"Shrek" © Musical Factory e.V. Schwäbisch Gmünd
"Shrek" © Musical Factory e.V. Schwäbisch Gmünd

Shrek (2024)
Stadtgarten Congress-Centrum CCS, Schwäbisch Gmünd

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Seitdem die Lizenz für das Broadway-Musical „Shrek“ freigegeben wurde, tummeln sich der berühmte Oger und seine Märchen-Kompagnons vermehrt auf den hiesigen semi-professionellen Bühnen und werden deutschlandweit von Amateur-Vereinen zum Leben erweckt. Was die Musical-Factory aus Schwäbisch Gmünd aus dem Stoff gemacht hat, übersteigt die Grenzen dessen, was man sich unter Laientheater vorstellt, auf beeindruckende Weise und bewegt sich unter mehreren Gesichtspunkten auf Profi-Niveau.

Die Musicaladaption des DreamWorks-Animationsblockbusters „Shrek – Der tollkühne Held“, die mit allerhand Humor aus dem Originalfilm gespickt ist und auch das Genre „Musical“ ganz nebenbei gleich mit aufs Korn nimmt,  wurde als professionelle Produktion hierzulande zuletzt im Capitol Theater Düsseldorf 2014 aufgeführt – unter anderem mit Andreas Lichtenberger und Bettina Mönch in den Hauptrollen. Gerade die Visualität der Produktion in Schwäbisch Gmünd weckt Erinnerungen an die deutschsprachige Erstaufführung und lässt die Grenzen zwischen Laien- und Profiproduktion verschwinden: Das Maskenbild unter der Leitung von Anna Reimche und das Kostümbild (Leitung: Sylvia Dehling, Marianne Hahn-Muller) hat vor allem bei den Hauptfiguren hervorragende Arbeit geleistet. Vor allem das Kostüm der Hauptfigur Shrek wirkt der Profi-Produktion nahezu identisch. Mit viel Liebe zum Detail wird auch das Ensemble ausgestattet, sodass schier zahllose individuell kreierte Märchenfiguren wiedererkennbar auf der Bühne zu finden sind.

Auch das Bühnenbild (Leitung: Christina Nusser) ist ein Fest fürs Auge: Nuanciert eingesetzte Requisiten von merklich hoher Qualität und vermutlich nicht zu verachtenden Produktionskosten werden hier aufgefahren, um die verschiedenen Szenerien stimmungsvoll zu mimen. Hier stellt der Musicalverein so einige Produktionen von staatlich subventionierten Stadt- und Staatstheatern merklich in den Schatten. Das überaus stimmige Lichtdesign tut sein Übriges, um das wertige Gesamtbild perfekt zu umrahmen. So entsteht im Handumdrehen erst Shreks diesiger Sumpf, im nächsten Moment das glitzernde Königreich Duloc, Fionas Elfenbeinturm und das Verlies des Drachen. Eine Projektion eines sich öffnenden und schließenden Märchenbuchs am Anfang und Ende des Stücks schafft einen zusätzlichen, herzerwärmenden Nostalgie-Moment. Besonders schön kommt das optische Gesamtbild beim Finale des ersten Aktes daher, bei dem Lichtdesign und Bühnenbild in Perfektion ineinander greifen: Unter einem leuchtenden Vollmond sitzt Shrek mit Esel am Lagerfeuer und singt von seinem Traum, ein Held zu sein, während sich Prinzessin Fiona im Hintergrund in der Gestalt eines Ogers, in mystischem Dunkelgrün ausgeleuchtet, dem Publikum zu erkennen gibt. Ein großer Bühnenmoment höchster Güte, den Regisseur Robin Kucher hier auffährt. Kucher beweist zudem ein Gespür für die in diesem Stück so wichtige Comedy: Jeder noch so kleine Witz ist treffend inszeniert und wird mit makellosem Timing aufgebaut. Das Publikum ist nahezu im Dauer-Lachmodus.

