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Die Frankenfestspiele Röttingen entwickeln sich unter der Doppelintendanz von Walter Lochmann und Sascha Oliver Bauer nun doch nicht zu einer Art Frank-Wildhorn-Festspiele. Nach „Dracula“ und „Der Graf von Monte Christo“ in den letzten beiden Jahren steht mit „Der geheime Garten“ in diesem Jahr ein äußerst selten gespieltes Stück auf dem Programm, das vor allem mit einer Vielzahl von tollen Songs auf sich aufmerksam machen kann.
Obwohl das Musical „The Secret Garden“ mit dem Kinderbuchklassiker von Frances Hodgson Burnett über eine durchaus populäre Vorlage verfügt und zudem mehrfach ausgezeichnet worden ist, findet es nur äußerst selten den Weg auf deutschsprachige Bühnen. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass es für die Darbietung dieses Stückes exzellenter Kinderdarsteller bedarf und das Werk daher in Deutschland im Grunde genommen genauso unaufführbar ist wie etwa „Matilda“. Im Gegensatz zu den bei anderen Musicals üblichen, netten Kurzauftritten von Kindern handelt es sich nämlich sowohl bei der Rolle der Mary Lennox als auch bei der des Colin um jeweils vollwertige, „ausgewachsene“ Parts, die hervorragende gesangliche und schauspielerische Fähigkeiten verlangen.
In Röttingen behilft man sich nun mit jugendlichen Darstellern, wodurch die für dieses Stück so wichtige kindliche Unschuld und Naivität zwangsläufig auf der Strecke bleibt. Textzeilen wie „In all den Jahren habe ich noch kein Kind erlebt, das so erwachsen wirkte“ erzeugen da schon einen nahezu selbstironischen Nachhall. Trotzdem ist dem Röttinger Kreativteam um Musikdirektor Walter Lochmann und Schauspieldirektor Sascha Oliver Bauer ein äußerst sorgfältiger Umgang mit dieser anspruchsvollen Personalie zu bescheinigen. Vor allem die 16-jährige Wienerin Nataya Sam überzeugt mit einer durchweg intonationssicheren Interpretation, einer ausgesprochen hübschen Gesangsstimme sowie mit stimmigen Spiel. Ihre Mary Lennox ist eigensinnig, stark und störrisch und ihr Zusammenspiel mit den erwachsenen Darstellern vermag den Abend zu tragen. Sie ist ein großes Talent mit beeindruckender Präsenz, von der hoffentlich noch viel zu sehen sein wird. Als blassgesichtiger und kränkelnder Colin steht der 14-jährige Niklas Röckert auf der Bühne.
Wäre bei diesem Stück nicht diese spezielle besetzungstechnische Höchstanforderung zu stemmen, so würde es hierzulande wohl deutlich häufiger gespielt werden, denn die Musik lässt wahrlich keine Wünsche offen. „Der geheime Garten“ enthält eine Vielzahl ganz vorzüglicher Melodien und verbindet lyrische und zarte Passagen mit dramatischen Ensemblenummern und angelsächsischen Folk-Weisen. Das originär durch seine sinfonische Opulenz bestechende Werk wird in Röttingen von einer 6-köpfigen Band musikalisch umgesetzt. Dass das überhaupt und überdies so gut funktioniert, ist der musikalischen Bearbeitung durch Walter Lochmann zu verdanken, der in der Fertigkeit des „Verkleinerns“ großer Fassungen inzwischen eine veritable Meisterschaft erlangt hat. Auch diesmal begeht er nicht den Fehler, eine große Orchesterfassung mittels Keyboardeinsatz einfach nur nachempfinden zu wollen, sondern er präsentiert eine eigenständige Fassung mit viel Einfühlungsvermögen und noch mehr neuen Ideen. Besonders reizvoll ist dabei der Einsatz der E-Gitarre, die vor allem bei den Ensemblenummern für große Dynamik und Spannung sorgt. Einzig „Lilys Augen“ („Lily’s Eyes“) verliert in dieser Fassung, da es durch das schlagzeuglastige Arrangement seiner mitreißenden Geschmeidigkeit beraubt wird. Im Übrigen jedoch lädt diese Röttinger Fassung gekonnt dazu ein, das Stück musikalisch ein Stück weit neu zu entdecken.
