Ensemble von SIX The Musical © Pamela Raith
Ensemble von SIX The Musical © Pamela Raith

SIX The Musical (seit 08/2018)
Vaudeville Theatre, London

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Längst ist die moderne Musicalwelt vom Phänomen „SIX“ überrollt worden. Überall schmettern die sechs Ex-Frauen des bekannten Tudor-Königs Heinrich VIII. ihre Songs: Vom Off-West End zum West End und am Broadway, in Australien, auf Kreuzfahrtschiffen und Landestouren und dieses Jahr auch erstmals weltweit, zum Beispiel in den Niederlanden oder Südkorea – weitere Länder folgen! Dabei ist das knapp über eine Stunde dauernde Stück bei weitem kein klassisches Musical – vielmehr gleicht es einem Pop-Konzert oder einem musikalischen Battle. Und genau das ist es, was „SIX“ zum vielleicht außergewöhnlichsten aktuellen Musical macht und die große Fangemeinde erklärt.

Die Briten kennen die Geschichte der sechs Damen aus dem Schulunterricht nur zu gut. Bekannt sind sie als die sechs Ex-Frauen des populären Königs „Henry the Eighth“, der für vielerlei Taten in die Historie einging: Als Erbauer eines Großteils der englischen Paläste, als Vater der mächtigen Königinnen „Bloody“ Mary I. und der „Virgin Queen“ Elizabeth I., als „Erfinder“ der anglikanischen Kirche, und eben als Mann mit sechs aufeinanderfolgenden Ehefrauen. Um sich das jeweilige Schicksal dieser Königinnen zu merken, lernt man in der Schule den Satz „Divorced, beheaded, died, divorced, beheaded, survived“. In dieser Reihenfolge treten auch die Protagonistinnen von „SIX“ auf, die nacheinander in jeweils einem Song verpackt ihre Lebensgeschichte, ihre Ehe mit Heinrich VIII. und ihr oftmals tragisches Ende reflektieren. Warum sie das machen, wird am Anfang kurz erklärt: Sie möchten herausfinden, wer am meisten unter dem König leiden musste – sie tragen also eine Art Wettstreit aus. Und das ist auch schon die gesamte Handlung des Stückes: Jede Königin schmettert konzertant einen von aktuellen Popstars inspirierten Song, gefolgt von kurzen komödiantischen Dialogen, in denen sich die Queens gegenseitig selbstironisch provozieren. Am Ende gibt es ein harmonisches Zusammenfinden als Band, in dem sie ihre tragische Geschichte wie in einem Remix selbst umschreiben, und aus der „HIStory“ des Königs eine „HERstory“ von sich selbst kreieren.

Jede der Königinnen trägt ein elaboriertes Kostüm, das sowohl Elemente moderner Mode als auch Tudor-Ästhetik und Inspiration bestimmter Pop-Diven vereint und sich durch das jeweilige Farbspektrum von den anderen Kleidern abhebt. Hier haben die Designer ganze Arbeit geleistet. Ein großer Teil des Wiedererkennungswerts dieses Musicals wird über die grandiosen Kostüme gesichert, denn ein elaboriertes Bühnenbild oder große Effekte gibt es nicht. Die Bühne ist mit glitzernden Lametta-ähnlichen Elementen ausgekleidet, gleicht ansonsten aber einer normalen Konzert-Bühne ohne viel Schnickschnack. Neben den Kostümen gibt es keine weiteren Requisiten. Die elaborierten Lichteinstellungen lassen für den Solo-Auftritt jeder Königin eine neue Stimmung entstehen und unterstützen das Konzert-Gefühl des Stücks. Der Ton wird diesem Erlebnis gerecht: Laut, voll, dröhnend und klar wird er in den Saal geschossen und fegt das Publikum förmlich von den Sitzen. Dazu trägt auch die ebenfalls durchgängig weiblich besetzte „Ladies in Waiting“ Liveband bei, die im hinteren Bereich der Bühne platziert ist und immer wieder, wie bei einem Konzert üblich, von den Sängerinnen mit einbezogen wird.

