Ein temperamentvolles Darsteller-Terzett (Brigitte Simons, Rino Galiano und Achim Stellwagen) lässt die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in zahlreichen Facetten Revue passieren.
Ein Laufstall für Kinder – in ihm hockt, mit Schleifchen im Haar, ein infantil-überzeichneter Bürger des ehemaligen sozialistischen Staates, neben sich die Fahne der DDR. „Verdammt, ich brauch´ dich!“, tönt er zur Melodie des Schlagers von Mathias Reim. „Ich brauch´ dich nicht“, kontert ein Westdeutscher, an einer Banane kauend und die Flagge der BRD als Schal jovial um die Schultern geschwungen. Schließlich lässt der sich dann doch herab, den „Ossi“ zu sich zu lassen und ihn wie ein kleines Kind durch Belohnung zu erziehen: „Wir sind das Volk!“ – „Nein! Wir sind ein Volk!“, bringt er ihm bei. Mit diesem und anderen originellen Einfällen weiß die Revue „Alpträume einer Republik“ für sich einzunehmen.
Die Höhen und Tiefen der bundesdeutschen Vergangenheit bereiten der Republik, in einem lockeren Rahmen personifiziert von Achim Stellwagen, schlaflose Nächte und Sorgen um die eigene Zukunft, in die sie aber am Ende doch zuversichtlich blickt. Dazwischen vollziehen sich etwas mehr als 50 Jahre Geschichte der BRD. Auf sehr amüsante, aber bei allem Spaß auch hintergründige Weise führen drei Akteure, die in verschiedene Rollen schlüpfen, das Publikum durch die Zeiten der Entnazifizierung, des Wirtschaftswunders, die des Mauerbaus und der Wiedervereinigung, der Angst vor Terrorismus und dem damit verbundenen Vermummungsverbot bis hin zu denen der Skandale, wie der Spendenaffäre. Gekonnt werden Komik der Darstellung auf der Bühne und Problematik der jeweiligen realen Begebenheit miteinander verknüpft: da begegnet dem Zuschauer beispielsweise ein Hippie, der sich auf für das Publikum witzige, für ihn selbst unangenehme Art schlichtweg als Mitläufer dieser Bewegung herausstellt, da sich seine Ideale nach und nach als leere Worthülsen entpuppen. Die Spaßgesellschaft der 90er wird treffend durch ein Girlie verkörpert, das von einer Party zur nächsten hetzt, sich für später einmal eine Familie wünscht, jedoch darüber hinaus keine konkreten Vorstellungen vom eigentlichen Familienleben und der damit verbundenen Arbeit hat.
In „Alpträume einer Republik“ ergänzt die Musik den Dialog als Mittel der Verdeutlichung gesellschaftlicher und politischer Ereignisse der letzten fünf Jahrzehnte. Dabei greift man auf erfolgreiche Songs aus den Bereichen Pop/Rock und Schlager zurück, die mit den Geschehnissen ihrer Veröffentlichungszeit passend in Verbindung gebracht werden. Einige Lieder dienen auch der Erinnerung an einen bestimmten Star, so zum Beispiel im Falle von Elvis Presley. Ansonsten sind unter anderem die Beatles ebenso vertreten wie Udo Lindenberg und die Musik der Scorpions (`Wind of Change´) und nicht zuletzt Stefan Raab und Gildo Horn, beide gewissermaßen in persona.
Darstellerisch können Brigitte Simons, Rino Galiano und Achim Stellwagen in ihren verschiedenen Rollen mit gutem Wandlungsvermögen überzeugen und beweisen an den richtigen Stellen ein exzellentes Gespür für Situationskomik. Bei Achim Stellwagen könnte man sowohl äußerlich als auch von seinem Auftreten her eine gewisse Ähnlichkeit mit Dirk Bach erkennen – und er kann diesem Vergleich durchaus standhalten. Als einen der gelungensten komischen Momente der Revue erweist sich außerdem Rino Galianos Parodie auf den Heintje-Schlager `Mama´. Die komödiantischen Talente der Schauspieler helfen darüber hinwegzusehen, dass ihre stimmlichen Imitationen der einzelnen bekannten Persönlichkeiten an der ein oder anderen Stelle nicht perfekt sind. Gesangstechnisch geschehen während der Vorstellung vielleicht keine Wunder – aber letztlich bleibt die Erinnerung an einen kurzweiligen, mit Lachern gespickten und bisweilen zum Nachdenken anregenden Theaterabend.
Di, 16.03.2004 20:00 | Kammerspiele, Mainz | |
Mi, 17.03.2004 20:00 | Kammerspiele, Mainz | |
Do, 18.03.2004 20:00 | Kammerspiele, Mainz | |
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Fr, 21.05.2004 20:00 | Kammerspiele, Mainz | |
Sa, 22.05.2004 20:00 | Kammerspiele, Mainz | |
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