Auch Regisseur Sascha Oliver Bauer legt kräftig Hand an dem Werk an. Er strafft es an einigen Stellen und fügt einige Änderungen ein, ohne jedoch die Geschichte aus den Augen zu verlieren, die er erzählen will. Dabei konzentriert er sich vor allem auf Archibalds, Marys und Colins Rückkehr ins Leben. Marys Verhältnis zu ihren toten Eltern indes interessiert ihn überhaupt nicht, ebensowenig die vielen anderen Ausdeutungsmöglichkeiten, die das metaphernreiche Buch bereithält. Leider will er manchmal trotzdem noch zuviel; so etwa, wenn er den Song „Lily’s Eyes“, einen todsicheren Showstopper, an das Ende des ersten Akts stellt und parallel hierzu Mary den Eingang des Gartens finden lässt, wobei es sich um den eigentlichen Cliffhanger zum zweiten Teil der Show handelt. So aber verpufft jedoch leider beides wirkungslos. Was für eine vergebene Chance!
Bauer ist es jedoch hoch anzurechnen, dass er nicht in die Kitsch-Falle tappt, die dieses Stück ebenfalls bereithält: Die Kostüme von Agnes Hamvas sind sehr heutig und trachten nicht nach viktorianischem Rüschen-Allerlei und das Bühnenbild von Helmut Mühlbacher vermeidet eine realistische Darstellung des magischen und geheimnisvollen Gartens, was sehr schnell in einer oberflächlichen Zurschaustellung von Blümchen-Flitter hätte münden können. Ohnehin liefert die Freilichtbühne im Innenhof der Burg Brattenstein die Natur- und Erdfarben praktischerweise gleich mit, die für die Erzählebene um die heilenden Kräfte der Natur so wichtig sind. Die vielen raschen Szenenwechsel des Stückes werden vor allem mittels Drehbühne bewerkstelligt, ansonsten nutzt die Inszenierung die gesamte Frontseite der historischen Burganlage. Hier entstehen, vor allem nach einsetzender Dunkelheit im zweiten Akt, viele stimmungsvolle Momente wie etwa ein intensiv in Szene gesetztes Beschwörungsritual. Auch das schauerliche Treiben der vielen untoten Geister auf Misselthwaite Manor, von Choreografin Kathleen Bauer mit viel Taschenlampen wirkungsvoll auf die Bühne gebracht, passt gut in dieses rustikale Ambiente.
Wie immer ist die Musicalproduktion der Frankenfestspiele äußerst populär besetzt. Wenn man es nicht anders wüsste, so wäre man aufgrund der großen Anzahl gestandener VBW-Künstler auf der Bühne dazu verleitet, diese Aufführung im regionalen Umfeld von Wien zu vermuten. In der Rolle des Archibald Craven ist Ethan Freeman zu sehen, der hinreißende Songs wie „Ein Stückchen Land („A Bit of Earth“) mit kraftvoller Stimme intoniert und beeindruckend die Verletzlichkeit dieses todunglücklichen Mannes herausstellt. Ebenfalls mit herausragender Stimme und starkem Spiel gibt Dennis Kozeluh dessen Bruder Neville als manipulativ-verlogenen Strategen, dem am Schluss ebenfalls ein neues Leben, wenn auch unfreiwillig, bevorsteht. Kathleen Bauer als Archibalds verstorbene Ehefrau Lily ist optisch auf eine Mischung zwischen keltischem Druiden und naivem Hausgeist getrimmt, was sich bei den Rückblenden des Stückes ein wenig unglücklich erweist, da dort die Figur als reale Person gefordert ist. Vielleicht liegt es daran, dass die in dem Stück eigentlich allgegenwärtige Lily auf der Bühne doch nur wenig Präsenz entfaltet. Bauers wunderbar sicherer und leichter lyrischer Sopran entschädigt jedoch hierfür.