Jede der sechs Akteurinnen ist dauerhaft auf der Bühne und fungiert, wenn nicht gerade ihr großer Solo-Moment auf der Setlist steht, als Background-Sängerin und Tänzerin für die anderen fünf Damen. Alle Lieder beinhalten eine elaborierte und konditionell anspruchsvolle Choreographie, die deutlich an bekannte Pop-Diven wie Beyoncé oder Sia angelehnt scheint. Den einzigen leisen und wenig trubeligen Moment schafft die dritte Königin Jane Seymour mit ihrer Power-Ballade „Heart of Stone“, während der sowohl die anderen fünf Frauen, als auch Choreographie und Partylicht für ein paar Minuten ruhen dürfen.

Ein großer Reiz für viele Fans ist es, die sechs Queens in unterschiedlichsten Besetzungen zu sehen. Zwar gibt es für jede von ihnen eine Erstbesetzung, aber beliebt ist es vor allem bei „SIX“ auch die Cover zu sehen: Diese erhalten nämlich eigens designte und sich vom „Originaldesign“ der jeweiligen Königin deutlich abhebende Kostüme, um ihre Individualität zu unterstreichen. Zudem bringen sie, offensichtlich von der Regie gewünscht und bestärkt, zahllose eigene „quirks“ und Manierismen mit in ihre Rollen, sodass jede Vorstellung wie ein ganz neues Konzert wirkt – in diesem Umfang für Musicals sehr unüblich.

Rhianne-Louise McCaulsky gibt die spanische Königin Catherine of Aragon mit viel feurigem Temperament. In „No way“, von Beyoncé und Shakira-Tunes inspiriert, klagt sie darüber, dass sie dem König immer Folge leistete, ihm gehorsam ein Kind (die spätere Königin „Bloody Mary“) gebar und sie sich endlich zur Wehr zu setzen versuchte, als dieser mit einer neuen Mätresse auftauchte.

Eben jene Nachfolgerin entwickelt sich letztendlich zur bekanntesten der sechs Königinnen: Monique Ashe-Palmer verkörpert Anne Boleyn sehr aufgedreht, lustig und „quirky“ – ganz entgegen der Erwartung an diese historische Figur, die im Grunde durch ihr Charisma den König verführte, die spätere Königin Elizabeth I zur Welt brachte und indirekt dafür sorgte, dass sich England von der katholischen Kirche abspaltete und eine eigene Glaubensrichtung institutionalisiert wurde, die bis heute vorherrscht. Genau dieser Kontrast macht ihre Rolle in „Six“ absurd-lustig. In ihrem von Avril Lavigne und Lilly Allen inspirierten „Don’t lose your head“ singt sie unschuldig und selbstironisch über die Bühne hopsend von ihren diversen Patzern und Wort-Ausrutschern, bis ein eben solcher dafür sorgt, dass sie ihren Kopf verliert.

Nach diesen zwei Up-Tempo-Songs wird es mit der dritten Ehefrau Jane Seymour, gespielt und eindrucksvoll gesungen von Claudia Kariuki, deutlich ruhiger. In ihrer von Sia und Adele inspirierten Power-Ballade „Heart of Stone“ klagt die Dritte davon, dass sie als einzige der Sechs den König wirklich liebte und ihm den ersehnten männlichen Thronerben schenkte, nur um im Kindbett dahinzuscheiden und ihr Glück durch ihre Finger gleiten zu sehen.

Die Mitte des Stückes könnte man auch als den Höhepunkt sehen (wobei in diesem Stück jeder Zuschauer eine andere Königin als Favoritin haben wird). Nach drei kurzen Ehen schaut sich der König in Deutschland nach einer neuen Gemahlin um und baut dabei auf die Hilfe des Hofmalers Hans Holbein, der ihm die schönsten Damen auf Porträts präsentieren soll. Diese Szene wird in „Haus of Holbein“ als Elektro-Dance-Song bombastisch von allen sechs Königinnen und einer grandiosen Party-Lichttechnik dargeboten. Ein wahrer Showstopper!

