Vier neue Musicals in einer Spielzeit sind ein strammes Programm für ein öffentliches Theater. In der neuen Spielzeit hat zudem die Hälfte des Musical-Ensembles in Hildesheim gewechselt. Mit „Victor/Victoria“ gelingt dem Theater für Niedersachsen dennoch ein gelungener Einstand in die neue Saison. Dabei ist es besonders der pointierte Wortwitz des Stücks, der bei der Premiere zu langanhaltendem Applaus mit vielen Bravo-Rufen führt.
Katja Buhl (Inszenierung/Choreografie) hatte in der letzten Spielzeit nicht immer ein glückliches Händchen. Mit „Victor/Victoria“ gelingt ihr nun ein sehenswerter Start in die neue Saison. Mit teils straffem Tempo treibt sie ihr Team zu hoher Leistung – und das nimmt die Herausforderung gerne an. Ihre Choreographien wirken stimmig, nicht überladen und haben dennoch den Mut, aus einer allgemeinen Synchronität auszubrechen.
Besonders Caroline Zins (Victoria Grant), Jens Krause (Toddy), Annika Dickel (Norma) und Alexander Prosek (Squash Bernstein) fallen an diesem Abend positiv auf, wenn sich alles um das Thema „homo- oder heterosexuell?“ dreht. Aber auch das übrige Ensemble spielt und tanzt sich sehenswert durch den Abend. Alle Darsteller haben dabei offensichtlich Respekt vor ihren Rollen, ohne sich dabei zu ernst zu nehmen. So entstehen mit großer Spielfreude viele Szenen, die ein wenig in Richtung Slapstik driften und dadurch für den ein oder anderen lauten Lacher und Szenenapplaus sorgen.
Wären da nicht die endlos lange Overtüre vor geschlossenem Vorhang und die sich immer mehr zu Showstoppern (im wahrsten Wortsinne) entwickelnden aufwändigen Umbaupausen, könnte man dem Abend den gewissen „Flow“ bescheinigen. Steffen Lebjedzinski überzeugte schon häufig mit kreativen und dennoch erstaunlich wandelbaren Bühnenbildern. Auch bei „Victor/Victoria“ passt sein Entwurf gut in die zeitliche Einordnung und zeigt eine Vielzahl an Spielorten. Wenn allerdings ein Nachtclub mehrfach Tisch für Tisch und Glas für Glas von der technischen Crew auf- oder abgebaut werden muss, hilft auf Dauer auch der geöffnete Vorhang nicht, die langen Wartezeiten interessant zu gestalten. Das Lichtdesign in Hildesheim nimmt sich vornehm zurück, kitzelt mit dezenten Projektionen und geschickten Farbwechseln verschiedenste Nuancen aus dem Bühnenbild heraus.
Die Abmischung des Tons bei der Premiere gestaltet sich überwiegend positiv. Nur zwei kleine Knartzer der Funkstrecken, ein zeitweise zu leises Schlagzeug und an wenigen Stellen von der Musik überdeckte Gesangstexte fielen negativ auf.
„Victor/Victoria“ ist ein sehr Ohrwurm-armes Musical und auch die Handlung ist eher schlicht und vorhersehbar. Doch dank des pointierten und sehr engagierten Spiels des gesamten Ensembles ist der Abend in Hildesheim dennoch spannend und schön anzusehen. Nach zweieinhalb Stunden kann Katja Buhl gemeinsam mit ihrem Team den verdienten Applaus genießen.
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