Das freie Amateurtheater BRETThupferl wagt sich zu seinem 25jährigen Bestehen an die deutsche Erstaufführung von Stephen Sondheims 1954 entstandenem Erstlingswerk, das jedoch erst 1997 zum ersten Mal auf die Bühne kam. Sehr gute Ensembleleistungen, eine stimmige Inszenierung und ein professionelles Umfeld sorgen für eine fast perfekte Darbietung.
Eine Amateurtruppe spielt ein Sondheim-Stück, und noch dazu eines, das bisher in Deutschland noch nicht zur Aufführung kam? Eine gewagte, wenn nicht sogar zum Scheitern verdammte Entscheidung – möchte man meinen. Aber das BRETThupferl-Theater belehrt den allzu skeptischen Besucher eines besseren.
Wie dem sehr ausführlichen, informativen und aufwändig gestalteten Programmheft zu entnehmen ist, plante Regisseur und Hauptdarsteller Alexander Weber bereits seit mehr als fünf Jahren eine Inszenierung des Stoffes mit „seinem“ Theater. Nachdem man die Übersetzungs- und die deutschen Erstaufführungsrechte erhalten hatte, wurde entschieden, das Stück, dessen Titel im Original schlicht „Saturday Night“ lautet, mit dem Zusatz „…in Brooklyn“ zu versehen, um eine Verwechslung mit „Saturday Night Fever“ möglichst zu vermeiden.
Die Inszenierung im Kulturhaus Osterfeld ist rundum gelungen – was in erster Linie dem erfahrenen Alexander Weber zu verdanken ist, der bereits drei Theaterstücke sowie die Musicals „Snoopy“, „The Boyfriend“ und „Zustände wie im alten Rom“ in Pforzheim zur Aufführung brachte und auch jeweils in tragenden Rollen auf der Bühne stand. Jede Szene ist gut durchdacht, die Darsteller wirken stets sicher und strahlen eine Spielfreude aus, wie man sie sich für manche kommerzielle Produktion wünschen würde. Mit Ballettschulinhaberin Sabine Rose (Choreografie) sowie Pianist und Musikpädagoge Paul Taube (Musikalische Leitung) bildete Weber außerdem ein Team, das offensichtlich für ein professionelles Umfeld während der 18monatigen Proben sorgen konnte: Die Choreografien wirken leichtfüßig und selbstverständlich, ohne die oft bei Amateurproduktionen zu beobachtenden Unsicherheiten. Die 17köpfige Band spielt bravourös, leider übertönt sie wegen mangelhafter Aussteuerung hin und wieder die Sänger.
Die Bühne (Studentinnen der Hochschule Pforzheim unter der Leitung von Thomas Pekny) ist zweistöckig mit Treppenaufgängen auf jeder Seite und wird mit wenigen Requisiten von der Veranda in Brooklyn in das mondäne Plaza Hotel und wieder zurück verwandelt. Hervorragende Lichteffekte (Alexander Weber, Frank Willmann) tauchen die Bühne in unterschiedliche Stimmungen, mal angenehm unaufdringlich, mal auffällig rötlich-schummrig im Nachtclub oder neblig-kalt vor dem nächtlichen Polizeirevier.
Zur Handlung: Im Brooklyn des Jahres 1929 träumen Ted (Roberto-José Patti), Artie (Karl J. Claridge), Ray (Benjamin Spies), Dino (Philipp Lorenz) und Bobby (Joachim Kania) von großen Gewinnen an der Börse und davon, ein Rendezvous für den nächsten Samstagabend zu finden. Während die fünf eher erfolglos bei ihrer Suche sind, trifft ihr Freund Gene (Alexander Weber) auf die schöne Helen (Melanie Kalcher) und verliebt sich in sie. In der Folge leistet sich Gene einige Dummheiten: Er verwendet das Geld, das ihm seine Freunde für einen angeblich todsicheren Börsentipp gegeben haben, um die Kaution für ein Apartment im feineren Teil New Yorks zu bezahlen; er verkauft das geliehene Auto seines Cousins (Axel Bützow), um an neues Geld zu kommen, und meldet es anschließend als gestohlen; nachdem all seine Pläne zu scheitern drohen, droht er gar sich umzubringen. Mit Helens Hilfe lösen sich alle finanziellen und emotionalen Probleme schließlich in Luft auf, und einem Happy End steht nichts mehr im Wege.
Weber bewältigt die schwierige Doppelfunktion mit Bravour, zeigt eine routinierte, gesanglich einwandfreie Leistung, kann jedoch in Bezug auf Ausstrahlung und Präsenz in den romantischen Szenen mit der absolut hinreißenden Melanie Kalcher nicht ganz mithalten. Sie begeistert nicht nur mit ihrer wunderbar klaren und sicheren Stimme, sondern auch mit großartiger darstellerischer Darbietung. Ihr Solo „Hab ich Recht“ zu Beginn sowie die Duette „So viele Menschen“ und „Was brauch ich schon mehr“ sind die Höhepunkte des Abends.
Alle anderen Darsteller zeigen gute bis sehr gute Leistungen. Herauszuheben sind Petra Ehrenberg und Luis Vicario als Ehepaar Celeste und Hank; sie überzeugt mit erfrischendem Spiel, er mit kräftiger und ausdrucksstarker Stimme, beide gemeinsam im Duett „Ich erinnere mich“, einer witzig-rührenden Hommage an die erste Verabredung. Für gute Laune im Publikum sorgen außerdem die herrlichen Kurzauftritte von Regine Hahn als schrullige Immobilienmaklerin und Heike Kochalski als dralle Nachtclubtänzerin.
Mit „Saturday Night in Brooklyn“ zeigt das BRETThupferl-Theater, dass bei entsprechend leistungsfähigem Umfeld auch ein nichtprofessionelles Ensemble in der Lage ist, eine würdige deutsche Erstaufführung eines Sondheim-Stückes auf die Bühne zu bringen.
Fr, 11.11.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | Premiere |
Fr, 18.11.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 20.11.2005 15:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
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Do, 01.12.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 02.12.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 16.12.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Sa, 17.12.2005 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Do, 16.02.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 17.02.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Sa, 18.02.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 19.02.2006 15:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 19.02.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Fr, 03.03.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Sa, 04.03.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 05.03.2006 15:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Do, 11.05.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
Sa, 13.05.2006 20:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
So, 14.05.2006 15:00 | Kulturhaus Osterfeld, Pforzheim | |
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