Dionne Ward-Anderson gibt urkomisch die aus Deutschland stammende Anna of Cleves, die vom König direkt wieder geschieden wird, als er sie das erste mal nicht als Bild, sondern in Realität zu Gesicht bekommt. Stattdessen erhält sie vom König Paläste, Diener und Ländereien als Abfindung, was Ward-Anderson nutzt, um ihre Figur protzig und „bossy“ auszulegen. Von Anfang an ist klar, dass Anna den Contest um das dramatischste Leben nicht gewinnen wird, und Ward-Anderson spielt ihre Figur in genau diese Richtung durch bewusst aufgesetztes Trauern um ihre Ablehnung des Königs in ihrem Rihanna- und Nicky Minaj-ähnlichem Lied „Get Down“ grandios lustig aus.

Den längsten Song des Abends bietet Koko Basigara als fünfte Frau Katherine Howard mit „All you wanna do“ auf, was ironisch ist, da sie von allen Ehefrauen die Unbekannteste sei. Diese Ironie nutzt Basigara, um ihre Figur mit Leben zu füllen und legt sie nach Britney Spears und Ariana Grande-Manier als naives und gutgläubiges Mädchen aus, das von Männern benutzt und sexualisiert wurde – auch vom König, was ihr letztendlich den Tod durch den Henker einbrachte.

Roxanne Couch gibt die Überlebende der sechs Queens, Catherine Parr, als besonnene Stimme der Vernunft, die in ihrem Alicia Keys und Emilie Sandé-inspirierten Lied „I don’t need your love“ emotional berührend berichtet, wie sie zu dem erwachsenen Standpunkt gekommen ist, nicht vom König abhängig zu sein. Mit zwei letzten Songs schließen sich alle Königinnen der Meinung von Parr an und bringen das Haus in einem Remix von „I don’t need your love“ gemeinsam stimmgewaltig zum Beben. Zum krönenden Abschluss gibt es nach den Standing Ovations noch einen Mix aus all ihren Songs namens „MegaSIX“, der das Auditorium jubelnd zurücklässt.

Ein einmaliger Theater-Musical-Konzert-Abend, bei dem ein Ohrwurm den nächsten jagt. Hoffentlich finden die Queens auch mal ihren Weg nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz!

Diese Produktion war in folgenden Londoner Theatern zu sehen:
1. Spielzeit im Arts Theatre: 30.08.-14.10.18
2. Spielzeit im Arts Theatre: 17.01.19-03/20
Lyric Theatre: 05.12.20-29.08.21
Vaudeville Theatre: 29.09.21-

 
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KREATIVTEAM
Musical von Toby Marlow und Lucy Moss
RegieLucy Moss
Jamie Armitage
ChoreographieCarrie-Anne Ingrouille
BühnenbildEmma Bailey
KostümeGabriella Slade
SoundPaul Gatehouse
LichtTim Deiling
Musikal. SupervisionJoe Beighton
OrchestrierungTom Curran
 
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CAST (AKTUELL)
Catherine of AragonNikki Bentley
Gabriella Stylianou
Anne BoleynThao Therese Nguyen
Naomi Alade
Danielle Rose
Jane SeymourKayleigh McKnight
Gabriella Stylianou
Danielle Rose
Anna of ClevesReca Oakley
Naomi Alade
Katherine HowardInez Budd
Hannah Lowther
Danielle Rose
Catherine ParrJaniq Charles
Hannah Lowther
SwingsMeg Dixon-Brasil
Hana Stewart
 
