Mit seinen Plänen zum Comedy-Musical „Schuh des Manitu“ stößt Musical-Marktführer Stage Entertainment in der Szene auf große Skepsis. Dabei könnte gerade diese Show das Zeichen sein, auf das viele Musicalfreunde lange gewartet haben.
Ein großes Ensuite-Musical, das auf einem deutschen Film basiert? Ein großes Ensuite-Musical, mitentwickelt von einem deutschen Comedian? Ein großes Ensuite-Musical, vertont und betextet von zwei bewährten Kreativen, die nicht aus dem SE-Stall stammen?
Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass dies die Zutaten der nächsten Stage-Entertainment-Produktion für das traditionsreiche Theater des Westens sein würden? Wer hätte sich träumen lassen, dass der niederländische Multi innerhalb eines Jahres die zweite große Eigenproduktion für den einheimischen Markt wagen würde, statt weiterhin auf Importe von Broadway und West End zu setzen. Und dennoch: Die Fachwelt windet sich in Schmerzen und übt sich in Marktführer-Beschimpfung. Unkreativ sei das, und zum Scheitern verurteilt. Eine vertane Chance.
Das ist schade. Denn nur mit so mutigen Entscheidungen für Produktionen wie „Der Schuh des Manitu“ kommt Bewegung in den deutschen Markt. Nur so ergeben sich Chancen auch für deutschsprachige Kreative, denen die großen kommerziellen Musicalhäuser lange Jahre verschlossen waren. Sicher, die unerfreulichen Begleiterscheinungen um die Struppeck-Entlassung in der „Ich war noch niemals in New York“-Premierenphase und das künstlerisch unbefriedigende Ergebnis geben zu Zweifeln Anlass. Sicherlich wird der „Schuh des Manitu“ auch kein Meilenstein des dramatischen Musiktheaters werden, sicherlich genauso wenig die deutsche Antwort auf „Les Misérables“.
Die Entscheidung für einen marktkonformen Komödienstoff ist dennoch folgerichtig. Die Besucherzahlen von „Mamma Mia!“ und „Ich war noch niemals in New York“ zeigen deutlich, mit welcher Art von Musical das deutsche Publikum zurzeit zu erreichen ist und große Theater zu füllen sein könnten. Das Kreativteam gibt zu Hoffnungen Anlass. Bully Herbig hat zuletzt mit seiner hoch gelobten Wickie-Castingshow einmal mehr bewiesen, dass er die Kunst der unverkrampften Unterhaltung beherrscht. Und der Reeperbahn-Dauerläufer „Heiße Ecke“ beweist, dass Martin Lingnau und Heiko Wolgemuth nicht die verkehrteste Wahl sein können, wenn es gilt, einen Publikumserfolg maßzuschneidern. Gönnen wir doch der sonst oft als mutlos und unbeweglich gescholtenen Stage Entertainment eine zweite Chance mit dieser Entscheidung für einheimische Kreative. Nur so kann eine eigenständige deutsche Musicalkultur entstehen, die auch kommerziell erfolgreich ist.