Die massivsten Änderungen hat die Rolle der Mrs. Medlock erfahren, die für diese Produktion immens aufgewertet worden ist und nunmehr wahlweise die Funktion der Chorführerin und der Erzählerin innehat. Das macht nicht immer Sinn, eröffnet jedoch die Möglichkeit, die eher kleine Rolle mit einer Darstellerin vom Kaliber einer Ann Mandrella zu besetzen. Diese gibt nun der Part der Haushälterin mit Fräulein-Rottenmeier-Attitüde, toller Stimme und bestechend klarem Spiel – für eine Rolle, die es so gar nicht gibt, ist das ziemlich viel. Martha ist mit Carin Filipcic auch nicht gerade typgerecht besetzt, für deren Song „Halt durch“ („Hold On“ – eine tolle, wenn auch durch und durch vorhersehbare typische Belt-Hymne) – steht hiermit jedoch eine Interpretin zur Verfügung, die das zur Zufriedenheit aller erledigen kann. Große Freude bereitet auch Aris Sas als Dickon, eine Schlüsselfigur für Mary auf der Suche nach dem geheimen Garten, den er mit unerschütterlichem Optimismus, einer grundsympathischen Ausstrahlung sowie mit angenehm warmer wie kraftvoller Stimme gibt.
Diese Freilichtinszenierung von „Der geheime Garten“ ist sicherlich nicht die berührendste, die man sich vorstellen kann. Dafür fehlt es ihr an emotionaler Magie und letztlich auch an dem Faszinosum von mitreißenden Kinderdarstellern auf der Bühne. Gleichwohl haben es die Frankenfestspiele Röttingen mit dieser Produktion abermals verstanden, nachhaltig und überregional auf sich aufmerksam zu machen. Für die nächste Saison wurde bereits Andrew Lloyd Webbers „Sunset Boulevard“ als Musicalproduktion angekündigt – man darf erneut gespannt sein…
Buch & Texte: Marsha Norman
Musik: Lucy Simon
nach dem Roman von Frances Hodgson Burnett
Deutsch von Christian Gundlach
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KREATIVTEAM |
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Inszenierung | Sascha Oliver Bauer |
Musikalische Leitung | Walter Lochmann |
Bühne | Helmut Mühlbacher |
Choreographie | Kathleen Bauer |
Kostüme | Agnes Hamvas |
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CAST (AKTUELL) |
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Mary Lennox | Nataya Sam Vera Herberich |
Archibald Craven | Ethan Freeman |
Neville Craven | Dennis Kozeluh |
Dickon | Aris Sas |
Martha | Carin Filipcic |
Mrs. Medlock | Ann Mandrella |
Lily Craven | Kathleen Bauer |
Ben Weatherstaff | Klaus W.T. Herdel |
Colin Craven | Niklas Röckert Luis Schmidbauer |
Weitere Rollen | Ulrike Ziegler Anja Höfling Nicole Reißmann-Balling Esther Brönner Jochen Frankl Jeanette Geiger Erika Weimer Antje Eckhoff Sophie Zobel Nikko Forteza Rumpf Theresa Romes Marion Mjartan Teresa Ziegler Anja Wendzel |
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GALERIE |
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TERMINE |
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TERMINE (HISTORY) |
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Do, 16.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | Premiere | |||||||
Fr, 17.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Sa, 18.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
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So, 19.07.2015 18:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Sa, 25.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Do, 30.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Fr, 31.07.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Sa, 01.08.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
So, 02.08.2015 18:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Do, 13.08.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Fr, 14.08.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
Sa, 15.08.2015 20:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
So, 16.08.2015 18:30 | Frankenfestspiele, Röttingen | ||||||||
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