Florian Hinxlage - © Fotowerk Vechta, Julia Pöstges
Florian Hinxlage - © Fotowerk Vechta, Julia Pöstges

3 Fragen an... Florian Hinxlage

Dinklage, auf halbem Weg zwischen Bremen und Osnabrück im niedersächsischen Landkreis Vechta gelegen, wird in diesem August erstmals zur Musicalmetropole. An allen fünf Samstagen stehen jeweils fünf bekannte Darsteller aus dem deutschsprachigen Raum auf der Open-Air-Bühne. Veranstaltet und organisiert wird das “Dinklager Musical Festival” von Florian Hinxlage, selbst Musical-Profi und seit neun Monaten Agent bei der Musical-Agentur “artinia”.

Wie kamst du auf die Idee, ausgerechnet in Zeiten, in denen alle kleinen und großen Festivals die Segel streichen mussten, diese Konzertreihe aus dem Boden zu stampfen?

Die Idee ist schon ein paar Monate alt. Zu Beginn der Lockdown-Phase, als klar war, dass die Theater- und Musicalbranche brach liegen wird, habe ich versucht, ein Konzept zu finden, mit dem wir Darsteller Arbeit haben, etwas auf der Bühne produzieren und glücklich in unserem Beruf sein können. Dass sich dieser Lockdown und diese ganze Phase so lang hinziehen würde, damit hat damals ja noch keiner gerechnet.

Zunächst wollte ich ein Stück umsetzen. Das sollte “Jesus Christ Superstar” sein. Leider hat das vor allem aus rechtlichen Gründen nicht funktioniert, da man das Musical nicht als Online-Stream aufführen durfte. Als klar wurde, dass es Lockups geben würde und man mit nur wenigen Leuten etwas machen kann, entstand die Idee, dass ich einen Musicalkonzert-Run planen möchte.

Ursprünglich sollte der auf der Freilichtbühne in Hallenberg, wo ich künstlerischer Leiter und seit drei Jahren auch als Regisseur tätig bin, stattfinden. Weil jedoch die Theatervereine und -verbände beschlossen haben, dass sie in diesem Sommer nicht spielen werden und auch kein Bühnenbetrieb stattfinden wird, war das dort dann nicht mehr möglich. So bin ich eben in die Welten getingelt. Ich habe tatsächlich zwölf, dreizehn große und kleine Orte im Norden, Süden, Westen, Osten besucht, war auf Freilichtbühnen, habe mir Staatstheater und deren Opernplätze angeschaut und Freiflächen in größeren Städten gesucht. Am Ende bin ich in meiner Heimat gelandet und habe mir gesagt: “Okay, hier mache ich das jetzt!”.

Am Ende ist alles recht spontan umgesetzt worden, einfach deswegen, weil die Genehmigungen so spät kamen. Letzten Endes zählt als wichtigstes jedoch die Idee, mit diesen Veranstaltungen das Zeichen zu setzen, dass es uns noch gibt. Endlich geht es wieder los. Keine Internet-Streams, keine Autos, kein irgendwas! Stattdessen echtes Publikum, echtes Event-Theater, echtes Konzert-Feeling und echtes Live-Entertainment. So wie es in der Zeit vor Corona ‘mal gewesen ist. Mein Ziel ist es, zu zeigen, wie das mit Corona gehen kann. Das ist auch ein Zeichen für alle Bühnen, die ebenfalls die Segel streichen mussten.

Jetzt bin ich an dem Punkt, wo ich natürlich noch darauf angewiesen bin, dass auch Leute kommen. Das ist nicht einfach. Ich kann nachvollziehen, dass viele Angst haben, aber das braucht niemand. Wir halten uns an alle Hygiene-Maßnahmen, die es gibt und haben gemeinsam mit dem Gesundheitsamt ein supertolles Hygiene-Konzept ausgeklügelt. Jeder kann völlig ruhigen Gewissens zu diesen Veranstaltungen kommen.

Die Festival-Organisation von A bis Z ist für dich ja kein absolutes Neuland. Welche Erfahrungen hast du gemacht, welche Widrigkeiten musstest du umschiffen und wer hat dich dabei unterstützt?

Ich habe seit zwölf Jahren Erfahrungen in der Organisation von Events. So sind zum Beispiel “Die Musicalstars”, die fünf Jahre lang hier in der Region auf der Freilichtbühne in Lohne zu sehen waren, und die “Hallenberger Musical Night” auch in der kompletten Umsetzung meine Babys gewesen. Außerdem durfte ich in vielen Theatern und bei vielen Show-Runs über Schultern gucken, sodass ich über die Grundstruktur eines Festivalablaufs ziemlich genau Bescheid weiß. Ich habe ein gutes Händchen sowohl für Besetzungen als auch für das große Ganze. Und ich bin ein Mensch, der es einmalig mag und das Einmalige und Besondere mag. Wie oft wurde mir schon gesagt “Mach doch einfach eine Besetzung und spiel das dann fünfmal”. Nein, genau das möchte ich eben nicht! In Dinklage erlebt man fünfmal komplett unterschiedliche Shows mit unterschiedlichen Programmen und unterschiedlichen Künstlern. Das ist das Geile an diesem Festival.