Vera Brauns Choreographien lassen ebenfalls keine Wünsche offen: Beschwingt, energetisch und nie eintönig lässt sie das 70-köpfige Ensemble über die Bühne wirbeln und kreiert tänzerische Abläufe, die zuweilen auch hier Profi-Niveau erreichen. Dabei sind der Opener des zweiten Aktes, in dem Fiona mit einer Schar von Mäusen tanzt, das Finale zu „I’m A Believer“ und vor allem die großartig choreographierten Duloc-Szenen im ersten Akt ein Augenschmaus.

Die achtköpfige Band unter der Leitung von Jonas Schmid spielt die zwischen Swing und klassischer Musicalballade wechselnden, großen Broadway-Melodien von Jeanine Tesori gekonnt und durchweg mit dem passenden Gefühl. Auch das Sounddesign von Felix Weng lässt kaum Wünsche offen. Dass eine gute Soundaustarierung tatsächlich möglich ist, lassen viele Stadt- und Staatstheater mittlerweile anzweifeln, aber in Schwäbisch Gmünd ist die Akustik über weite Strecken einwandfrei. Lediglich in einigen wenigen der peppigen Gruppennummern werden die Solisten von der Band so übertönt, dass die Textverständlichkeit nicht dauerhaft gewährleistet ist.

Das riesige, zu einem Großteil auch aus Kindern und Jugendlichen bestehende Ensemble spielt mit beeindruckender Professionalität und darstellerischem Fokus. Auch bei den Choreographien beweist die ganze Truppe Energie und Präzision. Die Chorpassagen klingen zu jedem Zeitpunkt sauber und voll, die verschiedenen Stimmen sitzen nahezu perfekt – hier hat das ganze Stimmbildungs-, Chorleitungs- und Schauspielteam bestens gearbeitet und alles aus dem jungen Ensemble herausgeholt. Mit den toll gesungenen und getanzten „Freie Fahrt für Freaks“ und „Was für’n Märchen ist das“ hat die Cast gleich zwei Songs, in denen trotz der Ensemble-Größe alle zu ihrem Spotlight-Moment kommen. Besonders in ihren Rollen aufzugehen scheinen Anton Gijini als urkomischer Pinocchio und Carla Reuß als hysterisches Lebkuchenmännchen Gingy, die ein gutes Comedy-Timing und Hingabe für ihre Figuren beweisen.

Stimmlich sticht aus dem Ensemble Alena Fischer deutlich hervor, die im ersten Akt mit „Für immer“ als Drachenlady den Showstopper des Abends liefert. Ihre stimmliche Präsenz auf Profi-Niveau lässt auch ohne große Drachenfigur oder ähnlichen Bühnenprunk die Illusion entstehen. Vincent Herzer als Esel beweist komödiantisches Geschick und eine überspringende schauspielerische Energie. Sein authentisches und grundsympathisches Spiel lässt ihn direkt in die Herzen des Publikums gelangen. Besonders gefällt seine jazzige Showmaster-Darbietung von „Geh‘ ran“ zusammen mit Barbara Ihlenfeldt, Josephin Schiebel und Anna Widmann als die drei blinden Mäuse.

Markus Barreis als Titelheld Shrek trägt die Geschichte souverän auf seinen Schultern und verleiht seiner Figur unter dem ruppigen Auftreten eine tiefe Freundlichkeit. Mit „So möcht‘ ich sein“ sowie seinem großen Solo „Ich mauer mich ein“ gegen Ende des zweiten Aktes gelingen ihm emotionale Höhepunkte, die bei all der Comedy dieses Musicals auch für gefühlvollen Tiefgang sorgen.

