Angeregt und getragen von der Jesus-People-Bewegung der sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts hat Lloyd Webber das Geschehen zu einer mitreißenden Show verarbeitet,die kein Register der Rockmusik jener Jahre ungenutzt läßt. Inszenierung: Johannes Reitmeier.
Was bleibt, ist Ratlosigkeit.
Die letzten Takte von „John Nineteen: Forty-one“ sind verklungen, Jesus ist gekreuzigt, die Bühne versinkt im Dunkeln. Keiner klatscht – alle warten gespannt, instinktiv. Auf irgend ein göttliches Bild der Hoffnung. Irgend eine Andeutung des kommenden Heils. Kurz: Auf irgend einen Hinweis auf die Auferstehung Jesu. Das Warten der Zuschauer wird nicht belohnt.
Was bleibt, ist der Applaus.
Dass in Trier ausgerechnet Jesus Christus der „gute Draht nach oben“ fehlt, liegt einerseits an der Inszenierung, andererseits am Musical an sich. Am Musical, weil Lloyd Webber und Rice sich darauf beschränkt haben, Jesus Christus als verblassenden Popstar zu zeigen, der von seinen wankelmütigen Fans fallengelassen wird. An der Inszenierung, weil es gute Dramaturgen schaffen, diese banale und zugleich geniale Vorlage mit geschickten Andeutungen und einer ausgefeilten Personenregie auf eine zweite, höhere Ebene zu heben. Regisseur Johannes Reitmeier hat das in Trier nicht geschafft.
Sein „Jesus Christ“ ist ein bunter Gemischtwarenladen ohne klare Linie. Eine sehr laute Veranstaltung – leise Töne, wie das der Ouvertüre vorgestellte „I only want to say“ der Streicher, bleiben die Ausnahme. Geniale Einfälle – etwa wenn die Zügellosigkeit im Jerusalemer Tempel mit dem Weihnachts-Konsumrausch unserer Tage verglichen wird – wechseln sich mit langweiligen Szenen wie „Pilate’s Dream“ ab. Trotz des zusätzlichen Tanzensembles, schmissiger Rockmusiker zur Unterstützung des Städtischen Orchesters und des einfachen, aber effektiven Bühnenbildes von Thomas Dörfler: Das Geschehen auf der Bühne berührt erstaunlich wenig, bleibt eine nette, traditionelle Aneinanderreihung der altbekannten, unverwüstlichen Songs. Um deren englische Texte zu verstehen, muss man allerdings gute Ohren und fundierte Vorkenntnisse haben.
Der „Superstar“ des Abends ist offenbar ein prima Kerl, alle finden ihn toll, aber warum, das weiß keiner. Peter Koppelmann wirbelt als Messias ebenso aggressiv über die Bühne wie der Rest seiner langhaarigen Hippi-Jünger – an Ausstrahlung mangelt es ihm, und sein Stimme vermag – vor allem in den Höhen – nur bedingt zu überzeugen. Wenigstens haben er und Andy Kuntz (Judas) zwei solide Rock-Röhren – völlig fehl am Platze wirken dagegen die klassisch ausgebildete Gesangsstimmen des Opernchors, allen voran die drei „Soulgirls“ im Titelsong des Musicals. Wie man Mitglieder des Opernchores sinnvoll integrieren kann, zeigt Juri Zinovenko als Kaiphas mit seiner eindrucksvollen Bass-Stimme. Der Tiefpunkt des Abends: Hans-Peter Leu als König Herodes, der sich am Premierenabend erst nach der Hälfte seines „King Herod’s Songs“ im richtigen Takt wiederfand.
„Jesus Christ Superstar“ in Trier ist eine in großen Teilen oberflächliche Aufführung eines in großen Teilen oberflächlichen Musicals. Um dem Leidensweg Christi wirklich näher zu kommen, bedarf es einer feinfühligeren Hand.
Sa, 13.03.2004 20:00 | Theater, Trier | Premiere |
Fr, 19.03.2004 20:00 | Theater, Trier | |
So, 04.04.2004 19:30 | Theater, Trier | |
▼ 4 weitere Termine einblenden (bis 28.04.2004) ▼ |
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Mo, 12.04.2004 19:30 | Theater, Trier | |
Sa, 17.04.2004 19:30 | Theater, Trier | |
So, 25.04.2004 19:30 | Theater, Trier | |
Mi, 28.04.2004 19:30 | Theater, Trier | |
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