Diese Frage geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Das "Warum"?
Mal unabhängig davon, das dieses Stück die Geschmäcker spaltet - sowohl von der Story, als auch der Musik und ganz bestimmt hinsichtlich der deutschen-Veräppelung.
Die Stage hat die Rechte daran.
Warum haben sie es gekauft?
Der Zug, es medienwirksam aufzuführen ist längst abgefahren.
Und auch für die Zukunft kommt kein Statement, es aufzuführen.
Deshalb die Frage in den Raum:
Haben die Einkäufer bei der SE tatsächlich geglaubt, dieses Stück können massenweise Busladungen in Deutschland locken?
Haben sie das Stück v o r Kauf gesehen?
Kannten sie die Mel-Brooks Filmografie und Verkaufszahlen der Video-, DVD und Kinozahlen?
Waren diese Zahlen und das Gesehene Grundlage für den Glauben an ein massenwirksames und kommerziell erfolgreiches Ensuite-Musical in deutschland?
Wie kommt es, das sie damit angeben, die Rechte zu besitzen und seit Jahren zögern, es uraufzuführen?
Zum Thema und Diskussions-Anregung der Ausschnitt eines Interviews mit Harald Schmidt in der Süddeutschen zeitung:
""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""
Schmidt: Der Führer sorgt für Verkaufszahlen, er garantiert Quote. Immer, wenn ich denke, dieses Kapitel ist jetzt um Gottes willen nicht abgeschlossen, aber, sagen wir: verarbeitet, kommt wieder ein neuer Nebenaspekt. Die Bombe. Das Kokain.
(...)
SZ: Mel Brooks hat 1968 "The Producers" gedreht, der auf Deutsch "Frühling für Hitler" heißt. Als Musical ist es der größte Erfolg am Broadway seit langem. Hitler ist also doch komisch.
Schmidt: Toll. Ich hab"s gesehen in New York, 400 Dollar pro Karte, aber das war mir vollkommen scheißegal. Das Komische bestand darin, dass es für die New Yorker eine Beschreibung des Deutschlands im Jahr 2005 war.
SZ: Wie das?
Schmidt: Lederhosen, Humtata-Musik, Dschings- mit-de-bumms, das ist Deutschland! Ich bin in New York schon ein bisschen in meinem Stuhl nach unten gerutscht.
SZ: Aus Angst, da als Deutscher erkannt zu werden?
Schmidt: Es war nicht Angst, es war nur ein bisschen unangenehm. Die Atmo war ja nicht angespannt, sondern gelassen: So sind sie eben, unsere Deutschen, ein Volk von Lederhosenträgern und dumpfen Geflügelzüchtern, die Dschingderassabumm machen.
SZ: Darf man das, Witze machen über alte Nazis? Und über Juden, die damit Geld verdienen wollen?
Schmidt: Diese Frage ist ganz einfach zu beantworten. Der jüdische Produzent Mel Brooks in New York darf das. Woody Allen darf das, und Philip Roth auch.
SZ: Das heißt umgekehrt, dass man es in Deutschland nicht darf.
Schmidt: Absolut.
SZ: Jetzt läuft "The Producers" in London.
Schmidt: Die dürfen das auch. Ich kann Ihnen auch sagen, wer es bei uns darf: Peter Zadek. Er hat die steppenden Nazis in Deutschland auf die Bühne gebracht, "Kleiner Mann, was nun?" am Bochumer Schauspielhaus. Zadek ist Jude, er musste mit seinen Eltern nach London emigrieren - da ist das kein Thema.
SZ: Nun ist "The Producers" ja nicht unbedingt deutschfreundlich, also müsste man es doch auch hier aufführen können.
Schmidt: Da weiß ich gar nicht, ob wir die Schauspieler dafür hätten.
SZ: Weil wir die Juden alle vertrieben oder gleich umgebracht haben.
Schmidt: Obwohl, wir spielen auch "Anatevka".
SZ: Aber das ist doch harmlos, das gehört in die Ivan-Rebroff-Folklore.
Ich gestehe: ich bin in London auch etwas zusammengesackt im Stuhl! Obwohl ich das Stück lange akustisch kenne und die meisten Gags mag. Ich bin z.B. zusammengzuckt, als sie in der "Guten Tag Hophop"-Szene den deutschen Dialekt mit "es heist the und nicht ze" veräppelt haben. Das ging schon an die Seele und hat nichts mit Nazis/Hitler zu tun. Das war Deutschen-Veräppelung.
Aber:
Warum haben sie die Rechte gekauft?
Haben sie das nicht gesehen?
Mit peter Zadek schlägt Herr Schmidt sogar nen Regisseur vor, ders machen dürfte.
