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Spatz und Engel (seit 05/2019)
Renaissance-Theater, Berlin

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Sie gehören zu den großen Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts: der “Blaue Engel” Marlene Dietrich und der kleine, aus den Pariser Gossen emporgestiegene “Spatz”, Edith Piaf. Regisseur Torsten Fischer setzt die Geschichte ihrer Freundschaft mitreißend in Szene. Stimmgewaltig und auf einem hohen schauspielerischen Niveau bringen Vasiliki Roussi und Anika Mauer die zwei starken Frauen auf die Bühne.

Die Handlung setzt im Jahr 1960 ein. Während Marlene Dietrich in Baden-Baden gefeiert wird, tritt Edith Piaf zeitgleich in Straßbourg auf. Angesprochen auf ihre Freundschaft zu dem französischen Ausnahmetalent, regiert Dietrich kühl und abwehrend: “Ich kenne Piaf nicht!” Vasiliki Roussis Stimme aus dem Off straft diese Aussage Lügen: “Vergiss nicht, ich werde dich immer lieben!”

Die riesengroße, senkrechte Spiegelwand im Hintergrund der Bühne setzt sich daraufhin eindrucksvoll in Bewegung. Sie neigt sich in einem solchen Winkel, dass das Publikum des Berliner Renaissance Theaters sich selbst darin erblickt. Eine Textanzeige oberhalb der Bühne verrät, dass wir uns nun im Jahr 1947 in New York befinden – dem Jahr, in dem Piaf ihr Debüt in den USA gab und die beiden Sängerinnen erstmals aufeinandertrafen.

Die zierliche Französin ist verzweifelt und frustriert. Noch liegt ihr das amerikanische Publikum nicht zu Füßen; ganz anders als der 14 Jahre älteren Marlene Dietrich, die bereits eine Hollywood-Ikone ist. Dietrich erkennt das unglaubliche Potential, das in der Chansonsängerin steckt, und so wird sie nicht nur zu Piafs Förderin, sondern auch zu einer engen Vertrauten und Freundin (“Wenn die beste Freundin”).

Regisseur Torsten Fischer gewährt tiefe Einblicke in diese Freundschaft, die von amoureusen Gefühlen geprägt war – zumindest wenn man dem Theaterstück von Thomas Kahry und Daniel Große Boymann Glauben schenken mag. Die beiden Frauen, die sich gegenseitig bewundern, bauen rasch eine enge Beziehung zueinander auf. Vasiliki Roussi und Anika Mauer bringen diese Intensität glaubhaft auf die Bühne.

Anika Mauer ist fantastisch als selbstbewusste, erhaben wirkende Hollywood-Ikone im obligatorischen Hosenanzug. Sie strahlt zugleich Würde, entschlossene Stärke und Zugänglichkeit – zumindest gegenüber Piaf – aus. Mit ihrer vollen, dunklen Stimme gelingt es Mauer, das Publikum in ihren Bann zu ziehen.

Gleichermaßen faszinierend ist Vasiliki Roussi als selbstzerstörerische Piaf. Mit weit aufgerissenen Augen, einem störrischen Blick und einer mitunter vulgären Sprache verkörpert sie die zu Exzessen neigende Französin, ohne dabei künstlich oder aufgesetzt zu wirken. Ihr Spiel ist authentisch. Roussi muss nicht dramatisieren – Pias Leben, Lieben und Leiden ist dramatisch genug. Ob sie lebte, liebte oder litt, alles tat sie exzessiv. Voller Liebesglück stürzt sie sich in eine Beziehung mit dem französischen Boxer Marcel Cerdan. Als er 1949 auf dem Weg zu ihr bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt, sucht sie Trost im Alkohol, später dann in Tabletten. Das Lied, das sie Marcel Cerdan zum Abschied singt, rührt bereits bei den ersten Takten zu Tränen. Roussis Gesang gleicht dem der echten Piaf und spiegelt deren Verzweiflung wider.

Überhaupt gelingt es Vasiliki Roussi im Laufe des Abends, die ganze Bandbreite von Piafs Stimmungsschwankungen wiederzugeben: Ihre Kratzbürstigkeit, ihre Anhänglichkeit, ihre Begeisterungsfähigkeit, aber auch ihre Labilität. Es ist erschreckend, dem Sturz und dem Zerfall des so talentierten “Spatzen” zusehen zu müssen. In dieser Situation befindet sich auch der “Engel”: Hilflos muss Marlene Dietrich mit ansehen, wie sich die Freundin selbst zerstört. Es kommt zum Bruch der Freundschaft (“Das Lied ist aus”).

Bevor sie 1963 im Alter von nur 47 Jahren verstarb, schenkte Edith Piaf der Nachwelt unvergessliche Songs wie “Milord” und “Non, je ne regrette rien”. Diese und weitere Klassiker der Piaf darf Roussi zelebrieren. Es ist ein Genuß! Zu den Höhepunkten der Inszenierung gehört die Interpretation von “La vie en rose” als zweisprachiges Duett mit Anika Mauer. Intensiv und eindringlich ist aber auch das Antikriegslied “Sag mir, wo die Blumen sind”, das von Anika Bauer – dieses Mal im Abendkleid – überzeugend vorgetragen wird.

Neben den beiden Sängerinnen glänzen Ralph Morgenstern und Guntbert Warns in verschiedenen Männerrollen. Sie bringen erheiternde Momente in die Handlung, die dennoch stets einen melancholischen Grundtenor hat. Unterstützt wird das Quartett von Harry Ermer, der am linken Bühnenrand am Flügel sitzt, und Eugen Schwabauer mit seinem Akkordeon.

Die Handlung kehrt nach ca. 2 Stunden wieder ins Jahr 1960 zurück. Es kommt zu einem Wiedersehen und einer Aussöhnung (“Non, je ne regrette rien”). Gut 30 Jahre später führt die inzwischen 90-jährige, vereinsamte Marlene Dietrich ein Zwiegespräch mit ihrer vor langer Zeit verstorbenen Freundin. Ihr Song “I Wish You Love” bildet den Abschluss dieses eindrucksvollen Theaterabends über zwei interessante und erfolgreiche Frauen, deren Wirken das 20. Jahrhundert geprägt hat.

 
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KREATIVTEAM
InszenierungTorsten Fischer
AusstattungHerbert Schäfer
Vasilis Triantafillopoulos
Musikalische LeitungHarry Ermer
 
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CAST (AKTUELL)
Marlene DietrichAnika Mauer
Edith PiafVasiliki Roussi
mitRalph Morgenstern
Guntbert Warns
 
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TERMINE
Fr, 13.09.2024 19:30Renaissance-Theater, Berlin
Sa, 14.09.2024 19:30Renaissance-Theater, Berlin
So, 15.09.2024 18:00Renaissance-Theater, Berlin
 
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 31.05.2019 20:00Renaissance-Theater, BerlinVoraufführung
Sa, 01.06.2019 20:00Renaissance-Theater, BerlinVoraufführung
So, 02.06.2019 18:00Renaissance-Theater, BerlinPremiere
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