Widrigkeiten gab leider es viele! Ich musste viel bedenken, viele Formulare ausfüllen und viele Genehmigungen einholen. Da ist vorallem das bereits erwähnte Hygiene- und Gesundheitskonzept, das sich gewaschen hat und zum Beispiel einen Einlass in Abständen und mit vernünftiger Kennzeichnung enthält. Na klar, man trägt dabei die bekannte Maske, hält die 1,5 Meter Abstand ein und geht gemütlich aufs Gelände. Hier orientiert man sich an der Farbe auf dem Ticket (rot, gelb, grün, blau, lila) und wird dann zum Tisch geleitet, an dem man bedient wird. Bequemer geht’s ja gar nicht! Wie in einem Bankettsaal, nur openair. Und nun schauen wir, dass das alles gut umgesetzt wird.

Ich habe zum Glück große Unterstützer! So im Bereich der Technik die Firma “Road Sound Veranstaltungstechnik” oder beim Bühnenbau, Tischen und Bestuhlung Ludger Emken und seine Firma “Otto Kühling Zeltbau”. Dankbar bin ich auch Bernd Susen, der mit seinem “Rheinischen Hof” die komplette Bewirtung der Gäste, aber auch das Backstage-Catering und die Übernachtung für die Künstler übernimmt. Dann habe ich noch meine rechte Hand Tim Fröhle, der mir als Veranstaltungsmanager bei Organisation und Werbung komplett zur Seite steht und die “Winterberg-Promotion” aus Weißenfels, die die Werbung designt hat. In diesem Zusammenhang muss ich ganz besonders den Schützenverein in Dinklage erwähnen, der uns das ganze Gelände zur Verfügung stellt und bei der Logistik vor Ort hilft. Das ist natürlich total klasse! Und selbstverständlich danke ich auch jedem einzelnen Künstler, dass er dieses Experiment mitmacht und das Festival durch seine Anwesenheit und seine Kunst unterstützt.

Wie hast du diesen beeindruckenden Cast zusammengetrommelt, wie haben deine Kollegen reagiert und worauf kann sich das Publikum freuen?

Ja, das ist wirklich eine beeindruckende Truppe. Ich kann dazu nur sagen, es war immer nur ein Anruf! Es sind viele Freunde von mir dabei, die ich wie Rob Fowler, Mark Seibert, Serkan, Yngve, Alex oder Vera schon seit vielen Jahren kenne. Am Telefon habe ich gesagt “Du, ich möchte mich ‘was trauen und mach da so eine Konzert-Geschichte. Hast du Bock dabei zu sein?”. Als Antwort bekam ich sofort “Ja klar bin ich dabei, wann denn?”. Und fünf Minuten später ging’s weiter mit WhatsApps: “Sag mal, gibt’s dafür auch ‘ne Gage?” – “Ja klar” – “Oh, ah, okay”.

Als ich mit Zodwa telefoniert habe, wollte sie mir gleich für alle fünf Termine zugesagen und Lucy wollte nur wissen, wann sie aus Sofia rüberfliegen soll. Das ist eine Selbstverständlichkeit gewesen, die ich so gar nicht erwartet habe und eine Herzensangelenheit für jeden.
Es gab aber auch drei Personen, die ich noch nicht oder nur flüchtig kannte. Mit Katharine Mehrling, David Jakobs und Katja Berg habe ich sofort ganz tolle Telefonate geführt, humorvoll und gleich auf Augenhöhe. Das ist immer schön, macht sehr viel Spaß und ist dann auch fürs Programm ganz wichtig! So sind fünf ganz unterschiedliche, unvergessliche, einmalige Abende entstanden!

Am 1. August starten wir beim ersten Konzert mit einer ganz bunten Mischung: David und ich werden “Jesus Christ Superstar” machen, Katharine Mehrling “Evita” und Lucy haut “Somebody to love” aus “We Will Rock You” raus. Eine Woche später werden wir sicherlich ein bisschen verrückter und lustiger. Das liegt auch an der Besetzung! Wir haben ja den lieben Serkan da, von dem man weiß, dass er das Entertainment groß schreibt, mit Josephin sowieso! Dazu Action und Frauenpower von Katja, das finde ich auch total cool.

Beim dritten Termin wird gerockt. Da sind Alex Melcher, seine Frau Vera und Rob Fowler am Start und da ist es klar, dass wir die Gitarren so richtig schwingen werden. Kontrastprogramm dann am vierten Konzertabend mit einem lyrischen Schwerpunkt: Mit Mark und Kevin Tarte, über dessen Zusage ich mich ganz besonders freue, geht’s in die Welt der großen Melodien. Da wird ganz bestimmt “Les Misérables” ein großes Thema sein, aber auch “Der Schuh des Manitu” mit Miriam Neumaier als Uschi und Matthias Schlung als Abahachi.

Zum Festival-Finale am 29. August werden Maya, Bettina und Jan mit großen Melodien aufwarten. Dazu kommen Yngve und ich, die wir beide Kindsköpfe sind, mit “Mozart”.

Klar ist es für jeden Besucher ein finanzieller Aufwand, zu uns zu kommen. Ich habe allerdings die Hoffnung, dass die Menschen, die sonst für ihre Freilichtbühnenstars nach Tecklenburg oder Bad Hersfeld fahren, zu uns komnen und das genießen! Wir Künstler lieben den Applaus und genießen es, wenn das Publikum ausverkauft vor uns sitzt. Wir mussten unsere Kunst so lange zu Hause im Kämmerlein lassen, jetzt dürfen wir wieder und wir würden uns einfach freuen, wenn die Leute uns die Bude einrennen.

 
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