immer mal wieder kommt ja in den Threads die Diskussion auf, wem nun welche Elisabeth-Inszenierung gefällt und warum. Ich denke, das Ganze hat mal ein eigenes Thema verdient ;)
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Hier mal meien Meinung, zu denen, bei denen ich mir ne Einschätzung zutraue:
Wien (Original): Guter Beginn, aber mittlerweile überholt durch die Weiterentwicklungen, dennoch natürlich wegweisend und bahnbrechend.
Essen:
-schöne neue Elemente ("Wenn ich tanzen will", "Mörder, nie werd ich dir verzeihen!")
-krasses Ausstattungstheater mit "Augenblendern", die das Stück nicht nötig hat
- einige Zusätze, die eher plump wirkten ("Warum ich" "Weil ich dich mag"... Rudolfs Verschwörungsszene)
- durchweg tolle Besetzungen... nur kam ich mit Uwes Tod nicht zurecht (wobei deutlich stärker als dann in Berlin)
- logischere Reihenfolge im 2. Akt, als in Wien (Irrenhaus nach der Maladie, Streitgespräch vor den Schatten)
Wien (Wiederaufnahme):
- schöne Wiederaufnahme, aber ich hätte mir schon da mehr Mut zu Neuem gewünscht - das kam dann ja erst mit Berlin
- leider hat mich keine der Elisabeths dieser Version vollkommen überzeugt
- mir gefallen die Kostüme nicht mehr sonderlich, seit Berlin in meinen Augen einen besseren Weg gefunden hat, die Kostüme der damaligen Zeit entsprechend und dennoch nicht zu kitschig wirken zu lassen
- alles in allem hatte die Version den Charme des Originals, war aber künstlerisch schon überholt
Stuttgart:
- ähnlich wie Essen... fast durchgehend tolle Besetzungen, mit zu wenig Mut zum Unkitschigen.
Thun: Abstrakt - modern - genial Neue Gesichter, die auch einigen frischen Wind mitgebracht haben. Tolle Version, wenn natürlich auch nicht importierbar.
Berlin/Zürich/etc.: Mein Elisabeth-Höhepunkt bisher. Düster, subtil, nüchtern, mutig, konsequent in der Unterstreichung der Aussage. Besonders ab der Zeit von Annemieke und Felix eine nahezu perfekte Version des Stoffes.
Ich mag die surrealen Bühenbilder der Wiener Aufführung überhaupt nicht und ich finde diese weitaus kitischiger als die Essener Inszenierung. Die Wiener Kulissen bei "Eins musst du Wissen", diese Riesenradgondel, der "Jagdsalon" bei "So kommt es nie", die Gaffenden Karikaturen bei "Man begafft mich", die Autoscooter beim "Kaffeehaus", die Kulisse bei "Wenn ich tanzen will." finde ich wesentlich kitischiger als die paar Gebäudeandeutungen der Essener Version. Ich finde die Essener Version auch konsequenter als die Wiener.
mir hat die optische Umsetzung in Essen auch besser gefallen (abgesehen vom Palmenhaus bei "Bad Ischl"), musikalisch haben mir aber die Neuerungen wie "Wenn ich tanzen will" oder "Der Prinz ist da", "Schwarzer Prinz" und textliche Abschwäcungen wie z.b. bei "Kitsch" oder "Ich will dir nur sagen" nicht zugesagt.
Insgesamt gehört aber Elisabeth nicht zu meinen absoluten Favouriten, weil sich in allen Inszenierung für mich die Einstellung "Hauptsache möglichst unrealistisch" durchzieht. Für mich gehört zu einem Leben bei Hofe im 19. Jhd. eben auch ein gewisser Pomp dazu, hinter dem sich die oft unglückliche Realität versteckt und beides unter einen Hut zu bringen, das hätte ich eigentlich von dem Stück erwartet. Für mich ist beides nichts: die Verkitschung auf der einen Seite die Profanisierung auf der anderen. Für mich wäre der Mittelweg richtig gewesen und den trifft am ehesten (wenn überhaupt) noch die Essener Aufführung.