Ich denke, die SE kauft generell alle möglichen Rechte, die sie kriegen kann. Schon rein aus dem Grund, weil sie die größten Anbieter am Markt sind und da man ja nie weiß, wann es sich lohnt, schlagen sie einfach generell zu, wenn sie etwas kriegen können.
Das ist - meiner Meinung nach - der ganze Spuk an der Geschichte.
Und wie im anderen Thread schon gefragt wird: Wer weiß, woran sie noch überall die Rechte hat? Hauptsache sie hat kein anderer. Ganz simple Denkweise.
Die SE ist in Deutschland der Monopolist. Und sie stärkt diese Monopolstellung dadurch, dass sie andere Mitbewerber kaltstellt, indem sie sie erst gar nicht zum Zug kommen lässt. Wenn es keine Erfolg versprechenden Musicals mehr auf dem internationalen Markt zu kaufen gibt, da die SE durch ihre finanziellen Möglichkeiten frühzeitig alles aufgekauft hat, ist die deutsche Konkurenz quasi ausgeschaltet.
Eines meiner Lieblingsmusical-Theater in Deutschland - das Capitol_Theater in Düsseldorf - spielt schon seit Jahren keinen Long Run mehr. Warum? Antwort siehe oben!
Ich will die SE zwar nicht total verteufeln, aber etwas bedenklich finde ich die Entwicklung dieses Unternehmens im deutschen Raum inzwischen schon.
Das Problem liegt wohl in der Monopolstellung, die mit aller Macht erhalten und auch noch ausgebaut werden soll. Im Endeffekt sind wir Zuschauer dann auch die "Leidtragenden". Die Vielseitigkeit des deutschen Musicalangebots wird reduziert werden (siehe endlose Rotationen) und ein Marktführer zwingt uns nach belieben sein Preisdiktat auf.
Das Paradoxon:
Die SE wird es trotzdem nicht machen!
Warum?
Weil THE PRODUCERS in Deutschland nicht funktionieren würde. Viele der Gags beziehen sich auf die deutsche Sprache. Diese Gags funktionieren auf Deutsch natürlich nicht.
Ich bezweifle auch, dass PRODUCERS mit einem deutschen Dialekt (Sächsisch oder Bayrisch)funktionieren würde.
Aber wie gesagt, die SE hat, wie soviele andere Stücke, sich die Rechte gesichert, damit kein anderer auf die Idee kommt, das Stück zu produzieren.
""""""""""""""""""""""""""""""""
Weil THE PRODUCERS in Deutschland nicht funktionieren würde. Viele der Gags beziehen sich auf die deutsche Sprache. Diese Gags funktionieren auf Deutsch natürlich nicht.
"""""""""""""""""""""""""""""""""
Das sehe ich nicht ganz so. "The Producers" funktioniert ganz bestimmt nicht in einem Riesentheater wie der Flora. Aber in einer abgespeckten version, in einem kleinen Rahmen unter 1000 Plätzen und vor einem städtischen Publikum könnte das Stück seine Zuschauer finden. Sicher nicht für zig Jahre. Aber ich sag ganz ehrlich: hätte ich die Kohle und die Rechte, würd ich das Stück unbedingt riskieren wollen. Würds in Hamburg oder berlin machen und bin ziemlich sicher, das die Show Interesse findet. Es ist in seinem Anspruch insbesondere etwas für "Intellektuelle" und Musical-Hasser. Wie Herr Schmidt schon sagt, braucht man aber einen glaubwürdigen regisseur und sehr sehr gute Darsteller. Das könnte schwierig werden, aber machbar.
Vor zwei Jahren war ich zu Silverster im Schauspielhaus: "Sein oder Nichtsein" gesehen, der Lubitsch/Brooks Film als Bühnenversion. Hitler zum Lachen gabs darin auch. Das Theater war ausverkauft. Ich fand die Inszenierung langweilig, die meisten im saal waren aber begeistert.
Die Übersetzung und verdeutschung der Gags wird sicher sehr schwierig, allerdings ebenfalls lösbar. Bisher ist jeder Brooks-Film synchronisiert worden. Veralberung deutscher Sprache und des Akzents gabs schon früher, z.B. in "Frankenstein Junior".
Im übrigen kann ich jedem, der das Musical kennt und mag unbedingt den 68-er Originalfilm "Frühling for Hitler" empfehlen. Der Vergleich ist interessant. Obwohl fast alles gleich ist, ist z.B. die Rolle des Franz Liebkind im Original wesentlich negativer ausgelegt. Im Musical ist Liebkind auf irgendeine Weise fast schon wieder symphatisch bzw. sehr niedlich. Seine Rolle wurde im Musical auch erweitert. Ich erkenne darin eine Differenzierung der Figur. brooks hat ihm mehr Menschlichkeit verliehen, was sicher auch mit dem grösseren zeitlichen Abstand zur Nazizeit begründet liegt.
