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Professor Unrat (2006)
Stadttheater, Bremerhaven

Kreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Wer nur die von Marlene Dietrich geträllerten Songs aus dem Film „Der blaue Engel“ kennt und deshalb einen kurzweiligen und unterhaltsamen Abend erwartet, der wird das Theater verstört verlassen. Heinrich Manns dem Drehbuch zugrunde liegende, für die Bühne von Gottfried Greiffenhagen und Peter Zadek bearbeitete Romanvorlage „Professor Unrat“ stellt mit dem Ausflug eines liebestollen Professors ins Tingeltangel-Milieu die Werte und Normen des wilhelminischen Zeitalters in Frage. Trotz eines überragenden Darstellers in der Titelrolle hinterlässt die Inszenierung von Wolfgang Hofmann wenig positive Erinnerungen.

„Un-rat, Un-rat“ skandiert eine aufgebrachte Menge und treibt den Professor und seine Ehefrau in einen Käfig. Dort eingesperrt werden ihnen Schilder mit den Worten „Müll“ und „Dreck“ um den Hals gehängt. Unter dem Johlen der Peiniger setzt sich die vergitterte Falle langsam in Richtung Bühnenhintergrund in Bewegung und verschwindet schließlich im Dunkeln. Mit diesem eindrucksvollen Bilder lässt Hofmann seine Regiearbeit ausklingen und erinnert damit daran, dass Heinrich Mann 1933 von den Nazis aus seiner deutschen Heimat vertrieben worden ist. Ein schöne Idee, allerdings dürfte sie nur von den Zuschauern verstanden werden, die vorher eingehend das Programmheft studiert haben. Bei allen anderen gesellt sich zu den vielen Fragezeichen, die diese Inszenierung hinterlässt, ein weiteres.

Dabei beginnt der Abend sehr vielversprechend. Hofmann schildert zunächst sehr direkt den Lehralltag eines pedantischen Professors, der seine Schüler mit klassischen Werten und ebensolcher Literatur drangsaliert. Mit herrischem Gehabe versucht jener Professor Unrat, seine Ideale von Zucht und Ordnung in bester preußischer Manier durchzusetzen – ihm bleibt dabei allerdings verborgen, dass seine Schüler ihn schon lange nicht mehr respektieren. Mit einer List locken sie ihn aus seiner wohlgeordneten Welt in eine zwielichtige Kaschemme. Sobald Unrat in die nächtliche Halbwelt eindringt, wird das von Ausstatter Peter Lehmann mit Schulbänken angedeutete Klassenzimmer von einem Podest überrollt, auf dessen erster Etage sich das Nachtlokal befindet. Mit nichts außer einem erhöhten Minipodium im Zentrum und einem roten Hintergrundprospekt kann sich schwüle Verruchtheit hier allerdings nicht breit machen. Auch Regisseur Hofman kann in dieser nüchternen Optik nur schwer verdeutlichen, warum es den Professor immer wieder hierher zieht, zumal er sich bei der Charakterisierung des Stars dieses Etablissements nicht eindeutig festlegen mag. Rosa Fröhlich ist hier eine Mischung aus Vamp, Luder und naiver Kindfrau und schon deshalb ist es nur schwer nachzuvollziehen, warum Unrat ihr so plötzlich mit Haut und Haar verfällt und entgegen seinen traditionellen Moralvorstellungen mit ihr ins Bett hüpft. Hofmann entlässt sein Publikum mit einem abrupten Zeitsprung in die Pause: Plötzlich steht das Ergebnis der besagten Liebesnacht, eine Erstklässlerin, neben seinen Eltern auf der Bühne.

Der zweite, nur noch knappe 45 Minuten dauernde Teil besteht aus Szenenfolgen, die von aus den Lautsprechern dröhnenden, abrupt endenden Musikeinspielungen und Lichtblitzen unterbrochen werden. Hofmann schildert nun den Alltag der Unrats, die sich am Strand und in ihrer Villa mit der besten wilhelminischen Gesellschaft umgeben. Der Professor zockt dabei die Honoratioren beim Glücksspiel ab, während sich Rosa und ein Geschwader von spärlich bekleideten Halbweltdamen den körperlichen Bedürfnissen beider Geschlechter widmen. Welche Botschaft Inszenierung und Stück vermitteln wollen, bleibt bis zum bitteren Ende auf der Strecke.

Ein Lichtblick in diesem diffusen Durcheinander ist Roberto Widmer in der Titelrolle. Seinem Professor Unruh zuzuschauen macht Spaß. Der Darsteller lebt den verstockten preußischen Hagestolz und es gelingt ihm auch, die Figur glaubwürdig in das Lotterleben des zweiten Teils herüberzuretten. Bettina Ludwig (Rosa Fröhlich) überzeugt zwar in den Dialogen und macht auch optisch eine gute Figur. In den der Film-Version entlehnten Songs wie „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ oder der „feschen Lola“ stößt sie jedoch hörbar an ihre Grenzen. Vielleicht hätte ihre Rolle lieber Heike Eulitz übertragen werden sollen, die als Hedwig im Duett „Wenn die beste Freundin mit der besten Freundin“ stimmlich überzeugt. Die kleine Band unter der Leitung von Christoph Hornischer übertönt zeitweise das Geschehen auf der Bühne.

Buch: Gottfried Greiffenhagen und Peter Zadek nach Heinrich Mann

 
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KREATIVTEAM
InszenierungWolfgang Hofmann
Bühnenbild und KostümePeter Lehmann
Musikalische LeitungChristoph Hornischer
 
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CAST (AKTUELL)
Professor UnratRoberto Widmer
Rosa FröhlichBettina Ludwig
KieselackRolf Bach
LohmannRoland Wolf
ErtzumBenedikt Balthasar
Kiepert / GierschkeGuido Fuchs
Guste / Frau MeyerHella-Birgit Mascus
Herr Meyer / Arbeiter / RichterMatthias Pantel
Rindfleisch / Kapitän / QuittchensKay Krause
Heuerbaas / Wirt / BreetpottGünter Pirow
Kassiererin / HedwigHeike Eulitz
Matrose/ Jacobi/ LorenzenStephan Clemens
Dröge/ Matrose/ KnustKlaus Ebert
Isadora DuncanFranziska Scicluna
Band des Stadttheaters BremerhavenChristoph Hornischer
Sandro Giampietro
Karl Haar
Kurt Mieritz
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 30.09.2006 19:30Stadttheater, BremerhavenPremiere
Mi, 04.10.2006 19:30Stadttheater, Bremerhaven
Sa, 07.10.2006 19:30Stadttheater, Bremerhaven
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