@couleur: ja "Eljen" mag ich und es beleuchtet die Krönungsszene für mich auch besser als "Wenn ich tanzen will". Ich fand auch "Schwarzer Prinz" sehr abgeschwächt im Vergleich zum Orginaltext an dieser Stelle.
@ Der schwarze Prinz: Ich kann mich dir nur anschließen - Berlin/Zürich war wunderbar - einfach mutig, eine Produktion so morbid-düster anzulegen. Manche Bilder waren schöner als in der Wiener Originalproduktion. Positiv fand ich auch, dass man beim Lichtdesign wieder auf den Original-Lichtdesigner Hans Toelstede zurückgegriffen hat. Das Licht bei der Wiener Wiederaufnahme 2003 war mir fast zu kitschig und bunt... Ich hoffe, dass man diese Produktion auch mal in Wien zeigen wird. Einziges Manko: Das Deck der sinkenden Welt konnte nicht annähernd so effektvoll wie in der TAW-Inszenierung gezeigt werden.
Ich finde dass die Krönungszene wie die Faust aufs Auge zu Kitsch passt, wie das in der Essener Produktion ist. Eljen finde ich überflüssig und kitschig.
Essen
hat mir die "Die Schatten werden länger"-Szene im 1. Akt von allen Produktionen am Besten gefallen vorausgesetzt man sitzt nicht ganaz weit vorne, sonst sieht die tote Sophie unrealistisch aus.
Dafür war mir der Tod viel zu menschlich dargestellt.
Stuttgart war ähnlich wie Essen nur fand ich es da schade, das sie das "Nie werde ich dir verzeihen" beim Tod von der kleinen Sophie gestrichen haben.
Die Kulissen in Wien (Neuinszinierung) fand ich allerdings von allen Produktionen, die ich bis jetzt gesehen habe am Besten. Auch die Darsteller waren alle top.
Ich konnte mit der Wiener Inszenierung leider noch nie etwas anfangen, sondern fand die eigentlich immer deutlich kitschiger als die Essener (obwohl ja eigentlich immer das Umgekehrte behauptet wird) und mit dem Holzhammer was die Symbolik angeht. Ich sag nur Riesenrad-Szene! Auch das Tod-Make-Up war für mich dabei eher clownartig als surreal.
Essen war dagegen in meinen Augen fast perfekt. So ein paar kleine Dinge haben mich gestört, wie z.B. Sophies Schachbrett-Szene. Die Inszenierung ist sonst eher direkt als symbolhaft und die Szene fügte sich das so gar nicht ein. (Die ungarische Inszenierung löst das Problem sehr schön, indem sie sie Szene in einem Billardspiel platziert. Wobei ich die Schachbrett-Idee eigentlich mag, aber vielleicht hätte es auch ein "echtes" Schachspiel an einem Tisch - Sophie auf der einen Seite, die Berater auf der andern - getan.) Aber wie gesagt - es sind nur wenige Kritikpunkte.
Stuttgart fand ich jetzt nicht entscheidend anders, und Berlin/Zürich war für mich wieder zu nah an Wien dran und hat viele der Ideen, die ich schon in Wien nicht mochte, zurückgebracht. Außerdem finde ich da (sowohl bei Stuttgart als auch bei der Tournee) unheimlich schade, dass man sich, wenn man schon die Gelegenheit zu einer Neuinszenierung hatte, dagegen entschieden hat, neue Szenen (insbesondere "Kein Kommen ohne Gehen") einzufügen, sondern im Prinzip nur das Althergebrachte wieder aufgewärmt hat. Und sicher: das Althergebrachte ist gut und funktioniert, aber nach 15 Jahren Laufzeit wären neue Impulse wohltuend gewesen.
Ungarn fand ich toll. Wobei ich das leider nur einmal gesehen habe und man es (als jemand, der der Sprache nicht mächtig ist) eigentlich mehrmals sehen müsste, weil man sich beim ersten Mal doch sehr von den Übertiteln ablenken lässt.
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