Schade finde ich, das Mel Brooks im Musical nicht die Beatmusik aus dem 60er Film übernommen hat. Das hätte der Klangfarbe der Show etwas mehr Vielfalt gegegeben.
Die Idee, die Producers mit einem sächsischen oder sonstigen deutschen Dialekt aufzuführen, fände ich so grausam wie My Fair Lady mit dem Berlinerisch. Sowas passt einfach nicht, das würde ich mir nie antun.
Ich bin auch bei dem Stück nie zusammengezuckt, obwohl ich eine extrem (!) hohe Sensibiliät hinsichtlich der NS-Vergangenheit habe. Irgendwie hat man es in diesem Stück einfach geschafft, eine Art von Humor zu schaffen, die alles und doch niemanden wirklich verletzt. Ein wundersamer Spagat, der da gelungen ist.
Dass das Stück nicht in so einem großen Haus wie der Flora funktioniert, kann ich aber nicht nachvollziehen. Das Theaterin NY kenne ich zwar nicht, aber in London läuft das Stück in einem Riesen-Theater. Ich finde auch nicht, dass es etwas von Kammerspiel oder so hat (dann könnte man sagen, es funktioniert nicht in einem Riesensaal). Aber vielleicht kannst du @Ludwig2, das ja nochmal erklären, warum du das so siehst?
Ich finde es auch nicht schlimm, wenn über den deutschen Akzent hergezogen wird, der ist nun mal so. Und die Schweden bekommen diesbezüglich mit Ulla ja auch ihr Fett weg. Ihre Auftritte sind einfach herrlich...
Jedenfalls steht auch für mich fest - das hatte ich in einem anderen thread schon mal gesagt - dass die SE (wie hier schon geschrieben wurde) das Stück nur deshalb gekauft hat, weil andere Konkurrenten es nicht haben sollen. Oder, vielleicht hatte man es wirklich mal irgendwann vor zu spielen, hat in der ersten Euphorie nach dem absolut sensationellen, unvergleichlichen Erfolg am Broadway gleich zugegriffen und erst später Zweifel bekommen. Und jetzt lässt man die Rechte trotzdem niemand anderen erwerben, weil der ja vielleicht doch Erfolg damit haben könnte.
Wie dem auch sei: Ich glaube nicht wirklich, dass das Stück auf deutsch funktionieren könnte. Ob sich ein Publikum dafür fände, ist mir seit Jahren sehr unklar - aber immerhin ist es technisch nicht so aufwändig, als dass sich nicht eine Tournee daraus machen ließe (was man ja nun in GB auch macht). Insofern könnte das Stück doch mehrere Städte bedienen. Auf die Kritiken deutscher Gazetten wäre ich gespannt: sind sie intellektuell begeistert oder schier entsetzt, weil ausgerechnet die absolute "Nicht-Kunst-Form" Musical (aus Sicht des Feuilletons) sich erdreistet, über Hitler zu lachen? Spannend wäre das allemal...
"""""""""""""""""""
Dass das Stück nicht in so einem großen Haus wie der Flora funktioniert, kann ich aber nicht nachvollziehen.
""""""""""""""""""""
Damit meinte ich nicht, das das Stück einen intimen Kammerspielrahmen braucht, um zu wirken. Das keinesfalls, denn die grossen Showszenen bedürfen einer grossen Bühne.
Ich meinte, das ein grosses Haus die Erwartungen an täglich 90- 100% Auslastung mit diesem Stück nicht erfüllen könnte. Weil mit dem Humor und der Musik die Massen, die zu MM oder DD rennen oder Udo Jürgens vielleicht, mit "Producers" nichts anfangen können.
Will sagen: die Zielgruppe dieser Show ist kleiner, also sollte das theater auch kleiner sein.
""""""""""""""""""""""""""""""""
Auf die Kritiken deutscher Gazetten wäre ich gespannt: sind sie intellektuell begeistert oder schier entsetzt, weil ausgerechnet die absolute "Nicht-Kunst-Form" Musical (aus Sicht des Feuilletons) sich erdreistet, über Hitler zu lachen? Spannend wäre das allemal...
""""""""""""""""""""""""""""""""""
@m.neuer: ich habe die Filmkritiken zum Kinostart in Deutschland ausgiebig verfolgt. Die waren eigentlich fast ausnahmslos gut bis sehr gut! Man kann jedenfalls nicht behaupten, das sich die Kritiker, Filmfans und Musicalmuffel mehrheitlich nicht amüsiert hätten.
Unsere Seite verwendet Cookies & Google Maps, um Ihnen ein bestmögliches Besuchserlebnis zu bieten. Wenn Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie beiden Nutzungen zu. [ X ]