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CAST (HISTORY)
Catherine of AragonJarneia Richard-Noel [30.08.18-14.11.21]
Amy Di Bartolomeo [16.11.21-16.10.22]
Rhianne-Louise McCaulsky [18.10.22-15.10.23]
Nikki Bentley [17.10.23-]
Catherine of Aragon AlternatesCourtney Stapleton
Shekinah McFarlane
Zara MacIntosh
Paisley Billings [16.11.21-16.10.22]
Monique Ashe-Palmer [18.10.22-15.10.23]
Gabriella Stylianou [17.10.23-]
Anne BoleynMillie OConnell [30.08.18-13.10.19]
Courtney Bowman [15.10.19-14.11.21]
Amanda Lindgren [16.11.21-16.10.22]
Baylie Carson [18.10.22-15.10.23]
Thao Therese Nguyen [17.10.23-]
Anne Boleyn AlternatesVicki Manser
Cherelle Jay
Danielle Rose [16.11.21-15.10.23, 25.06.24-]
Naomi Alade [17.10.23-]
Jane SeymourNatalie Paris [30.08.18-14.11,21]
Claudia Kariuki [16.11.21-15.10.23]
Kayleigh McNight [17.10.23-]
Jane Seymour AlternatesHana Stewart
Roxanne Couch [16.11.21-16.10.22]
Leah Vassell [18.10.22-15.10.23]
Gabriella Stylianou [17.10.23-]
Danielle Rose [25.06.24-]
Anna of ClevesAlexia McIntosh [30.08.18-14.11.21]
Dionne Ward-Anderson [16.11.21-15.10.23]
Reca Oakley [17.10.23-]
Anna of Cleves AlternatesVicki Manser
Shekinah McFarlane
Cherelle Jay
Paisley Billings [16.11.21-16.10.22]
Monique Ashe-Palmer [18.10.22-15.10.23]
Naomi Alade [17.10.23-]
Katherine HowardAimie Atkinson [30.08.18-13.10.19]
Vicki Manser [15.10.19-19.01.20]
Sophie Isaacs [21.01.20-14.11.21]
Tsemaye Bob-Egbe [16.11.21-16.10.22]
Koko Basigara [18.10.22-15.10.23]
Inez Budd [17.10.23-]
Katherine Howard AlternatesZara MacIntosh
Danielle Rose [16.11.21-15.10.23, 25.06.24]
Hannah Lowther [17.10.23-]
Catherine ParrMaiya Quansah-Breed [30.08.18-13.10.19]
Danielle Steers [15.10.19-14.11.21]
Meesha Turner [16.11.21-16.10.22]
Roxanne Couch [18.10.22-15.10.23]
Janique Charles [17.10.23-]
Catherine Parr AlternatesCourtney Stapleton
Hana Stewart
Roxanne Couch [16.11.21-16.10.22]
Leah Vassell [18.10.22-15.10.23]
Hannah Lowther [17.10.23-]
Understudy / SwingGrace Mouat [30.08.18-07/19]
Collette Guitart [07/19-14.11.21]
Rachel Rawlinson [16.11.21-15.10.23]
Esme Rothero [16.11.21-15.10.23]
Harriet Watson
Meg Dixon-Brasil [17.10.23-]
Natalie Pilkington [17.10.23-]
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
Do, 21.11.2024 16:00Vaudeville Theatre, London
Do, 21.11.2024 20:00Vaudeville Theatre, London
Fr, 22.11.2024 20:00Vaudeville Theatre, London
Sa, 23.11.2024 16:00Vaudeville Theatre, London
Sa, 23.11.2024 20:00Vaudeville Theatre, London
So, 24.11.2024 15:00Vaudeville Theatre, London
So, 24.11.2024 19:00Vaudeville Theatre, London
Di, 26.11.2024 20:00Vaudeville Theatre, London
Mi, 27.11.2024 20:00Vaudeville Theatre, London
Do, 28.11.2024 16:00Vaudeville Theatre, London
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Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastCast (Historie)Ter­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Do, 30.08.2018 20:00Arts Theatre, LondonPremiere
Sa, 22.09.2018 20:00Arts Theatre, London
So, 23.09.2018 16:00Arts Theatre, London
▼ 2652 weitere Termine einblenden (bis 20.11.2024) ▼
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