Nadja Piazza als Prinzessin Fiona bildet den idealen Gegenpart zu Barreis. Die beiden können sich hervorragend die Bälle zuwerfen und sich aneinander abarbeiten. Piazza gibt ihrer Fiona eine unbeholfene Nuance, die verständlicher macht, dass auch sie sich als Außenseiterin in der Welt sieht. Zusammen mit Barreis gelingt ihr am Anfang des zweiten Aktes mit „Ich glaub das schlägst du nie“ ein herrlicher Schlagabtausch, der die Lachmuskeln strapaziert. Zusammen mit Herzer als Esel gibt dieses Trio eine authentische und immer unterhaltsame Darbietung zum Besten. Auch Piazzas Lied „Heut ist der Tag“, das sie mit Finja Fink und Felice Mönch als jüngere Versionen der Prinzessin mehrstimmig einwandfrei darbietet, wird zu einem weiteren musikalischen Highlight.

Die Rolle des flamboyanten Bösewicht Lord Farquaad kann buchbedingt je nach Auslegung schnell sehr platt und nervig daherkommen. Jacob Sonnentag gelingt allerdings mit der Figur der Coup des Abends: Jede Bewegung in seinem ikonischen Winzling-Kostüm vollzieht er mit komödiantischem Geschick, sodass jeder seiner Auftritte schon Vorfreude weckt. Seine große Shownummer „Wie geht’s, Duloc?“ lässt kein Auge trocken und sorgt zurecht für Begeisterungsstürme. Sein schrulliges Schauspiel und der stimmliche Ausdruck heben seine Version der Figur von der des Films und anderer Bühnenversionen deutlich ab, und das weiß zu gefallen. Sonnentag kreiert seinen ganz eigenen verrückten Despoten mit viel Witz und offensichtlich ausgespieltem Größenwahn – im Gegensatz zur Statur seiner Figur. Ganz großes Kino!

Natürlich merkt ein erfahrenes Auge und Ohr auch Optimierungsmöglichkeiten in dieser Inszenierung – so sind einige Szenenübergänge recht abrupt und könnten flüssiger erfolgen, die ungewollt schwäbische Sprachfärbung bei einigen DarstellerInnen (wohlgemerkt nicht die der drei kleinen Schweinchen, die komödiantisch effektiv vollmundig schwäbeln!) könnte man in der Charakterarbeit noch herausbügeln und auch gesanglich ist der Unterschied zu den ausgebildeten Profis selbstverständlich bei den meisten Akteuren merkbar. Dennoch muss sich das, was die Musicalfactory Schwäbisch Gmünd hier auf die Beine gestellt hat, unter keinen Umständen vor den Stadttheaterbühnen verstecken und stellt diese zuweilen gar in den Schatten. Es bleibt nur, vor der Leistung dieses Vereins den Hut zu ziehen und eine deutliche Empfehlung auszusprechen, dieser Truppe – auch überregional – einen Besuch abzustatten.

 
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KREATIVTEAM
RegieRobin Kucher
Musikalische LeitungJonas Schmid
ChoreografieVera Braun
SounddesignFelix Weng
Bühnenbild LeitungChristina Nusser
Kostümbild LeitungSylvia Dehling
Marianne Hahn-Muller
Maskenbild LeitungAnna Reimche
 
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CAST (AKTUELL)
ShrekMarkus Bareis
Matthias Mansel
FionaBarbara Ihlenfeldt
Nadja Piazza
EselAyse Ramalho
Vincent Herzer
Lord FarquaadJacob Sonnentag
Markus Bareis
DracheAlena Fischer
Junge FionaFinja Fink
Mia Höffner
Teenager FionaFelice Mönch
Josephin Schiebel
Lebkuchenmann GingyCarla Reuß
Rafael Hiller
PinocchioAnton Gjini
Mama OgerLeonie Gunzenhauser
Papa OgerRobin Kucher
Hauptwache TheloniusDavid Karaali
  
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 26.04.2024 19:30Stadtgarten Congress-Centrum CCS, Schwäbisch GmündPremiere
Sa, 27.04.2024 15:00Stadtgarten Congress-Centrum CCS, Schwäbisch Gmünd
Sa, 27.04.2024 20:00Stadtgarten Congress-Centrum CCS, Schwäbisch Gmünd
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