolumen und durch ihr wunderschönes, warmes Timbre. Es sitzt nicht nur jeder Ton, sie schenkt dem Libretto durch ihre emotionalen Interpretationen viel Leben. Obwohl Enthusiasmus und Leidenschaft ihrer Figur im Laufe des Stücks vor dem historischen Hintergrund, aber auch durch menschliche Enttäuschungen deutlich nachlassen („Im Theater ist nichts los“), ist die Nähe Krafts zum Publikum gleichbleibend intensiv.
Kleine Nebenrollen wie den alternden, mitreisenden Juden, die gar so deutsche Frau Schmidt oder den Hausmeister – alle Rollen füllt Kraft mit voller Kraft aus! Es genügt ihr ein Accessoire wie ein Rettungsring, um ihren Wandel zu vollziehen.
Sämtliche Dialekte, die sie in ihrer Rolle als Lola den Intendanten innerhalb des Stückes vorschlägt, beherrscht sie tadellos, ob wienerisch, schwyzerdütsch, berlinerisch oder jiddisch. Ebenso bringt sie sämtliche Emotionen glaubwürdig kraftvoll wie zart auf die Bretter: unsicher, keck, frivol und sternhagelvoll auch noch urkomisch („Heut werd‘ ich mich besaufen“). Höhepunkt des Abends ist ihr hinter den Stars and Stripes versteckte Striptease zu „Sex is a Wonderful Habit“.
Miriam Kraft tritt mit Wasserwelle, Marlene-Hosen, sexy Corsagen, eleganten Kleidern, einem Karo-Mantel als Reisebegleiter und dezentem Make-up auf. Die Maske von Elke Quirmbach und die Auswahl der Kostüme von Maya Fichtel entsprechen der Mode der abgebildeten Zeit und lassen Lola auch optisch ausgesprochen authentisch wirken.
Ebenso führt das Bühnenbild von Jan Bauerdick den Zuschauer mit zahlreichen Requisiten, die dem frühen 20. Jahrhundert entstammen, optisch in die damalige Zeit: Weltempfänger, schwarzes Drehscheiben-Telefon und zahlreiche alte Koffer nutzt Lola, um ihre Geschichte zu erzählen. Abgelegte Briefe und eingespielte Tonbänder mit Originalaufnahmen lassen sämtliche Szenen authentisch wirken, auch wenn Kraft das gesamte Stück alleine bestreitet. Sie bespielt jeden Gegenstand auf der Bühne. Ein Paravent in der Mitte der Bühne ermöglicht der Darstellerin rasche Kostümwechsel.
Viel besser lässt sich diese anrührende Geschichte Georg Kreislers voller Schwermut und Sprachwitz kaum auf die Bühne bringen!
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Ralf Budde |
Musikalische Leitung und Klavier | Stefan Hüfner |
Bühne | Jan Bauerdick |
Kostüme | Maya Fichtel |
Maske | Elke Quirmbach |
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CAST (AKTUELL) |
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Lola Blau | Miriam Kraft |
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GALERIE |
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TERMINE |
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So, 08.12.2024 19:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Di, 17.12.2024 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
So, 29.12.2024 19:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Fr, 24.01.2025 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Sa, 25.01.2025 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Sa, 08.02.2025 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Fr, 21.02.2025 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
Sa, 15.03.2025 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | |
So, 16.03.2025 19:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal |
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TERMINE (HISTORY) |
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Sa, 09.11.2024 20:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | Premiere |
So, 17.11.2024 19:00 | TiC-Theater Atelier Unterkirchen, Wuppertal | abgesagt |